22. Unklugheit

[176] Fan Tschï fragte den Meister Kung und sprach: »Bau Kiën26 diente beim Fürsten von Tsi. Er ließ sich in seiner Führung der Regierungsgeschäfte nichts zuschulden kommen, so daß man ihn als treu bezeichnen kann. Und doch ließ der Fürst ihm die Füße abhacken. War das nicht der Gipfel finsterer Bosheit?«

Meister Kung sprach: »In alten Zeiten hielten es die Ritter also, daß, wenn ein Staat in Ordnung (Tao) war, sie treu waren bis aufs äußerste, um ihm zu helfen. Wenn im Staat Unordnung herrschte, so zogen sie sich zurück, um üblen Folgen zu entgehen. Bau Kiën dagegen hat seine Besoldung von einem verkommenen und sittenlosen Fürsten angenommen und, da er seines Herren Umnachtung nicht zu berechnen verstand, sich diese schwere Strafe zugezogen. Er war noch nicht einmal so klug wie eine Sonnenblume, denn eine Sonnenblume versteht es, ihren Fuß zu schützen27

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Urenkel des Bau Schu Ya. In seiner Zeit herrschten unter dem Herzog Ling von Tsi sittenlose Verhältnisse. Bei dem Versuche einzuschreiten, zog er sich den Haß der Herzogin zu, deren Verleumdungen er zum Opfer fiel.

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Nach chinesischer Vorstellung dreht die Sonnenblume ihren Kopf nach der Sonne, damit ihr Fuß Schatten hat.

Quelle:
KKungfutse: Gia Yü, Schulgespräche. Düsseldorf/Köln 1961, S. 176.
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