Neunzehntes Kapitel (37. Gegenstand).

Eichung von Wagen und Maßen.

[157] Der Eichungsaufseher soll auf die Eichung bezügliche Fabriken einrichten lassen.1

Bohnen vom Acker (dhānyamāsha) oder 5 Guñjābeeren (Beeren des Abrus precatorius) sind eine Goldbohne (suvarṇamāsha). 16 Goldbohnen sind 1 Suvarṇa (etwa »Goldener«) oder 1 karsha (»Kritz?«).2 4 karsha enthält 1 pala (»Stroh«?). 88 weiße Senfkörner sind eine Silberbohne (rūpyamāsha). 16 davon3 oder 20 Çaibyakernchen (oder Çaibyabohnen) sind 1 dharaṇa. 20 Reiskörner sind gleich einem Diamanten-dharaṇa (vajradharaṇa).4

(Die Gewichte oder Gewichtsteine sind:) Ein halber māsha (Bohne), 1 māsha, 2, 4, 8 māsha; 1 suvarṇa (oder karsha), 2, 4, 8 suvarṇa; ferner: 10, 20, 30, 40, 100 (suvarṇa).

Die Gewichte sind gemacht: aus Eisen oder aus Stein vom Magadhaland oder aus MekhalasteinA1,5 oder doch von solcher Art, daß sie durch Wasser und Beschmierung nicht (an Schwere) zunehmen und durch Hitze nicht abnehmen.

Von 6 aṅgula Länge und 1 pala (dazu verwendeten) Metall anfangend und von da an um je 8 aṅgula Länge und 1 pala Metall zunehmend, soll er 10 (Arten von) Wagbalken machen lassen. An jede der zwei Seiten eine Vorrichtung zum Halten oder eine Wagschalenschlinge (çikya).6

[158] Er soll einen Samavṛittā-Wagbalken machen lassen aus 35 pala Metall und 72 aṅgula lang.7 An diesen soll er eine Wagschale (maṇḍala)8 von 5 pala Metall befestigen und ihn dann gleichmachen (d.h. die genaue Mitte ausfindig machen und bezeichnen) lassen. Dann soll er darauf bezeichnen lassen: von 1 karsha aufwärts (alle karsha bis zum pala), 1 pala, von 1 pala aufwärts, 10 pala, 12 pala, 15 pala, 20 pala.9 Dann soll er (alle Zehner) von 10 aufwärts bis 100 bezeichnen lassen. An allen Fünferstellen (also bei 5, 15, 20, 25 usw.) soll er das Segenszeichen (nāndī oder svastika) anbringen lassen.10

Er soll eine Wage (einen Wagbalken) aus zweimal soviel Metall und von 96 aṅgula Länge machen lassen, die parimāṇī (etwa »Messerin«). An ihr soll er, von dem Hundertzeichen anfangend, Zeichen für 20, 50, 100 anbringen lassen.11

1 bhāra (»Last« enthält bei dieser Wage) 20 tulā.12 1 pala (enthält bei dieser Wage) 10 dharaṇa.13 100 solcher pala sind eine āyamānī (»Einkommenmesserin«, wohl Einheit bei Berechnung des königlichen Einkommens, dann »Königswage«). Um je 5 pala nehmen die Gewichtsnormen (bhājanī) ab 1. für den gewöhnlichen Verkehr (vyavahārikī), 2. für die Dienerschaft (des Königs) und 3. für das Frauengemach.14

Bei ihnen nimmt das pala je um ein halbes dharaṇa ab, um je 2 pala das Metall des oberen Teiles (d.h. des Wagbalkens), um je 6 aṅgula die Länge.15

[159] Bei den zwei ersten (der samavṛittā und der parimāṇī) gibt es eine Dreingabe (prayāma, »Streckung«) von 5 pala,16 ausgenommen bei Fleisch, Metall, Salz, und Edelsteinen.

Die Wage für Holz17 ist 8 hasta (also 12 Fuß)A2 lang, versehen mit Gewichtszeichen und Gegengewichten (d.h. Gewichtsteinen) und auf einem Pfauengestell18 ruhend.

25 pala Holz kochen ein prastha Reis gar. Dies ist ein Fingerzeig für viel und wenig.A319

Ich habe nach dem natürlichen Sinn von mayūrapadādhishṭhita oder – ādhishṭhāna, wie Gaṇ. liest, übertragen. Stutzig aber macht eine Vergleichung von Bhaṭṭ.'s Erklärung und der Beschreibung des Gottesurteils mit der Wage in der Smṛiti, besonders bei N. I, 260ff. Der Wagbalken ist da 4 hasta lang und muß aus bestimmten Holzarten bestehen, von denen das Tindukaholz befremdet, da es nach Vishṇu LXI, 3 offenbar als magisch gefährlich gilt. Als Pfostenfüße werden zwei entastete Stämme (muṇḍaka), 21/2 hasta voneinander entfernt, eingegraben, 2 hasta in die Erde hinein, 4 hasta emporragend. Oben darüber müssen wir uns offenbar einen Verbindungsbalken denken, an dem der Wagbalken befestigt wird. Danach schiene es, als solle man unsere Kauṭilyastelle übersetzen: »an einem Pfauengestell angebracht« (wörtlich etwa: darauf beruhend, davon abhängig). Aber beim Gottesurteil handelt es sich offenbar um ein besonderes altertümliches Gerät, wie schon çilā »Gewichtstein« und die ganze urtümliche Art des Wägens zeigt.

Damit sind Wage und Gewichtssteine dargelegt.

Weiter:20 200 pala, nach dhānyamāsha oder »Feldbohnen« berechnet, geben, 1 droṇa in āyamāna (der Meßart des königlichen Einkommens), 1871/2 pala 1 droṇa nach der Norm des gewöhnlichen Verkehrs, 175 pala 1 droṇa nach dem Dienergewicht; 1621/2 pala nach der Haremsmaßordnung.

Diesen (4 Arten von droṇa) gegenüber nehmen āḍhaka, prastha und kuḍumba (oder kuḍuba) je um ein Viertel ab.21

[160] 16 droṇa sind 1 khārī. 1 kumbha enthält 20 droṇa. Durch 10 kumbha kommt 1 vaha zustande.22

Die Hohlmaße soll er aus trockenem, hartem Holz, ebenmäßig und mit einem Viertel als Häufung machen lassen, oder auch mit der Häufung innen drin.23

Bei Saft (von Zuckerrohr und Früchten), Likör, Blumen und Früchten, Kornhülsen und Holzkohlen und gelöschtem Kalk steigt die Mehrung (d.h. die Aufhäufung) zum Doppelten der Häufungsnorm hinauf.24

11/4 paṇa ist der Preis eines Droṇamaßes, 3/4 paṇa der eines solchen von 1 āḍhaka, 6 māsha der eines von 1 prastha, 1 māsha der eines Kuḍumbamaßes. [161] Doppelt so groß ist der Preis der Maße für Saft usw. 20 paṇa für die Gewichtsteine (zu einer Wage). Dreiviertel soviel ist der Preis einer Wage.25

Als Eichungsgebühr soll er 4 māsha ansetzen. Die Buße für nicht Geeichtes beträgt 271/4 paṇa. Sie (die Verkäufer) sollen Tag um Tag dem Aufseher über Maße und Gewichte eine kākaṇī für die Eichungsgebühr entrichten.26

Die »Vergütungsgebühr bei Erhitztem« (taptavyājī) beträgt 1/32 bei Schmelzbutter, 1/64 bei Sesamöl. 1/50 ist Meßabfluß bei Flüssigkeiten.27

Er soll Maße von 1, 1/2, 1/4 1/8 und kuḍumba machen lassen.

84 kuḍumba Schmelzbutter und 64 Sesamöl gelten als ein vāraka, und ein Viertel (des betreffenden vāraka) ist bei beiden eine ghaṭikā.28

Fußnoten

1 Potu, nach den ind. Lex. = mānabhāṇḍaçodhaka »Prüfer der Maß- und Wägegeräte« bestätigt meine Vermutung, daß pauṭava Eichung bedeute. Völlig richtig und besser deutsch hieße die Kapitelüberschrift also: »Maß- und Gewichtswesen«. Mithin soll der Eichungsaufseher oder der Aufseher über Maß und Gewicht in den Fabriken Maß- und Wägegeräte herstellen lassen.


2 Ein karsha nach Böhtlingk = 11,375 französische Gramm, nach Monier-Williams unter karsha = 280 grains troy, unter suvarṇa aber = 175 grains troy. Diese zweite Angabe stimmt mit dem P.W., denn so bekommen wir ein ganz kleines bißchen weniger als 11,375 Gramm, oder genau: 11,3398163200 Gramm.


3 Muß bedeuten: von den Silberbohnen, obwohl es sich grammatisch eher auf die Senfkörner bezöge.


4 Gaṇ. sagt, es sei ein mitttelmäßiges unenthülstes Reiskorn gemeint. All die genannten sind Gewichtseinheiten.


5 Kann sein: ein Stein vom Berge Mekhala oder einer vom Lande der Mekhala. Zum folgenden vgl. auch Kalāv. VIII, 5.


6 Dies wohl besser als meine ursprüngliche Auffassung: »An beiden Seiten der Vorrichtung eine Wagbalkenschlinge oder auch nur an einer.« Zwar fand ich diese bei Bhaṭṭ., Sham. und Gaṇ. wieder. Aber sie ist grammatisch und sachlich nicht so wahrscheinlich. Immerhin kommt wohl bei Kauṭ. in der hier vorausgesetzten Bedeutung »beliebig« vor (vgl. 120, 9, 14). Doch dann sollte nach ubhayatas stehen. Die zweite Wage hat also einen Wagbalken von 14 aṅgula Länge und wiegt 2 pala, die zehnte ist 78 aṅgula lang und 10 pala schwer, wie uns Bhaṭṭ. vorrechnet.A4


7 Samavṛittā, seil. tulā, könnte auch heißen: ein gleichmäßig runder Wagbalken, und möglicherweise kommt daher der Name dieser Wage. Oder soll man es fassen als: Wage des gleichmäßigen Verfahrens, also Normalwage?A5


8 Vielleicht aber ist mit maṇḍala nicht die runde Wagschale, sondern einfach ein Metallring oder eine Metallkugel gemeint, mit deren Hilfe man die Mitte des Wagbalkens feststellt. Darauf deutet wohl das Gerundium oder Absolutivum. Eine Metallwagschale befindet sich aber jedenfalls an beiden Enden. Diese heißt jedoch 90, 16–17 kakshya.


9 Es werden also Bezeichnungen (padāni) angebracht für 1 karsha, 2 karsha, 3 karsha, 1 pala, 2 pala usw. bis zu 10 pala hinauf, dann aber nur für 10 pala, 12 pala usw., nicht mehr für die geringeren Gewichtsbestimmungen. Kārayet ergibt sich mühelos aus Sham.'s verstümmeltem Text. Padāni ist kaum nötig. Aber 104, 2–3 steht es, und so werden B und Gaṇ. recht haben, es auch hier zu setzen.


10 Gaṇ. hat naddhrīpinaddham. Dann: »soll er ein Riemchen (Lederstreifchen) draufbinden lassen«. Da kommt pinaddha besser zu seinem Recht. Dies Streifchen bezeichnet also die Fünferstellen.A6


11 Das wäre also eine weniger feine Wage.


12 »Eine tulā ist = 100 pala« (Bhaṭṭ.). Danach wäre 1 tulā = 4 Kilo 550 Gramm. Die »Last« betrüge da 91 Kilo.


13 Sham. sagt, nach dem Komm. sei dieses pala um ein karsha größer als das gewöhnliche. Gan. aber bietet keine solche Bemerkung. Hat Sham. Recht, dann bekämen wir anscheinend sogar: 1 tulā = 5 Kilo 6871/2 Gramm, 1 »Last« = 113 Kilo 74 Gramm. Aber auch dann wären jene 5 karsha wohl schließlich gleich 4 sonstigen. Vgl. Anm. 9.


14 Ist vielleicht die zweite dieser Wägenormen oder Wagen, weil sie einfach bhājanī (»Teilerin, Zuteilerin«) heißt, die ursprüngliche? Wunderlicher wäre das gewiß nicht als das ganze verzwickte, in seiner Verzwicktheit freilich nicht beispiellose System von Wägearten, die wohl schließlich alle darauf hinauslaufen, dem König Gewinn zu schaffen.


15 Also, wie uns Bhaṭṭ. auseinandersetzt:


10 dharaṇa =1 pala bei āyamānī-Gewicht

(Einkommengewicht),

91/2 dharaṇa =1 pala, bei vyavahārika-

oder Verkehrsgewicht,

9 dharaṇa =1 pala bei bhājanī

oder Dienergewicht,

81/2 dharaṇa = 1 pala bei antaḥpurabhājinī

oder Haremsnorm.


Das dharaṇa der Verkehrsnorm ist mithin um 1/20 größer als das des »Einkommengewichts«, das dharaṇa des Dienergewichts um 2/20, das der Haremswage um 3/20. Auf 100 pala ergibt das also bei der Wage des gewöhnlichen Lebens 5 pala, bei der zweiten Wage 10 pala, bei der dritten 15. Somit gleichen sich die Unterschiede aus. Das Dargewogene ist in Wirklichkeit immer gleich (gerade wie bei den verschiedenen Systemen der Philosophie). Erreicht wird so der höchste Triumph indischen Geistes: eine verzwickte Systematik. Ferner:


Die āyamānīist 72 aṅgula lang

und wiegt 53 pala.

Die vyavahārikīist 66 aṅgula lang

und wiegt 51 pala.

Die bhājanīist 60 aṅgula lang

und wiegt 49 pala.

Die antaḥpurabhājinīist 54 aṅgula lang

und wiegt 47 pala.


16 Man sollte erwarten und der Text könnte auch besagen, die Dreingabe betrage 5 pala beim gewöhnlichen Verkehrsgewicht und weitere 5 pala, also 10, beim Königsgewicht (oder doch auch hier 5 pala). Die Erläuterung im Text meiner Übersetzung kommt von Bhaṭṭ.


17 Wörtlich: »Holzwage«, was ebenso zweideutig ist wie das Deutsche. Aber das Folgende beweist, daß eine Wage für Holz gemeint ist, nicht eine aus Holz, wie die Inder meinen.


18 Wie Bhaṭṭ. erklärt, besteht dies aus zwei Pfosten mit einem verbindenden Balken obendrauf.


19 D.h. wohl nicht nur für geringere und größere Mengen des zu Kochenden, sondern auch: »Das ist ein Anhaltspunkt, Verschwendung oder Sparen festzustellen.«


20 Jetzt folgen die Hohlmaße.


21 D.h.1/4 droṇa= āḍhaka,

1/4 āḍhaka=1 prastha,

1/4 prastha=1 kuḍumba,

Oder:4 kuḍumba=1 prastha,

4 prastha=1 āḍhaka,

4 āḍhaka=1 droṇa.


Auf ein droṇa des königlichen Einkommens gingen nach dem, was wir eben gehört haben, 128000 der in Indien gewöhnlichsten Bohnen, d.h. der Frucht des Phaseolus radiatus. (Sie ist schmutzig schwarzbraun, wie es MBh. VII, 23, 52 heißt, malinaçyāma. Vgl. PW). Ein droṇa nach dem Verkehrsmaß enthält nur 120000 solcher Bohnen. Ein droṇa oder »Eimer« ist nach der Angabe von Monier-Williams (unter khārī) etwa = 6 quarts (1 quart = 1,1358955 Liter). Also kaufe sich, wer da kann, Bohnen des Phaseolus radiatus und zähle nach, ob es stimmt.


22 D.h. wohl ein Fuder. Die khārī beträgt nach Monier-Williams etwa 3 bushels (vgl. PW bes. unter droṇa, um die bösen Druckfehler von Mon.-Will. richtig zu stellen); das droṇa 6 quarts. Nach beiden Einheiten bekämen wir so 371/2 bushels für den vaha oder über 2000 englische Pfund bei den schwereren Feldfrüchten, ein sehr ansehnliches Fuder für altindische Verhältnisse, möglicherweise aber ein Hinweis darauf, daß die Straßen verhältnismäßig in sehr gutem Zustand gewesen sind. Droṇa bedeutet sonst »Trog, Eimer«, kumbha »Krug«; hier ließe sich kumbha etwa mit »Kufe« wiedergeben. Das droṇa ist auch ein Feldmaß: »soviel Land, als zur Aussaat eines droṇa Getreides erforderlich ist« (PW). Vgl. damit unser deutsches ein »Scheffel Land« und ein »Krug Land« und dieses »Krug« auch mit kumbha.


23 D.h. die Maße müssen so hoch aufgehäuft werden, daß ein Viertel des ganzen gemessenen Kubikinhalts als çikhā »Spitze« oder Aufhäufung emporragt. Das ist nun in Wirklichkeit, wenigstens bei Körnerfrüchten, unmöglich, es sei denn man mache die Maßgefäße sehr niedrig und weit. Der amerikanische bushel Weizen z.B. enthält, wenn er glattgestrichen ist, 2140,42 Kubikzoll, aufgehäuft aber, und das gewiß mit allerpeinlichster Sorgfalt, 2747,71 Kubikzoll (Smith's Applied Arithmetic, Chicago-New York 1917–1918, Appendix p. 305. So nach freundlicher Mitteilung meiner früheren Schülerin Martha Merz in Chicago). Stimmt das, so ginge es doch. Aber man möchte ansetzen: 4 Viertel ins Meßgefäß, ein 5 Viertel oben drauf als Häufung. Wir haben aber wahrscheinlich wieder eine kniffliche Theorie, die freilich auf primitive Verhältnisse zurückgehen mag. Das Wichtige steckt wahrscheinlich in dem »oder auch«, das wohl eher ein »und zwar« sein sollte. D.h. es mußte das Maßwerkzeug so groß gemacht werden, daß es dieses »Überviertel« noch mit enthielt, wenn man es genau bis zum Rande füllte. Bei Getreide wurde dann glattgestrichen, wenn ich nicht irre. Flüssigkeiten muß man selbstverständlich dem Rande gleich machen. Für diese ist also notgedrungenerweise das Häufungsviertel immer »innen drin«A7. Bhaṭṭ., Sham. und Gaṇ. fassen nun rasasya tu als ein besonderes, zum Vorigen gehörendes Sätzchen. Da wäre ausdrücklich gesagt: »Dies aber immer bei Flüssigkeiten«. Darauf komme ich zurück.


24 Çikhāvṛiddhi ist, also wohl »Häufungszins«, wucherischer Zins, nicht wie Bṛihasp. XI, 7–8 angibt, »interest growing like a lock of hair«. Auch Gaṇ. liest çikhāmānaṃ dviguṇottarā.A8 Die zunächst auftauchende, ursprünglich auch von mir gemachte Übersetzung lautet da: »Bei Saft, Likör ... Kalk ist das Häufungsmaß eine Zugabe (eine ›Mehrung‹), die zum Doppelten (der gewöhnlichen ›Häufung‹) hinaufsteigt«, also doppelt soviel. Aber warum dann nicht einfach dviguṇottaram ohne das völlig entbehrliche vṛiddhi? Etwas erträglicher wird der Ausdruck, wenn man çikhāmāna (vgl. droṇam āyamānam usw. 104, 16 ff.) als Häufungsnorm faßt und den anusvāra tilgt. Danach habe ich übersetzt. Die Sache selber bleibt die gleiche. Es gehen da, wie Bhaṭṭ. ausdrücklich erklärt, statt 4 kuḍumba deren 5 auf einen prastha. Verwerfen muß ich die schon erwähnte Abtrennung von rasasya tu zu einem Sätzchen, wobei nur sechs Sachen herauskämen und »Saft« wegfiele. Rasa bedeutet bei Kauṭ. meistens Saft, besonders Zuckerrohrsaft. Flüssigkeit heißt bei ihm eher drava, wie schon auf derselben Seite (105, 18) zu lesen steht; freilich auch rasa. Rasādīnām 105, 11 wäre sinnlos, wenn rasa Flüssigkeit und nicht »Saft« bedeutete. Dviguṇottara hieße übrigens eher: »um je das Doppelte aufsteigend (zunehmend)«, d.h. bei Saft doppelt so groß, bei Likör vierfach so groß, bei Blumen sechsmal so groß und so fort. Vgl. z.B. 108, 10. Aber wo kämen wir da hin!


25 Sham, nimmt tribhāga als ein Drittel, übersetzt also 62/3 pana. Noch weit billiger waren die Wagen nach der Auslegung Bhaṭṭasvāmins, der ebenfalls 1/3 ansetzt, aber von einem paṇa. Freilich sagt er, nur die zuerst beschriebene und billigste Art Wage habe soviel gekostet, die zehnte 11/3 paṇa. Auch 3/4 paṇa wäre möglich. Freilich hätte in diesen zwei letzten Fällen die Deutlichkeit eigentlich ein paṇatribhāgaḥ erfordert.


26 Wörtlich »Die Eichungsgebühr sollen sie als eine kākiṇī betragend Tag um Tag bezahlen«, also in Raten von einer k. den Tag. Māsha und kākiṇī, die wir als Gewichtseinheiten haben kennen lernen, sind beides auch kleine Geldeinheiten oder Münzen. Für die kākiṇī wird 1/4 māsha als Gleichwert angegeben. Beim Gewicht des Goldschmieds stimmte das. Hier mag kākiṇī Kaurimuschel sein, und dafür spricht auch der Gebrauch der kākiṇī als Würfel bei Kauṭ. (Buch III, Kap. 20). 80 kaparda oder Kaurimuscheln gehen auf 1 paṇa nach der gewöhnlichen Angabe, ebenso 20 māsha. Oder nach der Gewichtsrechnung: 1 suvarṇa (paṇa) = 16 māsha; 1 māsha = 4 kākiṇī. Nach beiden Rechnungen hätten sie also in 16 Tagen ihre Eichungsgebühr abgetragen gehabt. Ist dann schon wieder geeicht worden? Nicht unmöglich; denn die Beamten müssen was zu tun haben, und der Staatssäckel braucht Geld. Nach Manu VIII, 403 wurden aller sechs Monate die Wagen geprüft. Gaṇ. nun liest caturmāsikam statt caturmāshikam: »Aller vier Monate soll er die Eichung vornehmen lassen.« Nach ihm hätten sie also 120 kākiṇī zu zahlen. Die Ausdrücke pratividdha und prātivedhanika scheinen zu zeigen, daß zur Eichungsbeglaubigung irgend etwas durchlocht wurde. Oder nur »dagegengedrückt«, gestempelt? Vgl. S. 137, Anm. Zeile 39.A9


27 Diese Vergütung hätten natürlich die Käufer erhalten sollen. So versteht es auch Sham. Aber wie ich schon dargelegt habe, bekam wohl der König auch diese wie andere vyājī. Ebenso habe ich schon auseinandergesetzt, daß die »Vergütung bei Erhitztem« an gesetzt wird, weil der Käufer soviel von diesen Fetten bekommen sollte, als von der erhitzten Flüssigkeit durch das betreffende Hohlmaß abgemessen wird, während sie doch in bedeutend festerem Zustand zum Verkauf gelangt, also etwas am Meßgefäß hangen bleibt.


28 Vāraka, wörtlich: »Abhalter, Drinhalter«? Ghaṭlkā = Krug, Krüglein. Hier noch eine kleine Tabelle der Hohlmaße mit den englischen Entsprechungen.


1 droṇa=etwa 6 quarts

1 āḍhaka=etwa 11/2 quarts.

1 prastha=etwa 3/8 quart

1 kumbha=3 bushels und 12 quarts

1 vāraka=etwa 8 quarts

1 ghaṭikā=etwa 2 quarts.


A1 Lies Mekala. Ebenso in der Anm.


A2 Lies: »also 14 Fuß«. Der hasta bei Wagen ist ja 28 aṅgula lang. Doch vgl. die Zusatzanm. zu 158. 41.


A3 Mithin braucht es 1137,5 Gramm Holz, einen prastha Reis, d.h. etwa 3/8 quart oder eine Mahlzeit für einen Mann zu kochen. Muß ein einzelner prastha zubereitet werden, dann wird das auch mit sehr trockenem Holz schwer halten. Wie die Weiber wissen, wann der Reis genug gekocht ist, berichtet Paramatthadīp. 67.


A4 Übrigens wäre es wichtig zu erfahren, aus welchem Metall (loha) denn Kauṭ.'s Wagen gemacht sind. Man stelle sich z.B. die letztgenannte vor. Sechs Fuß und vier Zoll, also beinahe zwei Meter ist sie lang und wiegt nur einen Schatten mehr als ein englisch-amerikanisches Pfund, also weniger als ein gewöhnliches europäisches. Ja, vielleicht sind die Wagbalken noch etwas länger; denn bei Wagen hat der hasta 28 aṅgula statt der gewöhnlichen 24. Oder ist da der aṅgula entsprechend kleiner, so daß 28 aṅgula der Wage = 24 gewöhnlichen aṅgula sind? Mit solch einem dünnen, natürlich mit dem dünnen Rücken nach oben schauenden Wagbalken kann man auf jeden Fall nur leichte Sachen wägen.


A5 Kārayeta caturhastāṃ samāṃ lakshaṇalakshitām \ tulāṃ kāshṭhamayāṃ rājā çikyaprāntāvalambinīm. Jolly, Quotation from N. VI, 24. Da heißt sama ebenmäßig und glatt.


A6 Nāndī = svastika haben wir wohl auch in Vish. LXIII, 29, wo eine Menge Dinge aufgezählt wird, die der Hausvater anschauen soll, ehe er auf eine Reise geht. Darunter auch nāndyāvarta. Nandap. versteht nun zunächst die Stelle dahin, daß der Mann auf seiner Reise all die genannten Personen und Sachen nach rechts umwandeln oder rechts liegen lassen solle. Das wäre bei den meisten unmöglich. Sodann sagt der Text einfach: »Nachdem er diese angeschaut hat, breche er auf.« Nandap. sieht nun in nāndyāvarta »eine Art Königspalast«. Āvarta wird aber Haarwirbel bedeuten. Solche am Leib des Menschen spenden Glück, und an Pferden sind sie als segenbringend schon aus dem Nalalied bekannt. Siehe auch Çiçup. V, 4 und Mall. dazu, sowie die langen Ausführungen in Çukran. IV, 7, 154ff. Kein Wunder da, daß Çiva auch Çatāvarta heißt: »der mit den hundert Haarwirbeln« (MBh. XII, 284, 77). Freilich könnte nāndyāvarta (nandyāvarta) auch die so benamste Figur oder ein Gegenstand von dieser Gestalt sein. Siehe MBh. VII, 82, 20. vgl. auch die svastika-Tempel (prāsāda!) in Çukran. IV, 4, 143.


A7 Hinter »innen drin« füge ein: Ob aber nur für diese? Die Hauptsache ist doch wohl einfach und nach dem natürlichen Verständnis des Sanskritausdrucks so: Ein prastha-Maß, das ja vier kuḍumba halten soll, wird von aller Anfang so gemacht, daß nur drei kuḍumba hineingehen, wenn man das Meßgerät ebenmäßig mit dem Borde voll macht. Das vierte kuḍumba muß oben darauf getürmt werden. Besonders bei Körnerfrüchten ergibt sich damit eine große Ungenauigkeit, denn bestimmte Arten kann man bedeutend höher aufhäufen als andere. Vergleichen wir bei uns z.B. Weizen und Hafer. Wurden nun auch für diese Meßgefäße »mit der Häufung innen« darin gebraucht und dann glatt gestrichen, wie ich angenommen habe? Aus Kauṭ. können wir kein Licht bekommen. Schließen aber dürfen wir wohl folgendermaßen: Blumen, Obst, Getreidehülsen, Kohlen und Kalk gestatten eine besonders hohe Aufhäufung. Da lacht dem Inder das Herz und er tut nun flugs doppelt so viel wie sonst oben darauf. Wird er da seine ja auch auf geistigem Gebiet so ungezügelte Auftürmungslust bezwingen und z.B. bei Getreide glatt abstreichen können? Kaum. Warum aber dann auch bei Flüssigkeiten, die sich doch überhaupt zu keiner Aufhäufung hergeben, sogar die doppelte? Vieles Unbegreifliche gibt es auf Erden, das Unbegreiflichste ist der Mensch.


A8 Wegen der çikhāvṛiddhi vgl. auch G. XII, 35 und Bühlers Anmerkungen dazu (SBE. II, S. 240). Kātyāyanas und Haradattas Erklärungen scheinen mir ebenfalls besser zu »Aufhäufungszins« zu stimmen. Gemeint ist mit dem »Auftürmungszins« wohl der aufs Kapital geschlagene Zins, den auch Kauṭ. als ungesetzlich ansieht (174, 10f.; Übers. 275, 6ff.).


A9 Kommt dann daher das dunkle nīhāra in Vas. XIX, 14 und ist dies = nirhāra »Herausnahme«, dann »Eichung« und endlich »Abgabe an den Eichmeister«? Auf jeden Fall scheint die amtliche Beglaubigung durch punching in Altindien sehr gewöhnlich gewesen zu sein, da sie ja bei den ältesten einheimischen Münzen geschah und diese deshalb »punch-marked« heißen. S. Rapson, Indian Coins §§ 5, 46, 129. Aber auch da haben wir keine Durchlochung, sondern eine Eindrückung, den Abdruck eines dhvaja oder Wahrzeichens der hohen Familie oder der Macht.

Quelle:
Das altindische Buch vom Welt- und Staatsleben. Das Arthaçāstra des Kauṭilya. Leipzig 1926, S. 157-162.
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