2. Kapitel
Die Tonarten / Yin Lü

[69] Huang Dschung erzeugt Lin Dschung, Lin Dschung erzeugt Tai Tsu, Tai Tsu erzeugt Nan Lü. Nan Lü erzeugt Gu Siän. Gu Siän erzeugt Ying Dschung. Ying Dschung erzeugt Sui Bin. Sui Bin erzeugt Da Lü. Da Lü erzeugt J Dso. J Dso erzeugt Gia Dschung. Gia Dschung erzeugt Wu J. Wu J erzeugt Dschung Lü.

Wenn man die drei Drittel der Röhren der erzeugenden Tonart um ein Drittel verlängert, so ist die Tonart nach oben hin erzeugt. Wenn man die drei Drittel der Röhren der erzeugenden Tonart[69] um eine verringert, so ist die Tonart nach unten hin erzeugt. Die Tonarten Huang Dschung (f) Da Lü (fis) Tai Tsu (g) Gia Dschung (gis) Gu Siän (a) Dschung Lü (ais) Sui Bing (h) sind obere. Die Tonarten Lin Dschung (c) J Dso (cis) Nan Lü (d) Wu J (dis) Ying Dschung (e) sind untere18.

Zur Zeit der großen Heiligen, als höchste Vernunft auf Erden herrschte, war der Atem von Himmel und Erde in Einklang und erzeugte die Winde. Immer wenn die Sonne an einen bestimmten Punkt kam, so gab der Mond dem Wind einen Klang und auf diese Weise wurden die zwölf Tonarten erzeugt. Im mittleren Wintermond ist der Tag am kürzesten, dadurch wurde Huang Dschung erzeugt. Der letzte Wintermond erzeugte Da Lü, der erste Frühlingsmond erzeugte Tai Tsu, der mittlere Frühlingsmond erzeugte Gia Dschung, der letzte Frühlingsmond erzeugte Gu Siän, der erste Sommermond erzeugte Dschung Lü. Im mittleren Sommermond ist der Tag am längsten, dadurch wird Sui Bin erzeugt. Der letzte Sommermond erzeugte Lin Dschung, der erste Herbstmond erzeugte J Dso, der mittlere Herbstmond erzeugte Nan Lü, der letzte Herbstmond erzeugte Wu J, der erste Wintermond erzeugte Ying Dschung. Wenn der Windatem von Himmel und Erde im rechten Verhältnis ist, so bestimmen sich die zwölf Tonarten. Im Monat der Huang Dschung-Tonart19 tut man keine Erdarbeit. Man hütet sich, Zugedecktes aufzudecken, um den Himmel fest und die Erde verschlossen zu halten, da sonst die Kraft des Lichten sich zerstreuen würde.

Im Monat der Da Lü20 ist die Zahl der Monate zu Ende. Das Jahr fängt wieder an sich zu erheben, und die Bauern haben nichts zu tun. Im Monat der Tai Tsu21 beginnt die Kraft des Lichten sich wieder zu erzeugen, Kräuter und Bäume beginnen sich zu regen. Die Bauern erhalten den Befehl, die Erde durchzupflügen, damit ja keiner die Zeit versäumt.

Im Monat der Gia Dschung22 ist Freigebigkeit, Segen, Eintracht und Friede am Platz. Man übe Milde und meide die Strafen. Es sollen ja keine Dinge unternommen werden, die der Menge der Lebenden schaden23.[70]

Im Monat der Gu Siän24 stelle man die Verbindung der Straßen und Wege her; man bessere und säubere die Gräben und Kanäle. Wenn man diese Befehle ausführt, so werden wohltätige Lüfte hereinströmen.

Im Monat der Dschung Lü25 soll man keine Mengen ansammeln. Man soll die Ackergeschäfte beaufsichtigen und ermutigen. In diesem Monat wachsen Kräuter und Bäume. Man soll die Leute nicht unzufrieden machen26.

Im Monat der Sui Bin27 ist die Kraft des Lichten oben. Man gebe den Starken Ruhe und nähre die Jungen. Wenn die Regierung nicht ruhig ist, so vertrocknen Pflanzen frühe.

Im Monat der Lin Dschung28 sind die Pflanzen in voller Entfaltung. Die Kraft des Dunkeln ist im Begriff, ihren tödlichen Einfluß zu beginnen. Man unternehme keine großen Angelegenheiten, um so die Kraft des Lichten zu stärken.

Im Monat der I Dso29 ordne man die Gesetze und setze die Strafen fest. Man hebe Krieger aus und schleife die Waffen. Man rotte die Ungerechten aus, um die Schwachen und Fremdlinge zu schützen.

Im Monat der Nan Lü30 kriechen die Winterschläfer in ihre Höhlen. Die Ernte wird gesammelt und die Vorräte eingebracht. Niemand darf es wagen träge und lässig zu sein, jeder muß darauf aus sein so viel zu tun, als er kann.

Im Monat der Wu J31 werden die Übeltäter hingerichtet den Gesetzen entsprechend unerbittlich. Man lasse keine Prozesse in der Schwebe, sondern bringe die vorhandenen zum Abschluß.

Im Monat der Ying Dschung32 ist die Kraft des Lichten und Dunkeln in ihren Wirkungen gehemmt. Das Jahr schließt, und es wird Winter. Man ordnet die Trauerbräuche und richtet den Sinn des Volks auf das Ende.

Quelle:
Chunqiu: Frühling und Herbst des Lü Bu We. Düsseldorf/Köln 1971, S. 69-71.
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