Siebzehntes Kapitel (35. Gegenstand).

Der Aufseher der Walderzeugnisse.

[150] Der Aufseher über die Walderzeugnisse (kupyādhaksha) soll durch die Hüter des Nutzwaldes die Walderzeugnisse herbeischaffen lassen. Und Verarbeitungsstätten für den Nutzwald soll er in Gang setzen. Und für die Nutzwaldfäller soll er das ihnen Anzugebende und die Strafen festsetzen, wobei aber Notfälle eine Ausnahme machen.1

Nun die verschiedenen Arten von Walderzeugnissen (kupya): Çāka (Teakholz), tinisa (Dalbergia Ougeinensis), dhanvana (Grewia elastica, auch MBh. III, 110, 13; XII, 155, 16), arjuna (Terminalia Arjuna), madhūka (Bassia latifolia), tilaka (Clerodendrum plumoides und andere Bäume), çāla (Vatica robusta), çiṃçupa (Dalbergia sisoo), arimeda (Art Acacia catechu), rājādana (Königsspeise; nach Sham. und Gaṇ. Mimusops Kauki, angegeben werden auch: Buchanania latifolia und Butea frondosa), çirīsha (Acacia sirissa), khadira (Acacia catechu), sarala (Pinus longifolia), tāla (Fächerpalme), sarja (Vatica robusta; Shorea robusta), açvakarṇa (»Pferdeohr«, so wegen der Gestalt der Blätter, eine Art Vatica robusta), somavalka (»Mondrinde«, Name verschiedener Bäume: Acacia arabica, Art Pongamia glabra usw.; nach Sham. und Gaṇ. [150] weiße Acacia catechu), kaçāmra (»Peitschenmango«), priyaka,2 dhava (Grislea tomentosa) usw. sind die Hartholzarten.

Utaja, cimiya, cāpaveṇu (»Bogenohr«), vaṃça (Bambus), sātina, kaṇṭakabhallūka (»Stachelbär«) usw. sind Rohrarten.3

Vetra (Rohr, gewöhnlich Calamus rotang), çokavallī (»Kummerranke«, nach dem Komm. auch die »verletzende Ranke« genannt), vāçī (»Spitzmesser«, = vāsā, vāçā Gendarussa vulgaris?), çyāmalatā (»Schwarzranke«, Echites frutescens; nach Sham. = Ichnocarpus, nach Gaṇ. »dem« Ricinus commnuis ähnlich), nāgalatā (»Schlangenranke«, Betelpflanze, Piper betle) usw. sind Schlingpflanzenarten.

Mālatī (Jasminum grandiflorum), mūrvā,4 arka (Calotropis gigantea), çaṇa (Hanf), gavedhuka (Coix barbata)5 atasī (Lein) usw. sind die Faserpflanzenarten.

Muñja, (Schilfgras, Saccharum munja Roxb.), balvaja (die grobe Grasart Eleusine indica Gaertn.) usw. sind Zeug für Stricke.

Von dem tālī-Baum (Corypha taliera), der Fächerpalme und der Birke kommen Schreibblätter.A1

Vom kimçuka (Butea frondosa), kusumbha (Safflorpflanze, Carthamus tinctorius) und kuṅkuma (Saffranpflanze, Crocus sativa) kommen (farbstoffliefernde) Blüten.

Knollen, Wurzeln, Früchte usw. bilden die Gruppe der Pflanzennahrungsmittel (die vom Walde kommen).6

[151] Kālakūṭa, vatsanābha (»Kindernabel«, Aconitum), halāhala,7 meshaçriṅga (Bockshorn),8 mustā,9 kushṭha,10 mahāvisha,11 vellitaka (»Krümmchen«, nach dem Komm. eine schwarzrote Knollenwurzel), gaurārdra,12 bālaka (»Kleinchen«),13 mārkaṭa,14 haimavata (Giftkraut vom Himālaya), kāliṅga (Giftkraut vom Kalingaland), dāradaka (Gift vom Lande Darada), aṅkolasāra (»Quintessenz des aṅkola« oder Alangium hexapetalum), kroshṭṛika (»Schakalchen«)15 usw. sind Gifte; ebenso Schlangen und Insekten; diese wenn sie in Töpfe getan worden sind.16 Das die Giftarten.

Von godhā (einer großen Eidechsenart), seraka,17 Panther, Delphinus gangeticus, Löwe, Tiger, Elefant, Büffel, Yak, Sṛimara,18 Rhinozeros, Bos gavaeus (gomṛiga) und Gayal (gavaya) kommen Felle, Knochen, Galle, Sehnen, Bein, Zähne, Horn, Huf und Schwanz (als nützliche, dem Wald entstammende Dinge in Betracht), oder auch von anderen: von Rotwild, Vögeln und Raubtieren.

Eisen, Kupfer, Stahl, Messing, Blei, Zinn, vaikṛinta und Erz sind unedle Metalle.

Gefäße (bhāṇḍa) sind aus Flechtwerk (vidala) und Ton.

[152] (Dazu kommen von Walddingen): Holzkohle, Samenhülsen und Asche, Gehege für Nutzwild, Vögel und Raubtiere, sowie Gehege für Feuerholz und Heu.19

Außerhalb und innerhalb (des Waldes) sollen vom Aufseher der Walderzeugnisse Verarbeitungstätten, wohlverteilt, mit allen möglichen Arten Zeug,20 zur Sicherung des Lebensunterhaltes und der Burgen angelegt werden.

Fußnoten

1 Deya hieße zunächst, wie z.B. eben 99, 7, Abgabe. Klar wäre auch da, daß die Holzfäller in Notfällen ungestraft Holz nehmen dürfen, ohne daß es ihnen besonders erlaubt ist. Gaṇ. führt, allem Anscheine nach auf Grund von Bhaṭṭasvāmins Erklärung, als Beispiel an: »Wenn eine Wagenachse bricht, dürfen sie zum Ersatz ohne weiteres Holz nehmen«. Zweitens hieße es dann: gehts ihnen schlimm, so brauchen sie keine Steuer zu entrichten. Aber statt einer logisch straffen Ausdrucksweise hätten wir da eine sehr schlotterige. Gaṇ. meint, deya sei der Lohn, der ihnen ausgezahlt werden muß. Da fährt die Logik noch schlimmer. Also wird deya das ihnen Zuzuweisende, die Bäume, die sie fällen sollen usw., mithin ihre ins Einzelne genau bestimmte Aufgabe sein. Aus eigener Machtvollkommenheit dürfen sie nichts tun, keinen Strauch umhacken usw. Sonst setzt es Strafen.


2 Priyaka wird vom Komm. Rām. IV, 30, 34 mit asanavṛiksha Terminalia tomentosa erklärt. Dort heißt es: »Waldstrecken, welche leuchteten von großen Priyakabäumen, die herzerfreuenden Duft entsandten, deren Astspitzen von der Fülle der Blüten gebogen waren, die goldgelb schimmerten und die die Augen erfreuten«. Gaṇ. erklärt = gaurasarja. Nach ihm ist kaçāmra 1. kaça = nakulavṛikshabheda (also eine Art Salmalia malabarica?) und 2. āmra (Mango).


3 Beschreibungen dieser verschiedenen Rohrarten nach Bhaṭṭ. finden sich in Sham.'s Übersetzung. Die Lesarten sind nicht durchweg gleich, und Bhaṭṭ. trennt die zwei von mir zusammengelesenen Bezeichnungen in je zwei verschiedene Wörter. Nach Bhaṭṭ. und Gaṇ. wäre kaṇṭaka (»der Stachliche«) eine Art Rohr und bhallūka (»Bär«) eine andere. Diese soll »lang, dick und ohne Dornen« sein. Cāpa wäre nach dem Komm. sehr hart und mit kleiner Höhlung versehen, veṇu dornenlos.


4 Auch Gaṇ. hat (wie Bhaṭṭ.) mūrvā, d.h. Sanseviera Roxburghiana, woraus Bogensehnen und die Gürtel der Kshattriya gemacht werden. Aber auch er liest weiter oben çikavallī, ohne eine nähere Auskunft über sie zu geben.


5 Gaṇ. liest gavethuka und sagt, dies sei = nāgabalā (Uraria lagopodioides oder Sida spinosa). Es wird aber Sīda retusa sein, »eine krautartige ostindische Pflanze, deren Bastfasern zu Seilen, Stricken, Gespinsten dienen«. Statt Coix barbata wäre also wohl Sida retusa richtig.


6 Aushadha kann hier kaum Heilmittel bedeuten. Wörtlich heißt es ja »von Kräutern oder Pflanzen kommend«. Vgl. MBh. XII, 263, 8 wo das n. plur. von Körnern gebraucht wird, die geopfert werden.


7 Kālakūṭa und halāhala sind zwei Gifte, die in der ind. Lit. ständig als furchtbar verderblich bezeichnet werden. Angaben über sie und andere hier genannte Gifte, geschöpft aus Bhaṭṭ., findet man in Sham.'s Übersetzung. Wieviel sie taugen, weiß ich nicht.


8 Dies giftige »Bockshorn« (meshaçriṅga) ist verschieden von dem anderen (der meshaçringī »der bockshornigen Pflanze«). Für diese zweite Pflanze geben die Wörterbücher die Bedeutung Odina pennata und Gymnema silvestre, und sie wird zur Herstellung bestimmter Getränke gebraucht (94, 16; 120, 13; 121, 6), jedenfalls um ihnen einen pikanten Geschmack zu geben.


9 Mustā erscheint auch 410, 8 als giftig. In Rauschtrank kommt sie nach 121, 3. Sonst ist es das Gras Cyperus rotundus. Weil der wilde Eber wohl dieses so gern frißt (Raghuv. IX, 59), heißt er mustāda.


10 Costus speciosus oder arabicus gilt auch im Kauṭ. als schwindsuchtheilend (423, 18), daneben aber als giftig (410, 1 f.).


11 »Das große Gift« oder: »sehr giftig«. Nach Bhaṭṭ. fleischfarbig und wie die Warze einer Frauenbrust.


12 »Gelbnaß«? Bhaṭṭ.: »aus einer Knolle gewonnen und schwarz«.


13 »Wie langer Pfeffer.«


14 »Affenkraut«? Nach Bhaṭṭ. »wie ein Affenpenis gestaltet«. Ebenso sagt er von ushṭraka, es sei wie ein Kamelpenis.


15 Oder krosḥtrikā. Eine Pflanze kroshṭrī »Schakalweibchen«, als eine Art Convulvulus oder als gleichbedeutend mit lāṅgalī, erscheint auch bei ind. Lex. Lāngalī, hat Kauṭ. 410, 10 als Giftpflanze. Nach Bhaṭṭ. und Gaṇ. hätten wir ushṭraka »Kamelchen«.A2


16 Wohl: ob nun lebendig oder tot. Giftschlangen und Giftinsekten werden ja im Kauṭ. als hinterlistige Mittel erwähnt, den Feind, vor allem den feindlichen Fürsten abzumurksen. Wie man diese Tiere zu Gift- und Zaubermitteln zermachte oder sonst verwendete, werden wir im 14. Buch des Arthaçāstra hören.A3


17 Seraka kenne ich nicht. Ist vielleicht sīraka eine Art Delphinus gangeticus zu lesen? Doch auch Gaṇ. hat seraka und erklärt, es sei eine »weißhäutige godhā-Art«.


18 Nach Bhaṭṭ. dasselbe wie çarabha ein gewaltiges, fabelhaftes Tier. Vgl. aber Vas. XIV, 43; Charpentier ZDMG. 73, S. 134 f. Nach unserer von Ch. nicht beachteten Stelle ist es wohl ein Pelztier, wie der σίμωρ der Parther.


19 Die kāshṭhatṛiṇavāṭās erklärt Bhaṭṭ. durch samūha, eine Bestätigung meiner Übersetzung mit »Stapelplätze für diese Dinge« (60, 17).


20 Ob bhāṇḍa Handwerkszeug oder dort erzeugte Ware bedeutet, ist nicht klar.


A1 Über diese und andere Schreibmaterialien in Altindien siehe Burnell, South Indian Palaeography S. 10, 84ff.; Bühler, Ind. Paläographie (im Grundriß) S. 88–91.


A2 Haimavata wird von N. I, 322 als Gift für das Giftordal genannt, ebenso çārṅga; dieses auch von Y. II, 111. Çārṅga könnte gleich Kauṭ.'s Gift vom meshaçṛiṅga sein und gleich diesem die Giftpflanze çṛiṅga der ind. Lex. Übrigens wird sich kaum entscheiden lassen, ob bei N. haimavata nicht Adj. zu çārṅga sein soll.


A3 Töpfe mit giftigen Schlangen sind Teile der Kriegsausrüstung und werden auf den Wagen (ratha) mitgeführt. MBh. V, 155, 5.

Quelle:
Das altindische Buch vom Welt- und Staatsleben. Das Arthaçāstra des Kauṭilya. Leipzig 1926, S. 150-153.
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