II. De la Mettrie

[344] Julien Offray de la Mettrie, oder gewöhnlich kurz Lamettrie, ist einer der geschmähtesten Namen der Literaturgeschichte, aber ein wenig gelesener, wenigen, die ihn an geeigneter Stelle ebenfalls zu schmähen für gut fanden, auch nur oberflächlich bekannter Schriftsteller. Diese Tradition stammt schon aus den Kreisen seiner Zeitgenossen, um nicht zu sagen seiner Gesinnungsgenossen. Lamettrie war der Prügeljunge des französischen Materialismus im 18. Jahrhundert. Wer nur immer den Materialismus feindlich berührte, stieß auf ihn, als den extremsten dieser Richtung; wer selbst sich dem Materialismus in seinen Ansichten näherte, deckte sich den Rücken gegen die schlimmsten Vorwürfe, indem er Lamettrie einen Tritt gab. Es war dies um so bequemer, da Lamettrie nicht nur der extremste der französischen Materialisten war, sondern auch der Zeit nach der erste. Der Skandal war daher doppelt groß, und man konnte jahrzehntelang mit tugendhafter Miene auf diesen Verbrecher hinweisen, während man sich seine Ideen allmählich aneignete; man konnte ungestraft später als eignes Produkt verkaufen, was man von Lamettrie gelernt hatte, weil man sich von ihm mit einer Einstimmigkeit und einer Energie losgesagt hatte, welche das Urteil der Zeitgenossen verwirrte.

Bringen wir vor allen Dingen die Chronologie in Ordnung! Hegels Initiative in der Geschichte der Philosophie verdanken wir das Erbteil seiner zahllosen Willkürlichkeiten. Von »Fehlern«, wenigstens in der Mehrzahl, kann man hier eigentlich nicht reden; denn Hegel konstruierte bekanntlich die wahre Reihenfolge der Begriffe aus dem Prinzip und wusch seine Hände in Unschuld, wenn die Natur das Versehen gemacht hatte, einen Mann oder ein Buch einige Jahre zu früh oder zu spät auf die Welt kommen zu lassen. Seine Schule ist ihm hierin nachgefolgt, und selbst Männer, welche das Recht zu diesem gewaltsamen Verfahren nicht mehr anerkennen, stehen doch noch unter dem Einflusse seiner Folgen. So verdanken wir z.B. Zeller die bewußte Beseitigung fast aller dieser Verhöhnungen der Chronologie aus der Geschichte der Philosophie der Griechen, und auch in seiner Geschichte der deutschen[344] Philosophie seit Leibniz tritt allenthalben das Bestreben hervor, dem wirklichen Gang der Dinge gerecht zu werden. Wo er aber beiläufig den französischen Materialismus berührt, da erscheint dieser trotz aller Vorsichtigkeit des Ausdruckes doch noch schlechthin als Konsequenz des »Sensualismus«, welchen Condillac aus dem Lockeschen »Empirismus« entwickelte. Aber Zeller hebt wenigstens beiläufig hervor, daß Lamettrie diese Konsequenz schon vor der Mitte des Jahrhunderts zog.281 Die gewöhnliche Schablone ist die, daß Hobbes, einer der einflußreichsten und originellsten Denker der Neuzeit, ganz übergangen, in die Geschichte des Staatsrechts verwiesen oder als ein bloßer Nachhall von Baco behandelt wird. Dann erscheint Locke, der den »Hobbismus« seiner Zeit popularisiert und seine Ecken abschleift, als origineller Stammvater einer doppelten Entwicklungsreihe, einer englischen und einer französischen. In der letzteren folgen sich am Schnürchen des Systems Voltaire, Condillac, die Enzyklopädisten, Helvetius und zuletzt – Lamettrie und Holbach. So sehr hat man sich an diese Reihenfolge gewöhnt, daß Kuno Fischer sogar gelegentlich einmal Lamettrie zum Holbachianer macht!282 – Diese Schablone erstreckt ihren Einfluß weit hinaus über die Grenzen der Geschichte der Philosophie. Hettner vergißt seine eignen chronologischen Angaben, indem er behauptet, Lamettrie habe, »hauptsächlich durch Diderots pensées philosophiques angeregt, 1745 die histoire naturelle de l'âme und 1748 l'homme machine« geschrieben; und in Schlossers Weltgeschichte kann man lesen, Lamettrie sei ein sehr unwissender Mensch gewesen, welcher die Keckheit hatte, fremde Erfindungen und Wahrnehmungen für die seinigen auszugeben.283 Wenn nur nicht in fast allen Fällen, wo wir eine auffallende Ähnlichkeit der Gedanken bei Lamettrie und einem berühmteren Zeitgenossen finden, der erstere die unbestrittene Priorität für sich hätte!

Lamettrie war schon den Lebensjahren nach einer der ältesten unter den Schriftstellern der französischen Auflklärungsperiode. Außer Montesquieu und Voltaire, die einer früheren Generation angehören, sind fast alle jünger als er. Buffon, Lamettrie, Rousseau, Diderot, Helvetius, Condillac, d'Alembert folgen einander in dieser Ordnung und in kleinen Abständen von 1707 bis 1717; Holbach ist erst 1723 geboren. Als dieser in seinem gastfreien Hause jenen Kreis geistreicher Freidenker vereinigte, den man als die »Holbachsche Gesellschaft« bezeichnet, war Lamettrie längst nicht[345] mehr unter den Lebenden. Auch als Schriftsteller zumal in Beziehung auf die uns beschäftigenden Fragen, steht Lamettrie im Anfange der ganzen Reihe. Buffon begann die Herausgabe seines großen naturhistorischen Werkes im Jahre 1749 mit den drei ersten Bänden; aber erst im vierten Bande entwickelte er den Gedanken der prinzipiellen Einheit in der Mannigfaltigkeit der Organismen, einen Gedanken, der bei Maupertuis in einer pseudonymen Schrift von 1751, bei Diderot in den Pensées sur l'interprétation de la nature, 1754, wiederkehrt,284 während wir ihn bei Lamettrie schon im »homme plante« von 1748 in großer Klarheit und Bestimmtheit entwickelt finden. Lamettrie war zu dieser Schrift durch Linnés eben (1747) erschienenes bahnbrechendes Werk über die Klassen der Pflanzen angeregt, wie wir denn überhaupt in allen seinen Schriften stets die Spuren eifriger Verfolgung der neuesten wissenschaftlichen Forschungen finden. Lamettrie zitiert Linné; keiner der späteren hält es für nötig, Lamettrie zu zitieren, den sie doch unzweifelhaft gelesen haben. Wer hier mit Verachtung der Chronologie im Strome der Überlieferung schwimmt, wird natürlich den »unwissenden« Lamettrie sich mit fremden Federn schmücken lassen!

Rosenkranz gibt in seinem Werke über Diderot beiläufig (II. S. 65 u. f.) eine in der Hauptsache richtige Übersicht des Lebens und der Schriften Lamettries. Er erwähnt auch die »Naturgeschichte der Seele« vom Jahre 1745. Das hindert ihn aber nicht, den Lockeschen Sensualismus, »wie Condillac denselben von Paris aus in Frankreich einführte,« für den »wahren prinzipiellen Ausgang des französischen Materialismus« zu erklären, worauf sofort die Notiz folgt, daß Condillacs erstes Werk im Jahre 1746 erschien. Der Ausgangspunkt erscheint also später als die letzte Konsequenz, denn in der »Naturgeschichte der Seele« ist der Materialismus nur noch mit einem sehr durchsichtigen Schleier verhüllt. Im gleichen Werke finden wir eine Idee, welche aller Wahrscheinlichkeit nach zu Condillacs empfindender Statue den Anstoß gegeben hat.

So viel einstweilen zur Steuer der Wahrheit! Daß der wahre Zusammenhang so lange entstellt werden konnte, ist nächst dem Einfluß Hegels und seiner Schule wohl hauptsächlich dem Ärgernis zuzuschreiben, welches Lamettries Angriffe auf die christliche Moral erregten. Man vergaß darüber seine theoretischen Werke, und gerade die rührigsten und ernsthaftesten, darunter die Naturgeschichte der Seele, wurden am vollständigsten vergessen. Viele[346] tadelnde Urteile über Lamettrie als Mensch und Schriftsteller galten eigentlich nur seinen Schriften ethischen Inhalts. Jene vergessenen Schriften sind keineswegs so inhaltleer und oberflächlich, wie man sich gewöhnlich einbildet; aber allerdings zog Lamettrie, zumal in den letzten Jahren seines Lebens, mit besonderm Eifer den Kampf gegen die Fesseln der Sittlichkeit mit in den Bereich seines Strebens. Dieser Umstand, verbunden mit der herausfordernden Absichtlichkeit, mit der er den Menschen schon im Titel seines Hauptwerkes als »Maschine« hinstellt, hat wohl vorzüglich dazu beigetragen, den Namen Lamettries zu einem Schreckbild zu machen, bei dem auch die tolerantesten Schriftsteller keinen günstigen Zug mehr anerkennen wollen, und dessen Verhältnis zu Friedrich dem Großen als ganz besonders ärgerlich betrachtet wird. Und dennoch war Lamettrie, trotz seiner zynischen Schrift über die Wollust und trotz seines Todes infolge unmäßigen Verschlingens einer Pastete, wie uns scheinen will, eine edlere Natur als Voltaire und Rousseau; freilich auch ungleich schwächer als diese zweideutigen Heroen, deren gärende Kraft das ganze 18. Jahrhundert bewegte, während Lamettries Wirksamkeit auf einen ungleich engeren Raum beschränkt blieb.

De la Mettrie könnte also vielleicht der Aristipp des neueren Materialismus genannt werden allein die Wollust, welche er als Zweck des Lebens schildert, verhält sich zu Aristipps Ideal wie eine Statue Poussins zur Mediceischen Venus. Seine berüchtigtsten Erzeugnisse haben weder große sinnliche Energie noch verführerischen Schwung und scheinen fast in pedantischer Befolgung eines einmal ergriffenen Grundsatzes künstlich gemacht. Friedrich der Große schreibt ihm, gewiß nicht ohne Grund, eine unerschütterliche natürliche Heiterkeit und Gefälligkeit zu und rühmt ihn als eine reine Seele und einen ehrenhaften Charakter. Bei alledem wird jedoch der Vorwurf der Leichtfertigkeit an diesem Charakter haften bleiben. Als Freund mag er gefällig und aufopfernd gewesen sein; als Feind war er, wie es besonders Albrecht von Haller erfahren mußte, boshaft und niedrig in der Wahl seiner Mittel.285

Lamettrie wurde geboren zu St. Malo, den 25. Dezember 1709286 Sein Vater betrieb ein Handelsgeschäft, das ihn in den Stand setzte, seinem Sohne eine gute Erziehung zu geben. Als dieser seine akademischen Vorstudien absolvierte, zeichnete er sich so aus, daß er sämtliche Preise erhielt. Seine Gaben waren vorzüglich rhetorischer und poetischer Natur. Er liebte die schöne Literatur leidenschaftlich;[347] allein sein Vater bedachte, daß ein Geistlicher besser zu leben habe als ein Dichter und bestimmte ihn für den Dienst der Kirche. Er wurde nach Paris geschickt, wo er unter einem Jansenistischen Professor die Logik studierte, und in die Ansichten dieses Lehrers arbeitete er sich so hinein, daß er selbst eifriger Jansenist wurde. Er soll sogar ein Buch geschrieben haben, welches den Beifall dieser Partei davontrug. Ob er auch die schwärmerische Sittenstrenge und Neigung zu pietistischen Bußübungen, durch welche die Jansenisten sich auszeichneten, sich angeeignet habe, wird uns nicht überliefert. Jedenfalls kann diese Richtung bei ihm nicht von großer Dauer gewesen sein.

Bei einem Aufenthalte in seiner Vaterstadt St. Malo machte ein dortiger Arzt ihm Neigung zum Studium der Medizin, und es gelang, dem Vater beizubringen, »daß ein gutes Rezept noch mehr eintrüge als eine Absolution.« Mit großem Eifer warf der junge Lamettrie sich auf die Physik und die Anatomie, promovierte in Reims und lebte eine Zeitlang als praktischer Arzt, bis er sich im Jahre 1733, gelockt durch den Ruf des großen Boerhaave, zu erneutem Studium nach Leyden begab.

Um Boerhaave war damals, obgleich er bereits nicht mehr las, eine seltene Schule strebsamer junger Ärzte versammelt. Die Leydener Universität bildete einen Mittelpunkt medizinischer Studien, wie er vielleicht nie wieder bestanden hat. Um Boerhaave selbst scharten sich seine Schüler mit einer unbegrenzten Verehrung. Der große Ruf dieses Mannes hatte ihm bedeutende Reichtümer erworben zwischen denen er so schlicht und einfach lebte, daß nur seine große Wohltätigkeit und Freigebigkeit Zeugnis davon gab. Man rühmte außer seiner eminenten Lehrgabe vornehmlich seinen Charakter, sogar seine Frömmigkeit, obwohl er in dem Rufe des Atheismus gestanden und seine theoretischen Ansichten schwerlich jemals geändert hatte. Auch Boerhaave nämlich, wie Lamettrie, hatte mit der theologischen Laufbahn begonnen, die er wegen seiner unverhohlenen Anhänglichkeit an die Spinozistische Philosophie hatte verlassen müssen; denn Spinozismus galt den Theologen für Atheismus.

Zur Medizin übergegangen war der gediegene, durchaus auf das Positive gerichtete Geist des großen Meisters weit entfernt davon, auf Grund seiner naturalistischen Weltanschauung mit den Vertretern andrer Prinzipien Händel zu suchen. Ihm genügte sein Wirken und Streben, aber dennoch kann seine ganze Richtung der Verbreitung[348] materialistischer Anschauungen unter seinen Schülern nur günstig gewesen sein.

Frankreich war damals in der Medizin im Verhältnis zu England, den Niederlanden und Deutschland entschieden zurück. Daher unternahm Lamettrie eine Reihe von Übersetzungen Boerhaavescher Werke, um einer besseren Methode Eingang zu verschaffen; einige eigne Schriften folgten, und bald war er mit den unwissenden Autoritäten von Paris in bittere Händel verwickelt. Unterdessen praktizierte er mit großem Erfolg in seiner Vaterstadt, zugleich unablässig mit der medizinischen Literatur beschäftigt. Der positive Geist seines Lehrers wich nicht sobald, und obschon er bei seiner sanguinischen Unruhe bereits medizinische Händel zur Genüge hatte, so ließ er doch die Philosophie nicht ruhen.

Im Jahre 1742 kam er nach Paris und erhielt dort durch einflußreiche Empfehlungen eine Stelle als Militärarzt bei der Garde. Als solcher machte er einen Feldzug in Deutschland mit, und dieser Feldzug entschied über seine zukünftige Richtung. Er wurde nämlich von einem hitzigen Fieber befallen und benutzte diese Gelegenheit, um über den Einfluß der Blutwallungen auf das Denken an sich selbst Beobachtungen anzustellen. Er kam zu den Resultate, daß das Denken nichts sei als eine Folge der Organisation unsrer Maschine. Von diesem Gedanken erfüllt, versuchte er während seiner Genesung mit Hilfe der Anatomie die geistigen Funktionen zu erklären, und er ließ seine Vermutungen unter dem Titel einer »Naturgeschichte der Seele« drucken. Der Regimentsfeldprediger schlug Lärm, und bald erhob sich wider ihn ein allgemeiner Schrei der Entrüstung. Seine Bücher wurden als ketzerisch erkannt, und er konnte nicht ferner Arzt der Garde sein. Unglücklicherweise hatte er sich um dieselbe Zeit verleiten lassen, einem Freunde zuliebe, der gerne Leibarzt des Königs werden wollte, auf die Konkurrenten desselben, die berühmtesten Pariser Ärzte, eine Satire zu schreiben. Vornehme Freunde rieten ihm, sich dem allgemeinen Rachebedürfnis zu entziehen, und er floh im Jahre 1746 nach Leyden. Hier schrieb er sofort eine neue Satire auf die Scharlatanerie und Unwissenheit der Ärzte, und bald darauf (1748) erschien auch sein »homme machine«.287

Die Naturgeschichte der Seele288 beginnt damit, zu zeigen, daß noch kein Philosoph, von Aristoteles bis auf Malebranche, uns vom Wesen der Seele habe Rechenschaft geben können. Das Wesen der Menschen- und der Tierseele wird stets so unbekannt bleiben,[349] wie das Wesen der Materie und der Körper. Die Seele ohne Körper ist wie die Materie ohne alle Form; man kann sie nicht begreifen. Seele und Körper sind zusammen, und in demselben Augenblick gebildet worden. Wer dagegen die Eigenschaften der Seele erkennen will, muß vorher diejenigen des Körpers studieren, dessen Lebensprinzip die Seele ist.

Diese Betrachtung führt darauf, daß es keine sichereren Führer gibt als die Sinne: »Das sind meine Philosophen.« Wie sehr man sie auch schmähen möge; auf sie muß man doch immer zurückkommen, sobald man die Wahrheit ernsthaft erkennen will. Untersuchen wir daher redlich und unparteiisch, was unsre Sinne entdecken können, an der Materie, an den Körpern und besonders an den Organismen; aber ohne etwas zu sehen, was nicht da ist! Die Materie ist für sich passiv; sie hat nur eine Kraft der Trägheit. Wo wir daher Bewegung sehen, müssen wir dieselbe auf ein bewegendes Prinzip zurückführen. Finden wir also im Körper ein bewegendes Prinzip, welches macht, daß das Herz schlägt, daß die Nerven empfinden und daß das Gehirn denkt, so werden wir dieses als Seele bezeichnen.

Bis dahin scheint der Standpunkt, welchen Lamettrie einnimmt, zwar empirisch, aber nicht eben materialistisch zu sein. Im folgenden wird jedoch auf eine sehr feine Weise, unter beständigem Anschluß an scholastische und kartesische Schulbegriffe, allmählich in den Materialismus übergelenkt. Lamettrie erörtert das Wesen der Materie, ihr Verhältnis zur Form, zur Ausdehnung, ihre passiven Eigenschaften und endlich ihre Fähigkeit zur Bewegung und zur Empfindung scheinbar in Übereinstimmung mit den am allgemeinsten angenommenen Schulbegriffen, die er mit sehr vager Bezeichnung den Philosophen des Altertums zuschreibt, als ob diese in der Hauptsache alle einverstanden gewesen wären. Er macht auf den strengen Unterschied der Alten zwischen Substanz und Materie aufmerksam, um diesen Unterschied um so sicherer aufzuheben. Er redet von den Formen, durch welche die an sich passive Materie erst ihre Bestimmtheit und ihre Bewegung erhält, um diese Formen auf einem kleinen Umwege zu bloßen Eigenschaften des Stoffes zu machen, welche dem Stoff unveräußerlich zukommen und von seinem Wesen unzertrennlich sind.

Der Hauptpunkt hierbei ist, wie schon im Stratonismus, die Beseitigung des »primum movens immobile«, des aristotelischen außerweltlichen, die Welt bewegenden Gottes. Die Materie wird erst[350] durch die Form zur bestimmten Substanz, aber woher erhält sie die Form? Von einer andern Substanz, welche ebenfalls materieller Natur ist. Diese wieder von einer andern und so ins Unendliche, das heißt: wir kennen die Form nur als verbunden mit der Materie. In dieser unauflöslichen Verbindung von Form und Stoff wirken die Dinge, einander umformend, aufeinander ein, und ebenso verhält es sich mit der Bewegung. Nun ist nur die abstrakte, getrennt gedachte Materie jenes passive Wesen; die konkrete, die wirkliche Materie ist nie ohne Bewegung, wie sie nie ohne Form ist; sie ist also in Wahrheit mit der Substanz identisch. Wo wir die Bewegung nicht wahrnehmen, ist sie doch potentiell vorhanden, wie die Materie auch der Möglichkeit nach (»en puissance«) alle Formen in sich enthält. Ein Agens außerhalb der materiellen Welt anzunehmen, liegt nicht der mindeste Grund vor. Ein solcher wäre nicht einmal ein »Ens rationis« (être de raison). Descartes' Annahme, daß Gott die einzige Ursache der Bewegung ist, hat für die Philosophie, welche Evidenz verlangt, gar keine Bedeutung; es ist nur eine Hypothese, die er nach dem Lichte des Glaubens gebildet hat. Es schließt sich daran der Beweis, daß der Materie auch die Fähigkeit zu empfinden zukomme. Hier ist der eingeschlagene Weg der, daß diese Ansicht als die ursprünglichste und natürliche nachgewiesen wird, der gegenüber nur die Fehler der Neueren, besonders Descartes', der sie bekämpft hatte, nachzuweisen sind. Das Verhältnis des Menschen zum Tier, die große Blöße der kartesianischen Philosophie, tritt dabei natürlich in den Vordergrund. Sehr fein bemerkt Lamettrie, daß ich im Grunde nur meiner eignen Empfindung unmittelbar gewiß bin. Daß andre Menschen auch empfinden, schließe ich mit weit größerer Überzeugungskraft aus dem Ausdruck ihrer Empfindungen in Gebärden und Tönen, als aus der artikulierten Rede. Jene energische Sprache der Gemütsbewegungen ist aber bei den Tieren dieselbe wie bei den Menschen, und sie hat weit mehr Beweiskraft als alle Sophismen Descartes'. Wollte man mit der Verschiedenheit der äußeren Gestalt argumentieren, so zeigt uns dagegen die vergleichende Anatomie, daß die innere Organisation des Menschen und der Tiere eine vollkommene Analogie darbietet. – Wenn es uns einstweilen unfaßbar bleibt, wie die Fähigkeit zu empfinden ein Attribut der Materie sein könne, so steht es damit wie mit tausend andern Rätseln, bei welchen wir, nach einem Gedanken von Leibniz, statt der Sache nur den Schleier sehen, welcher sie verbirgt. – Ungewiß ist, ob die Materie an sich[351] die Fähigkeit hat, zu empfinden, oder ob sie dieselbe nur in der Form der Organismen erlangt; aber auch in diesem Falle muß die Empfindung, wie die Bewegung, wenigstens der Möglichkeit nach aller Materie zukommen. So dachten die Alten, deren Philosophie überhaupt von allen Urteilsfähigen den unvollkommenen Versuchen der Neueren vorgezogen wird.

Darauf geht Lamettrie zu der Lehre von den substantiellen Formen über, und auch hier bewegt er sich noch in den überlieferten Begriffen. Er geht auf die Anschauung ein, daß wirklich erst die Formen die Dinge verwirklichen, weil dieselben ohne Form, d.h. ohne qualitative Bestimmtheit nicht das sind, was sie sind. Unter substantiellen Formen verstand man diejenigen Formen, welche die wesentlichen Eigenschaften der Körper bestimmen; unter akzidentiellen die Formen der zufälligen Modifikationen. In den lebenden Körpern haben die alten Philosophen mehrere Formen unterschieden: die vegetative Seele, die sensitive, und für den Menschen die rationale.289

Alle Empfindungen kommen uns zu durch die Sinne, und diese stehen mit dem Gehirn, dem Ort der Empfindung, in Verbindung durch die Nerven. In den Nervenröhrchen bewegt sich ein Fluidum, der esprit animal, Lebensgeist, dessen Dasein Lamettrie als durch Experimente festgestellt ansieht. Es entsteht also keine Empfindung, wenn nicht eine Veränderung in ihrem Organe hervorgebracht wird, durch welche die Lebensgeister affiziert werden, die alsdann der Seele die Empfindung zuführen. Die Seele empfindet nicht an den Stellen, wo sie zu empfinden glaubt, sondern sie deutet die Qualität der Empfindungen auf einen Ort außerhalb. Dennoch können wir nicht wissen, ob nicht die Substanz der Organe auch empfindet; allein dies kann nur ihr selbst bekannt sein, nicht dem ganzen Tier.290 Ob die Seele nur einen Punkt einnimmt oder einen Bezirk, wissen wir nicht, da aber nicht alle Nerven im Gehirn in einem Punkt zusammenlaufen, so ist ersteres unwahrscheinlich. Alle Kenntnisse sind in der Seele nur in dem Augenblick, in welchem dieselbe von ihnen affiziert ist: alle Aufbewahrung derselben ist auf organische Zustände zurückzuführen. So führt die Naturgeschichte der Seele, von den gewöhnlichen Begriffen ausgehend, allmählich zum Materialismus hin, und endlich nach einer Reihe von Kapiteln wird geschlossen, daß also das, was empfindet, auch materiell sein muß. Wie dies zugeht, weiß Lamettrie auch nicht; allein warum soll man (nach Locke) die Allmacht[352] des Schöpfers wegen unsrer Wissenschaft beschränken? Gedächtnis, Einbildungskraft, Leidenschaften usw. werden sodann durchaus materialistisch erklärt.

Der bedeutend kürzere Abschnitt von der vernünftigen Seele behandelt die Freiheit, die Reflexion, die Urteilskraft usw. in derselben zum Materialismus möglichst hinleitenden, aber mit dem Resultate zurückhaltenden Weise, bis schließlich ein Kapitel folgt, welches überschrieben ist: »Daß der religiöse Glaube allein uns in der Annahme der vernünftigen Seele bestärken kann.« Allein gerade dieses Kapitel macht sich zur Aufgabe, zu zeigen, wie man in der Metaphysik und in der Religion dazu kam, eine Seele anzunehmen, und schließt damit, daß die wahre Philosophie frei bekenne, daß das unvergleichliche Wesen, welches man mit dem schönen Namen Seele schmückt, ihr unbekannt sei. Hierbei wird auch Voltaires Wort erwähnt: »Ich bin Körper, und ich denke« und Lamettrie verweist mit Vergnügen auf die Art, wie Voltaire den Schulbeweis für den Satz, daß keine Materie denken könne, verspottet.

Nicht ohne Interesse ist das letzte Kapitel,291 welches die Überschrift trägt: »Geschichten, welche bestätigen, daß alle Vorstellungen von den Sinnen stammen.« Der Taubstumme von Chartres, der plötzlich das Gehör wieder erhielt und reden lernte, und der dann sich ohne jegliche religiöse Vorstellung zeigte, obwohl er von Jugend auf zu allen religiösen Zeremonien und Gebärden abgerichtet war; der Blindgeborene von Cheselden, der nach der Operation zuerst nur ein buntes Licht sah, ohne eine Kugel von einem Würfel unterscheiden zu können; Ammans Methode des Taubstummenunterrichtes werden vorgeführt und nicht ohne Sorgfalt und Umsicht besprochen. Kritiklos, wie man damals pflegte, trägt er dagegen eine Reihe Geschichten verwilderter Menschen vor und schildert den Orang-Utan nach sehr übertriebenen Berichten als ein Geschöpf von fast völlig menschlicher Gestalt. Allenthalben wird die Folgerung gezogen, daß nur die durch die Sinne vermittelte Bildung den Menschen zum Menschen macht und ihm das gibt, was wir Seele nennen, während eine Entwicklung des Geistes von innen heraus gar nicht stattfindet.

Wie der Verfasser des Briefwechsels vom Wesen der Seele es nicht lassen kann, Melanchthon in sein System hineinzuziehen, so greift Lamettrie auf den Kirchenvater Arnobius zurück, dessen Schrift adversus gentes er eine Hypothese entnimmt, die vielleicht das Urbild[353] zu der Menschenstatue geworden ist, welche bei Diderot, Buffon und namentlich bei Condillac ihre Rolle spielt.

Man nehme an, daß in einem schwach beleuchteten unterirdischen Gemach, von welchem jeder Schall und jeder Sinneseindruck ferngehalten wird, ein neugeborenes Kind von einer nackten und immer schweigenden Amme notdürftig gepflegt und so ohne irgendeine Kenntnis der Welt und des Menschenlebens groß gezogen werde bis zum Alter von zwanzig, dreißig oder gar vierzig Jahren. Dann erst soll dieser Mensch seine Einsamkeit verlassen. Man frage ihn nun, was er in seiner Einsamkeit gedacht und wie er bis dahin genährt und erzogen worden sei. Er wird nichts antworten; nicht einmal wissen, daß die an ihn gerichteten Laute etwas zu bedeuten haben. Wo ist nun jener unsterbliche Teil der Gottheit? Wo ist die Seele, die so gelehrt und aufgeklärt in den Körper eindringt?292

Wie Condillacs Statue, so soll nun dies Wesen, welches vom Menschen nur die Gestalt und die physische Organisation hat, durch den Gebrauch der Sinne Empfindungen erhalten, die sich allmählich ordnen, und der Unterricht soll das übrige tun, um ihm die Seele zu geben, zu der nur die Anlage in der physischen Organisation schlummert. – Hat auch Cabanis als Schüler Condillacs diese unnatürliche Annahme mit Recht beseitigt, so muß man derselben doch gegenüber der so äußerst schwachen Begründung der kartesischen Lehre von den angebornen Ideen eine gewisse Berechtigung einräumen.

Zum Schluß stellt Lamettrie die Sätze auf: »Keine Sinne, keine Ideen.« »Je weniger Sinne, desto weniger Ideen.« »Wenig Erziehung, wenig Ideen.« »Keine Sinneseindrücke, keine Ideen.« – So langt er ganz allmählich bei seinem Ziele an und schließt zuletzt: »Also hängt die Seele wesentlich von den Organen des Leibes ab, mit welchen sie sich bildet, wächst, abnimmt: Ergo participem leti quoque convenit esse.«

Ganz anders geht die Schrift zu Werke, welche es schon im Titel ausspricht, daß der Mensch eine Maschine sei. War die Naturgeschichte der Seele vorsichtig, fein angelegt und allmählich mit ihren Resultaten überraschend, so wird hier die letzte Konsequenz an der Spitze des Werkes ausgesprochen. Ließ sich die Naturgeschichte der Seele auf die ganze aristotelische Metaphysik ein, um nur allmählich zu zeigen, daß dieselbe eine leere Form sei, in die man auch einen materialistischen Inhalt gießen könne, so ist hier von all jenen feinen Distinktionen nicht mehr die Rede; im Punkte[354] der substantiellen Formen polemisiert Lamettrie gegen sich selber; schwerlich weil er seine Ansicht wesentlich geändert hätte, sondern weil er dadurch seinen Namen, den er möglichst zu verbergen suchte, noch mehr den Verfolgern entziehen zu können hoffte. Auch die Form der beiden Werke unterscheidet sich wesentlich. Während die Naturgeschichte der Seele eine regelmäßige Einteilung in Kapitel und Paragraphen befolgt, ergießt sich »der Mensch als Maschine« in einen ununterbrochenen Strom der Rede.

Mit allem Schmuck rhetorischer Prosa ausgestattet, sucht dieses Werk ebenso sehr zu überreden, als zu beweisen; es ist mit Bewußtsein und Absicht geschrieben, um unter den Kreisen der Gebildeten eine leichte Aufnahme und rasche Verbreitung zu finden ein polemisches Stück, bestimmt einer Ansicht Bahn zu machen, nicht eine Entdeckung zu beweisen. Bei alledem versäumte Lamettrie nicht, sich auf eine breite naturwissenschaftliche Basis zu stützen. Tatsachen und Hypothesen, Argumente und Deklamationen: alles ist versammelt, um dem nämlichen Zweck zu dienen.

Sei es, um seinem Werk mehr Eingang zu verschaffen, sei es, um sich mehr zu verbergen, gab Lamettrie demselben eine Widmung an Albrecht von Haller bei. Diese Widmung, die Haller desavouierte, gab Veranlassung, daß auch der persönliche Streit dieser Männer sich in die wissenschaftliche Frage mischte. Dessenungeachtet ließ Lamettrie diese Dedikation, die er für ein Meisterstück seiner Prosa hielt, auch vor späteren Ausgaben des Werkes wieder abdrucken. Der Inhalt jener Widmung ist eine begeisterte Lobrede des Vergnügens an den Wissenschaften und Künsten.

Das Werk selbst beginnt mit der Erklärung, daß es einem Weisen nicht genügen dürfe, die Natur und die Wahrheit zu erforschen; er müsse es wagen, sie zugunsten der wenigen, die denken wollen und können, auch zu verkündigen; die große Masse ist unfähig, sich zur Wahrheit zu erheben. Alle Systeme der Philosophen reduzieren sich rücksichtlich der menschlichen Seele auf zwei; das ältere ist der Materialismus, das zweite der Spiritualismus. Wenn man mit Locke fragt, ob die Materie denken könne, so ist das nicht anders, als wenn man fragt, ob die Materie die Stunden zeigen könne. Es wird darauf ankommen, ob sie es ihrer eignen Natur gemäß kann.293

Leibniz hat mit seinen Monaden eine unverständliche Hypothese aufgestellt. »Er hat die Materie spiritualisiert, statt die Seele zu materialisieren.«

[355] Descartes hat denselben Fehler gemacht und zwei Substanzen aufgestellt, als ob er sie gesehen und gezählt hätte. – Die Klügsten haben gesagt, daß die Seele sich nur durch das Licht des Glaubens erkennen kann. Wenn sie nun dennoch als vernünftige Wesen sich das Recht vorbehalten, zu prüfen, was die Schrift unter dem Worte Geist versteht, womit sie die menschliche Seele bezeichnet, so geraten sie dabei mit den Theologen in Widerspruch, wie diese mit sich selbst. Denn wenn es einen Gott gibt, so hat derselbe ebensowohl die Natur als die Offenbarung geschaffen; er hat uns die eine gegeben, um die andre zu erklären, und die Vernunft, um sie in Übereinstimmung zu bringen. Beide können sich nicht widersprechen, wenn Gott nicht ein Betrüger sein soll. Gibt es also eine Offenbarung, so darf sie der Natur nicht widersprechen. – Als Beispiel einer frivolen Einwendung gegen diesen Gedankengang zitiert Lamettrie die Worte des Abbé Pluche294 der in seinem »Spectacle de la nature« in bezug auf Locke bemerkt habe: »Es ist erstaunlich, daß ein Mensch, der unsre Seele so weit erniedrigt, daß er sie für eine Seele von Kot hält (es ist Locke gemeint), es wagt, die Vernunft als souveräne Richterin über die Mysterien des Glaubens aufzustellen; denn welch merkwürdige Vorstellung würde man vom Christentume haben, wenn man seiner Vernunft folgen wollte?« Gegen diese kindische Art der Polemik, die leider auch heutzutage noch oft gegen den Materialismus erhoben wird, zieht Lamettrie mit vollkommenem Recht zu Felde. Der Wert der Vernunft hängt nicht von dem Worte »Immaterialität« ab, sondern von ihren Leistungen. Wenn eine »Seele von Kot« die Beziehungen und die Reihenfolge einer unermeßlichen Zahl von Ideen im Nu entdecken würde, so wäre sie einer dummen, einfältigen Seele aus den kostbarsten Stoffen offenbar vorzuziehen. Es ist unphilosophisch, mit Plinius über die Jämmerlichkeit unsres Ursprunges zu erröten. Denn eben was gemeint scheint, ist hier die kostbarste Sache, auf welche die Natur die größte Kunst verwendet hat. Wenn der Mensch auch noch aus einer viel niedrigeren Quelle entspränge, wurde er nichtsdestoweniger das edelste Wesen sein. Wenn die Seele rein, edel und erhaben ist, so ist das eine schöne Seele, und sie ehrt den, der mit ihr begabt ist. Was aber die zweite Bemerkung des Herrn Pluche betrifft, so könnte man ebensogut sagen: »Man darf an Toricellis Experiment nicht glauben, denn wenn wir den horror vacui verbannten, welche merkwürdige Philosophie würden wir haben.« (Dieser Vergleich wäre treffender so[356] zu stellen: Man darf über die Natur nichts nach Experimenten bestimmen, denn wenn man Toricellis Experimenten folgen wollte, welche sonderbare Idee würde man vom horror vacui bekommen.) Erfahrung und Beobachtung, sagt Lamettrie, müssen unsre einzigen Führer sein; wir finden sie bei den Ärzten, die Philosophen gewesen sind, und nicht bei den Philosophen, die keine Ärzte gewesen sind. Die Ärzte allein, die die Seele in ihrer Größe wie in ihrem Elend ruhig beobachten, haben hier das Recht zu sprechen. Was sollten uns denn die andern sagen, und besonders die Theologen? Ist es nicht lächerlich zu hören, wie sie ohne Scham über einen Gegenstand entscheiden, den sie niemals in der Lage waren zu erkennen, von dem sie im Gegenteil beständig durch obskure Studien abgewandt werden, die sie zu tausend Vorurteilen geführt haben, und mit einem Worte zum Fanatismus, der zu ihrer Unkenntnis des Mechanismus des Körpers noch beiträgt?

Hier macht übrigens Lamettrie selbst bereits eine petitio principii, wie er sie eben erst mit Recht seinen Gegnern vorgeworfen hat. Auch die Theologen haben Gelegenheit, die menschliche Seele erfahrungsmäßig kennen zu lernen, und der Unterschied im Werte dieser Erfahrung kann also nur ein Unterschied der Methode sein und der Kategorien, unter welchen die Erfahrung untergebracht wird.

Der Mensch ist, wie Lamettrie weiter entwickelt, eine so konstruierte Maschine, daß es unmöglich ist, sich von derselben a priori eine richtige Vorstellung zu bilden. Man muß die großen Geister, welche dies vergeblich versuchten, einen Descartes, Malebranche, Leibniz und Wolff in ihren unnützen Versuchen noch bewundern aber einen ganz andern Weg betreten als sie; nur a posteriori, von der Erfahrung und der Betrachtung der körperlichen Organe ausgehend, kann man, wo nicht Gewißheit, so doch den höchsten Grad der Wahrscheinlichkeit erlangen. Die verschiedenen Temperamente, auf physischen Ursachen beruhend, bestimmen den Charakter des Menschen. In den Krankheiten verdunkelt sich bald die Seele, bald sollte man sagen, daß sie sich verdopple, bald zerstreut sie sich in Blödsinn. Die Genesung eines Narren macht einen Menschen von Verstand. Das größte Genie wird oft dumm, und hin sind alle die schönen Kenntnisse, die mit so großer Mühe erworben waren. Der eine Kranke fragt, ob sein Bein im Bette ist, ein andrer glaubt den Arm noch zu haben, den man ihm abgeschnitten hat. Der eine weint wie ein Kind bei der Annäherung des Todes, der[357] andre scherzt über ihn. Was hätte es bei Cajus Julius, bei Seneca, bei Petronius bedurft, um ihre Furchtlosigkeit in Kleinmütigkeit oder Prahlerei zu verwandeln? Eine Obstruktion in der Milz, der Leber oder der Pfortader. Denn die Einbildungskraft hängt mit diesen Eingeweiden zusammen, und aus ihnen entstehen alle die sonderbaren Erscheinungen der Hypochondrie und der Hysterie. Was soll man von denen sagen, die in Werwölfe und Vampire verwandelt zu sein glauben, oder die ihre Nasen und andre Glieder für gläsern halten? Lamettrie geht sodann auf die Wirkungen des Schlafes über; Opium, Wein und Kaffee werden in ihren Wirkungen auf die Seele beschrieben. Ein Heer, dem man starke Getränke gibt, stürzt sich mutig auf den Feind, vor dem es nach Wassergenuß geflohen wäre; eine gute Mahlzeit übt eine erheiternde Wirkung.

Die englische Nation, welche das Fleisch halb roh und blutig ißt, scheint eine Wildheit von solchen Nahrungsmitteln zu haben, denen allein die Erziehung entgegen wirken kann. Diese Wildheit erzeugt in der Seele Stolz, Haß, Verachtung andrer Nationen, Ungelehrigkeit und andre Charakterfehler, wie eine grobe Nahrung den Geist träg und schwerfällig macht. – Hunger und Enthaltsamkeit, Klima usw. werden in ihrem Einflusse verfolgt. Die Physiognomie und die vergleichende Anatomie geben ihren Beitrag. Wenn man nicht für alle Geisteskrankheiten Entartung des Gehirnes findet, so sind es Zustände der Dichtigkeit oder andre Veränderungen in den kleinsten Teilen, welche die Störung veranlassen.295 »Ein Nichts, eine kleine Fiber, irgend etwas, das die subtilste Anatomie nicht entdecken kann, hätte aus Erasmus und Fontenelle zwei Toren gemacht.«

Eine besondere Idee Lamettries ist noch die, daß es vielleicht einmal gelingen dürfte, einen Affen zum Sprechen zu bringen und auf diese Art einen Teil der Tierwelt in die menschliche Bildung mit hineinzuziehen. Er vergleicht den Affen mit einem Taubstummen und da er besonders begeistert ist für die kürzlich erfundene Methode Ammans, die Taubstummen zu unterrichten, so wünscht er sich einen großen und besonders geistreichen Affen, um an demselben seine Versuche zu machen.296

Was war der Mensch, fragt Lamettrie vor der Erfindung der Worte und der Erkenntnis der Sprache. Ein Tier seiner Art, mit weit weniger Instinkt als die andern und unterschieden durch nichts als seine Physiognomie und Leibnizens intuitive Erkenntnis;[358] die ausgezeichnetsten, besser organisierten erfanden die Zeichen und lehrten die andern, gerade wie wenn wir Tiere dressieren. Wie eine Violinsaite, auf der das Anschlagen eines Klaviers ein Schwirren und einen Ton hervorbringt, so brachten die Saiten ihres Gehirns, getroffen von Schallempfindungen, Worte hervor. Sobald aber die Zeichen verschiedener Dinge gegeben sind, beginnt das Gehirn mit derselben Notwendigkeit sie zu vergleichen und ihre Beziehungen zu beachten, wie das wohlorganisierte Auge sehen muß. Die Ähnlichkeit verschiedener Objekte führt ihre Zusammenfassung herbei und dadurch das Zählen. Alle unsre Ideen sind fest verbunden mit der Vorstellung der entsprechenden Worte oder Zeichen. Alles was in der Seele vorgeht, läßt sich auf Tätigkeit der Einbildungskraft zurückführen.

Wer die meiste Einbildungskraft hat, muß daher als der größte Geist betrachtet werden. Ob die Natur mehr angewandt hat, einen Newton zu bilden oder einen Corneille, einen Aristoteles oder einen Sophokles, ist nicht zu entscheiden; wohl aber kann man sagen, daß beide Arten von Talent nur verschiedene Richtungen in der Anwendung der Einbildungskraft bezeichnen. Sagt man daher, daß jemand viele Einbildungskraft aber wenig Urteil hat, so sagt man damit nur, daß seine Einbildungskraft einseitig auf Reproduktion der Empfindungen statt auf Vergleichung derselben gerichtet ist.

Das erste Verdienst des Menschen ist seine Organisation. Es ist daher unnatürlich, einen gemäßigten Stolz auf wirkliche Vorzüge zu unterdrücken, und alle Vorzüge, woher sie auch entstehen, sind wert, daß man sie achte; man muß sie nur richtig zu schätzen wissen. Geist, Schönheit, Reichtum, Adel, obwohl Kinder des Zufalls, haben ihren Wert so gut als Geschicklichkeit, Wissen und Tugend.

Wenn man sagt, daß der Mensch sich vor den Tieren auszeichne durch ein natürliches Gesetz, welches ihn Gutes und Böses unterscheiden lehre, so ist auch das eine Täuschung. Das nämliche Gesetz findet sich auch bei den Tieren. Wir wissen z.B., daß wir nach schlechten Taten Reue empfinden; daß dies andre Menschen auch tun, müssen wir ihnen aufs Wort glauben, oder wir müssen es aus gewissen Zeichen schließen, die wir in ähnlichen Fällen an uns selbst finden; diese nämlichen Zeichen aber sehen wir auch bei den Tieren. Wenn ein Hund seinen Herrn gebissen hat, der ihn reizte, so sehen wir ihn gleich darauf traurig, niedergeschlagen und scheu;[359] durch eine kriechende und demütige Miene bekennt er sich schuldig. Die Geschichte gibt uns das berühmte Beispiel jenes Löwen, der seinen Wohltäter nicht zerreißen wollte, und der sich mitten unter blutdürstigen Menschen dankbar erwies. Aus alle diesem wird geschlossen, daß die Menschen aus demselben Stoffe sind wie die Tiere.

Das Sittengesetz ist sogar in den Personen noch vorhanden, welche aus einem krankhaften Triebe stehlen, morden oder im Heißhunger ihre liebsten Angehörigen verzehren. Man sollte diese Unglücklichen, die durch ihre Reue hinlänglich bestraft sind, den Ärzten übergeben; statt sie, wie es geschehen ist, zu verbrennen oder lebendig zu begraben. Das Wohltun ist mit einer solchen Lust verbunden, daß schlecht zu sein allein schon Strafe ist. – An dieser Stelle der Argumentation ist ein Gedanke eingeschaltet, der vielleicht nicht streng hierher gehört, der aber ebenso wesentlich zu Lamettries ganzem Gedankenkreise gehört, als er uns anderseits auffallend an Rousseau erinnert: Wir sind alle geschaffen glücklich zu sein, aber es liegt nicht in unsrer ursprünglichen Bestimmung gelehrt zu sein, vielleicht sind wir es nur geworden durch eine Art von Mißbrauch unsrer Anlagen. – Vergessen wir auch hier nicht, der Chronologie einen Blick zu gönnen! Der »homme machine« wurde 1747 geschrieben und anfangs 1748 veröffentlicht. Die Akademie zu Dijon publizierte 1749 die berühmte Preisfrage, für deren Lösung Rousseau 1750 gekrönt wurde. Diesen kleine Umstand wird übrigens nach den bisherigen Erfahrungen schwerlich verhindern, daß man Lamettrie gelegentlich vorwirft, sich auch mit Rousseauschen Federn geschmückt zu haben.

Das Wesen des natürlichen Sittengesetzes, heißt es dann weiter, liegt in der Lehre, andern nicht zu tun, was wir nicht wollen, daß man uns tue. Vielleicht aber liegt diesem Gesetz nur eine heilsame Furcht zugrunde, und wir respektieren die Börse und das Leben unsrer Mitmenschen nur um uns unsre eignen Güter zu erhalten gerade so wie die »Ixions des Christentums« Gott lieben und so manche chimärische Tugend umarmen, bloß weil sie die Hölle fürchten. – Die Waffen des Fanatismus können diejenigen zerstören, welche diese Wahrheiten lehren, aber nimmermehr die Wahrheiten selbst.

Die Existenz eines höchsten Wesens will Lamettrie nicht in Zweifel ziehen; alle Wahrscheinlichkeit spricht für dieselbe; aber diese Existenz beweist die Notwendigkeit eines Kultus ebensowenig als jede[360] andre Existenz; es ist eine theoretische Wahrheit ohne Nutzen für die Praxis; und da es durch zahllose Beispiele bewiesen ist, daß die Religion nicht die Sittlichkeit mit sich bringt, so kann man schließen, daß auch der Atheismus dieselbe nicht ausschließt.

Es ist für unsre Ruhe gleichgültig zu wissen, ob ein Gott ist oder nicht, ob derselbe die Materie geschaffen hat, oder ob diese ewig ist. Welche Torheit, sich um Dinge zu quälen, deren Kenntnis unmöglich ist, und die, wenn wir sie wüßten, uns um nichts glücklicher machen würde?

Man verweist mich auf die Schriften berühmter Apologeten; aber was enthalten sie als langweilige Wiederholungen, die eher dazu dienen, den Atheismus zu befestigen als ihn zu untergraben? Das größte Gewicht wird von den Gegnern des Atheismus auf die Zweckmäßigkeit der Welt gelegt. Hier bezieht sich Lamettrie auf Diderot, der in seinen kürzlich erschienenen pensées philosophiques297 behauptet hatte, man könne den Atheisten schon mit einem Schmetterlingsflügel oder dem Auge einer Mücke schlagen, während man doch das Gewicht des Universums habe, um ihn zu zermalmen. Lamettrie bemerkt dagegen, daß wir die Ursachen, welche in der Natur wirken, nicht hinlänglich kennen, um leugnen zu können, daß sie alles aus sich hervorbringe. Der von Trembley zerschnittene Polyp298 hatte doch in sich selbst die Ursachen seiner Reproduktion. Nur die Unkenntnis der natürlichen Kräfte hat uns zu einem Gott Zuflucht nehmen lassen, der nach gewissen Leuten (er meint sich selbst, in der »Naturgeschichte der Seele«) nicht einmal ein »ens rationis« ist. Zerstörung des Zufalls ist noch kein Beweis der Existenz Gottes, weil es ganz wohl etwas geben kann, was weder Zufall noch Gott ist, und was die Dinge so hervorbringt, wie sie sind, nämlich die Natur. Das »Gewicht des Universums« wird daher keinen wahren Atheisten erschüttern, geschweige denn »zermalmen«, und alle diese tausendmal widerlegten Beweise für einen Schöpfer genügen nur Leuten von vorschnellem Urteil, denen die Naturalisten ein gleiches Gewicht von Gründen entgegensetzen können.

»So ist das Für und das Wider,« schließt Lamettrie diese Betrachtung; »ich ergreife keine Partei.« Man sieht aber offen genug, welche Partei er ergreift. Er erzählt nämlich weiter, daß er alles dies einem Freunde, einem »Skeptiker (pyrrhonien)« wie er, mitgeteilt habe; einem Manne von vielem Verdienst und wert eines bessern Loses. Dieser Freund habe gesagt, daß es freilich unphilosophisch[361] sei, sich über Dinge zu beunruhigen, die man doch nicht ausmachen könne; dennoch werde die Welt niemals glücklich sein, wenn sie nicht atheistisch sei. Und dies waren die Gründe des »abominablen« Menschen: »Wenn der Atheismus allgemein verbreitet wäre, würden alle Zweige der Religion mit der Wurzel abgeschnitten sein. Alsdann gäbe es keine theologischen Kriege mehr: Religionssoldaten, so fürchterliche Soldaten, wären nicht mehr. Die Natur, die von dem geheiligten Gift angesteckt war, würde ihre Rechte und ihre Reinheit wieder gewinnen. Taub gegen jede andre Stimme, würden die Menschen ihren individuellen Antrieben folgen, und diese Antriebe allein können über die angenehmen Pfade der Tugend zum Glück hin führen.«

Lamettries Freund hat nur vergessen, daß auch die Religion selbst, wenn man von aller Offenbarung absieht, zu den natürlichen Trieben des Menschen gehören muß, und wenn dieser Trieb zu allem Unglück führt, so ist nicht einzusehen, wie alle übrigen Triebe, die doch aus derselben Natur hervorgehen, glücklich machen sollen. Es ist hier wieder nicht eine Konsequenz, sondern eine Inkonsequenz des Systems, was zu den destruktiven Folgerungen führt. Auch die Unsterblichkeit behandelt Lamettrie in einer ähnlichen Weise, wie die Vorstellung von Gott; doch gefällt er sich offenbar in der Rolle, sie als möglich darzustellen. Auch die klügste der Raupen, meint er, hat wohl nie recht gewußt, daß noch ein Schmetterling aus ihr werden sollte; wir kennen nur einen geringen Teil der Natur, und da unsre Materie ewig ist, wissen wir nicht, was aus derselben noch werden kann. Unser Glück hängt hier von unsrer Unwissenheit ab. Wer so denkt, wird weise und gerecht sein, ruhig über sein Los und folglich glücklich. Er wird den Tod erwarten, ohne ihn zu fürchten, noch nach ihm zu verlangen.

Es ist auch hier nicht zu bezweifeln, daß es diese negative Seite des Schlusses allein ist, für die sich Lamettrie interessiert, und auf die er, nach seiner Art auf Umwegen, hinlenkt. Er findet den Begriff einer unsterblichen Maschine durchaus nicht widersprechend, aber nicht um die Unsterblichkeit zu haben, sondern um die Maschinennatur allseitig zu befestigen. Wie sich Lamettrie die Unsterblichkeit seiner Maschine gedacht hat, läßt sich freilich nicht absehen; außer dem Vergleich mit der Raupe findet sich keinerlei Andeutung, und es sollte auch wohl keine gegeben werden.

Das Prinzip des Lebens findet Lamettrie nicht nur nicht in der Seele (diese ist ihm nur das materielle Bewußtsein), er findet es auch[362] nicht im Ganzen, sondern in den einzelnen Teilen. Jede kleine Faser des organisierten Körpers regt sich durch ein ihr innewohnendes Prinzip. Hierfür führt er folgende Gründe an:

  • 1. Alles Fleisch der Tiere zuckt noch nach dem Tode, und um so länger, je kälter von Natur das Tier (Schildkröten, Eidechsen, Schlangen).
  • 2. Vom Körper getrennte Muskeln ziehen sich, wenn man sie reizt, zusammen.
  • 3. Die Eingeweide behalten ihre peristaltische Bewegung lange Zeit.
  • 4. Injektion von warmem Wasser belebt das Herz und die Muskeln wieder (nach Cowper).
  • 5. Das Herz des Frosches bewegt sich noch über eine Stunde nach seiner Abtrennung vom Körper.
  • 6. An einem Menschen hat man nach Baco ähnliche Beobachtungen gemacht.
  • 7. Experimente an Herzen von Hähnchen, Tauben, Hunden, Kaninchen. Die abgerissenen Pfoten des Maulwurfs bewegen sich noch.
  • 8. Raupen, Würmer, Spinnen, Fliegen, Schlangen zeigen dasselbe. In warmem Wasser vermehrt sich die Bewegung der abgetrennten Teile (»a cause du feu qu'elle contient«).
  • 9. Ein betrunkener Soldat schlug einem Truthahn mit dem Säbel den Kopf ab. Das Tier blieb stehen, ging und lief endlich. Als es gegen eine Mauer kam, drehte es sich, schlug mit den Flügeln, indem es fortfuhr zu laufen, und fiel endlich um. (Eigne Beobachtung.)
  • 10. Zerschnittene Polypen reproduzieren sich in acht Tagen zu so vielen Tieren, als man Teile gemacht hatte.

Der Mensch verhält sich zu den Tieren wie eine Planetenuhr von Huyghens zu einem gemeinen Uhrwerk. Wie Vaucanson zu seinem Flötenspieler mehr Räder brauchte als zu seiner Ente, so ist auch das Triebwerk des Menschen komplizierter als das der Tiere. Für einen Redenden würde Vaucanson noch mehr Räder brauchen, und auch diese Maschine kann nicht mehr als unmöglich gelten.

Man hat gewiß nicht zu denken, daß Lamettrie unter einem Redenden hier einen vernünftigen Menschen gedacht hätte; allein man sieht doch, wie er mit Vorliebe die Kunststücke Baucansons, die für ihr Zeitalter so bezeichnend sind, mit seiner menschlichen Maschine vergleicht.299[363]

Lamettrie polemisiert übrigens hier, wo er den Gedanken des Mechanismus in der menschlichen Natur auf die Spitze treibt, gegen sich selbst, indem er dem Verfasser der Naturgeschichte der Seele300 einen Vorwurf daraus macht, daß er die unverständliche Lehre von den »substantiellen Formen« beibehalten habe. Daß hier kein Meinungswechsel vorliegt, sondern nur ein Kunstgriff, um teils die Anonymität zu sichern, teils aber gleichsam von zwei Seiten her auf denselben Punkt hinzuarbeiten, dürfte schon aus unsrer obigen Darstellung hervorgehen. Wir wollen aber zum Überflusse hier noch eine Stelle aus dem 5. Kapitel der Naturgeschichte der Seele hervorheben, an welcher ausdrücklich gesagt wird, daß die Formen aus dem Druck der Teile des einen Körpers gegen die Teile des andern entstehen, das heißt aber nichts andres, als daß es die Formen der Atomistik sind, welche sich hier unter der Maske der »substantiellen Formen der Scholastik« verbergen.

Bei der gleichen Gelegenheit wird auch in Beziehung auf Descartes der Spieß plötzlich umgekehrt. Wenn er noch so viel geirrt hätte, heißt es hier, so würde er doch wegen der einzigen Tatsache ein großer Philosoph sein, daß er die Tiere mechanisch erklärt hat. Die Anwendung auf den Menschen liegt so nahe, die Analogie ist so schlagend und überwältigend, daß jedermann sie sehen muß und nur die Theologen das Gift nicht merkten, das in dem Köder verborgen war, welchen Descartes sie verschlingen ließ.

Lamettrie schließt sein Werk mit Betrachtungen über die Bündigkeit und Solidität seiner auf die Erfahrung gestützten Schlüsse gegenüber den kindischen Behauptungen der Theologen und der Metaphysiker.

»Das ist mein System oder vielmehr, wenn ich mich nicht sehr irre, die Wahrheit. Sie ist kurz und einfach, nun disputiere wer will!« Der Lärm, den dies Werk erregte, war groß, aber nicht unbegreiflich; ebenso rapid war aber seine Verbreitung. In Deutschland, wo die Gebildeten alle des Französischen mächtig waren, erschien keine Übersetzung; um so eifriger las man das Original, das im Lauf der nächsten Jahre in allen bedeutenderen Blättern rezensiert wurde und sodann eine Flut von Gegenschriften hervorrief. Für Lamettrie erklärte sich frei und öffentlich niemand; um so mehr zeigt der, mit unsrer heutigen Polemik verglichen, milde Ton und die ruhige eingehende Kritik mancher dieser Schriften, daß die allgemeine Weltanschauung diesen Materialismus nicht für so absolut monströs hielt, als man ihn heutzutage zu machen sucht. In England[364] erschien bald nach dem Erscheinen des Originals eine Übersetzung, die das Werk dem Marquis d'Argens, einem gutmütigen Freigeist, der auch zu den Kreisen Friedrichs des Großen gehörte, zuschrieb; allein der wahre Verfasser konnte nicht lange verborgen bleiben.301

Es verschlimmerte Lamettries Sache entschieden, daß er auch schon eine philosophisch sein sollende Schrift über die Wollust herausgegeben hatte, wie er denn später noch mehreres dieser Art herausgab. Auch im l'homme machine sind die geschlechtlichen Dinge, auch wo es nicht gerade zum wesentlichen Gedankengang gehört, gelegentlich mit einer gewissen absichtlichen Frechheit berührt. Wir wollen hier weder den Einfluß seiner Zeit und seiner Nationalität verkennen, noch auch einen beklagenswerten persönlichen Hang ableugnen; müssen aber wiederholt darauf hinweisen, daß Lamettrie sich nun einmal durch sein System auf die Rechtfertigung der sinnlichen Lust geführt glaubte, und daß er diese Gedanken, eben weil er sie gedacht hatte, auch aussprach. In der Vorrede zur Gesamtausgabe seiner philosophischen Werke bekennt er den Grundsatz: »Schreibe so, wie wenn du allein im Universum wärest und nichts von der Eifersucht und den Vorurteilen der Menschen zu fürchten hättest, oder – du wirst deinen Zweck verfehlen.« Vielleicht hat sich Lamettrie zu weiß waschen wollen, wenn er in dieser mit allem Aufwand seiner Rhetorik geschriebenen Selbstverteidigung zwischen seinem Leben und seinen Schriften unterscheidet; jedenfalls ist uns aber nichts bekannt, was die Tradition rechtfertigt, daß er ein »frecher Wüstling« sei, »der im Materialismus nur die Rechtfertigung seiner eignen Liederlichkeit sieht.« Es handelt sich hier nicht darum, ob Lamettrie auch, wie so mancher Schriftsteller dieser Zeit, einen ausschweifenden und leichtsinnigen Lebenswandel geführt habe – und selbst dafür scheinen stichhaltige Beweise kaum gegeben – als vielmehr um die Frage, ob sein literarisches Auftreten seinen Grund in persönlicher Verdorbenheit hatte, oder ob er von einem bedeutenden und als Durchgangspunkt berechtigten Zeitgedanken ergriffen war, dessen Darstellung er sein Leben widmete. Wir begreifen den Ingrimm der Zeitgenossen gegen diesen Mann; sind aber überzeugt, daß die Nachwelt ihm ein weit günstigeres Urteil gönnen muß, wenn er nicht allein von der sonst üblichen Gerechtigkeit ausgeschlossen sein soll.

Ein junger Mann, der sich nach rühmlich durchlebter Studienzeit[365] bereits in eine glückliche Praxis hineingearbeitet hat, verläßt diese nicht, um seine Studien an einer ausgezeichneten Pflegestätte der Wissenschaft zu vertiefen, wenn nicht lebendiger Trieb nach der Wahrheit in ihm ist. Der medizinische Satiriker wußte nur zu gut, daß Scharlatanerie in der Arzneikunst besser bezahlt wurde als rationelles Verfahren. Er wußte, daß es einen Kampf kostete, den Grundsätzen eines Sydenham und Boerhaave in Frankreich Eingang zu verschaffen. Warum unternahm er diesen Kampf, statt sich in das Vertrauen der herrschenden Autoritäten einzuschleichen? War es nur sein händelsüchtiges Naturell, was ihn dazu trieb? Warum dann neben der Satire die mühsame und zeitraubende Arbeit der Übersetzungen und Auszüge? Geld konnte ein so geschickter und gewandter Mann in der ärztlichen Praxis ohne Zweifel besser und leichter verdienen. Oder wollte Lamettrie vielleicht auch durch seine medizinischen Schriften sein Gewissen betäuben? Der ganze Gedanke einer persönlichen Rechtfertigung liegt seinem Wesen so fern wie möglich. Vor wem sollte er sich denn auch rechtfertigen? Vor dem Volk, das er, wie die meisten jener französischen Philosophen, für eine gleichgültige Masse ansah, die für den freien Gedanken noch nicht reif ist? Vor einer Umgebung, in welcher er mit seltenen Ausnahmen nur Leute fand, welche die Ausschweifungen der Sinnlichkeit ebensosehr liebten als er und sich nur hüteten, Bücher darüber zu schreiben? Oder endlich gar vor sich selbst? In seiner ganzen Schriftstellerei zeigt sich nur heitere Zufriedenheit und Selbstgenügsamkeit, ohne eine Spur von jener Dialektik der Leidenschaften, die sich in einem zerrissenen Herzen entwickelt. Man mag Lamettrie schamlos und leichtfertig nennen, so sind das erhebliche Vorwürfe, aber sie entscheiden nicht im mindesten über die ganze Bedeutung der Person. Es sind uns von ihm keine besonderen Schlechtigkeiten bekannt. Er hat weder seine Kinder ins Findelhaus geschickt, wie Rousseau, noch zwei Bräute betrogen, wie Swift; er ist weder der Bestechung für schuldig erklärt, wie Baco, noch ruht der Verdacht der Urkundenfälschung auf ihm, wie auf Voltaire. In seinen Schriften wird allerdings das Verbrechen wie eine Krankheit entschuldigt, aber nirgendswo wird es, wie in Mandevilles berüchtigter Bienenfabel, empfohlen.302 Mit vollem Recht kämpft Lamettrie gegen die gefühllose Roheit der Rechtspflege, und wenn er den Arzt an die Stelle des Theologen und des Richters setzen will, so kann man darin einen Irrtum finden, aber keine Beschönigung des Verbrechens;[366] denn niemand findet die Krankheit schön. Es ist in der Tat zu verwundern, daß bei dem ungeheuren Ingrimm, der sich allenthalben gegen Lamettrie erhob, nicht einmal eine einzige positive Beschuldigung gegen sein Leben ist vorgebracht worden. Alle Deklamationen über die Schlechtigkeit dieses Menschen, den auch wir freilich nicht den Besten zugesellen mögen, sind einzig und allein aus seinen Schriften abstrahiert, und diese Schriften haben bei aller tendenziösen Rhetorik und leichtfertigen Witzelei doch einen beträchtlichen Teil gesunder Gedanken.

Lamettries Moraltheorie, wie sie namentlich im »discours sur le bonheur« niedergelegt ist, enthält schon alle wesentlichen Prinzipien jener Tugendlehre der Selbstliebe, wie sie von Holbach und Volney später systematisch ausgebildet wurde. Die Basis bildet die Beseitigung der absoluten Moral und ihre Ersetzung durch eine relative, auf Staat und Gesellschaft begründete, wie sie bei Hobbes und Locke erscheint. Damit verbindet Lamettrie die ihm eigentümliche Luftlehre, welche von seinen französischen Nachfolgern wieder abgestreift und durch den vageren Begriff der Selbstliebe ersetzt wurde. Ein ferneres ihm eigentümliches Element ist die große Bedeutung, welche er der Erziehung in Beziehung auf die Moral beilegt und seine damit zusammenhängende Polemik gegen die Gewissensbisse.

Bei den sonderbaren Zerrbildern, welche man von Lamettries Moral noch immer aufzutischen pflegt, wollen wir nicht unterlassen, die wesentlichsten Züge seines Systems hier kurz anzugeben.

Das Glück des Menschen ruht auf dem Lustgefühl, welches seiner Qualität nach in grober und feiner, kurzer und dauernder Lust überall dasselbe ist. Da wir nur Körper sind, so sind konsequenterweise auch die höchsten geistigen Genüsse ihrer Substanz nach körperliche Lust, aber dem Werte nach sind die Lustempfindungen sehr verschieden. Das sinnliche Vergnügen ist intensiv aber kurz, das Glück, welches aus harmonischer Stimmung unsres ganzen Wesens fließt, ruhig aber dauernd. Dieselbe Einheit in der Mannigfaltigkeit, welche in der ganzen Natur herrscht, findet sich also auch auf diesem Gebiete, und jede Art der Lust und des Glückes muß daher als prinzipiell gleichberechtigt anerkannt werden, wiewohl edlen und gebildeten Naturen andre Freuden zukommen, als niedrigen und gemeinen. Dieser Unterschied ist sekundär; und bloß ihrem Wesen nach betrachtet, kommt die Lust nicht nur dem Unwissenden wie dem Gebildeten zu, sondern auch dem Bösen[367] nicht minder als dem Guten (vgl. Schiller: »Alle Guten, alle Bösen folgen ihrer Rosenspur«).

Empfindung ist eine wesentliche, Bildung nur eine akzidentielle Eigenschaft des Menschen; es handelt sich daher vor allem darum, ob der Mensch unter allen Umständen glücklich sein kann, das heißt, ob sein Glück sich auf Empfindung und nicht auf Bildung gründet. Dies wird bewiesen durch die große Masse der Ungebildeten, welche sich in ihrer Unwissenheit glücklich fühlen, und welche sich noch im Tode durch chimärische Hoffnungen trösten, die ihnen eine Wohltat sind.

Die Reflexion kann die Lust erhöhen, aber nicht geben. Wer durch sie glücklich ist, hat ein höheres Glück, aber häufiger zerstört sie dasselbe. Der eine fühlt sich durch bloße Naturanlage glücklich, der andre genießt Reichtum, Ruhm und Liebe und fühlt sich doch unglücklich, weil er unruhig, ungeduldig, eifersüchtig und ein Sklave seiner Leidenschaften ist. Der Opiumrausch bewirkt auf physischem Wege eine glücklichere Stimmung, als alle philosophischen Abhandlungen. Wie glücklich wäre ein Mensch, der sein ganzes Leben hindurch eine Stimmung haben könnte, wie dieser Rausch sie vorübergehend verleiht! Das Glück des Traumes, ja selbst das eines glücklichen Wahnsinnes ist daher als ein wirkliches Glück anzuerkennen, zumal unser Wachen oft nicht viel mehr ist als ein Traum. Geist, Wissen und Vernunft sind oft unnütz zum Glück, bisweilen schädlich. Sie sind ein hinzutretender Schmuck dessen die Seele entbehren kann, und die große Masse der Menschen, welche ihn wirklich entbehrt, ist dadurch vom Glück nicht ausgeschlossen. Die Sinnlichkeit des Glücks ist vielmehr das große Mittel, durch welches die Natur allen Menschen dasselbe Recht und denselben Anspruch auf Zufriedenheit gegeben und ihnen allen in gleicher Weise die Existenz angenehm gemacht hat.

Bis hierher ungefähr (etwa ein Sechstel des Ganzen) scheint Hettner nach seinem Bericht, Literaturg. d. 18. Jahrh. II. S. 388 u. f., den »discours sur le bonheur« berücksichtigt zu haben, freilich auch in diesen Punkten mit Verwischung des logischen Bandes der Ideen. Wir haben aber hier nur die allgemeine Grundlage dieser Ethik, und es verlohnt sich doch auch zu sehen, was für eine Tugendlehre auf dieser Basis errichtet wird. Doch vorher noch ein Wort über die Basis selbst!

Man wird schon aus dem Obigen herausfinden, daß Lamettrie die sinnliche Lust nur deshalb obenan stellt, weil sie die allgemeine ist.[368] Was wir unter geistigen Genüssen verstehen, wird nicht etwa seinem objektiven Wesen nach geleugnet, noch weniger nach seinem Werte für das Individuum und im Individuum tiefer gestellt als die sinnliche Lust, sondern es wird einfach unter das allgemeine Wesen der letzteren subsumiert; es wird als ein Spezialfall behandelt, der in der allgemeinen und prinzipiellen Betrachtung nicht die gleiche Bedeutung haben kann, wie das allgemeine Prinzip selbst, dessen relativ höherer Wert aber nirgends angefochten wird. – Vergleichen wir damit einen Ausspruch von Kant! »Man kann also, wie mich dünkt, dem Epikur wohl einräumen, daß alles Vergnügen, wenn es gleich durch Begriffe veranlaßt wird, welche ästhetische Ideen erwecken, animalische, d.h. körperliche Empfindung sei; ohne dadurch dem geistigen Gefühl der Achtung für moralische Ideen, welches kein Vergnügen ist, sondern eine Selbstschätzung (der Menschheit in uns), die uns über das Bedürfnis desselben erhebt, ja selbst nicht einmal dem minder edlen des Geschmacks im mindesten Abbruch zu tun.«303 Hier haben wir Rechtfertigung und Kritik nebeneinander. Lamettries Ethik ist verwerflich, weil sie Lustlehre ist, nicht weil sie auch solche Genüsse, welche durch Begriffe vermittelt sind, auf sinnliche Lust zurückführt.

Lamettrie erörtert nun zunächst genauer das Verhältnis von Glück und Bildung und findet, daß die Vernunft nicht an sich dem Glücke feindlich ist, sondern nur durch die dem Denken sich anheftenden Vorurteile. Von diesen befreit, auf Erfahrung und Beobachtung gestützt, ist vielmehr die Vernunft auch eine Stütze unsres Glücks. Sie ist ein guter Führer, wenn sie selbst sich von der Natur führen läßt. Der Gebildete genießt ein höheres Glück als der Unwissende.304 Hier haben wir auch den ersten Grund der Wichtigkeit der Erziehung. Zwar ist die natürliche Organisation die erste und wichtigste Quelle unsres Glücks, aber die Erziehung ist die zweite, ebenfalls höchst wichtige. Sie vermag die Mängel unsrer Organisation mit ihren Vorzügen auszugleichen; ihr erster und höchster Zweck ist aber, durch die Wahrheit die Seele zu beruhigen. Es wird kaum nötig sein beizufügen, daß Lamettrie hier, wie Lucrez, vor allen Dingen auch die Beseitigung des Unsterblichkeitsglaubens im Auge hat. Er gibt sich dabei besondere Mühe, zu zeigen, daß Seneca305 und Descartes im Grunde gleicher Meinung gewesen seien. Der letztere namentlich erhält hier wieder große Lobsprüche; was er wegen der Theologen, die ihn zu verderben suchten, nicht habe lehren dürfen, das habe er wenigstens so vorbereitet, daß geringere[369] aber kühnere Geister nach ihm die Konsequenz von selbst hätten finden müssen.

Um nunmehr von dieser eudämonistischen Grundlage zu einem Tugendbegriff zu gelangen, benutzt Lamettrie den Staat und die Gesellschaft, Jedoch in einer von Hobbes306 wesentlich abweichenden Weise. Er stimmt mit diesem darin überein, daß es Tugend in einem absoluten Sinne des Wortes nicht gebe, daß nur relativ, und zwar in seiner Beziehung zur Gesellschaft, etwas gut und böse zu nennen sei. An die Stelle des starren Gebotes durch den Willen des Leviathan tritt aber hier die freie Beurteilung von Wohl und Weh der Gesellschaft durch das Individuum. Der Unterschied von Legalität und Moralität, welcher bei Hobbes gänzlich verschwindet, tritt hier wieder in seine Rechte, jedoch so, daß Gesetz und Tugend insofern aus der gleichen Quelle fließen, als beide gewissermaßen politische Institutionen sind. Das Gesetz ist da, um die Bösen zu schrecken und in Schranken zu halten; die Begriffe von Tugend und Verdienst sind der Reiz für die Guten, ihre Kräfte dem Gemeinwohl zu widmen.

Hier haben wir in der Art, wie Lamettrie die Förderung des Gemeinwohls durch das Gefühl der Ehre schildert, den ganzen Kern der Moraltheorie, welche Helvetius später so breit entwickelt, vor uns. Auch das wichtigste Moralprinzip, auf welches der Materialismus sich stützen kann, das Prinzip der Sympathie findet Erwähnung, aber nur beiläufig. »Man bereichert sich gewissermaßen durch Wohltun, und man nimmt teil an der Freude, welche man verursacht.« Die Beziehung auf das Ich verhindert Lamettrie, die allgemeine Wahrheit, welche er hier streift, in ihrem vollen Umfange zu erkennen. Wie ungleich reiner und schöner äußert sich Volney später im »Katechismus des französischen Bürgers«! Die Natur, heißt es da, hat den Menschen für die Gesellschaft organisiert. »Indem sie ihm Empfindungen gab, organisierte sie ihn so daß die Empfindungen andrer in ihm selbst sich spiegeln, und Mitempfindungen von Vergnügen, von Schmerz, von Teilnehmung erregen, welche ein Reiz und ein unauflösliches Band der Gesellschaft sind.« Freilich der »Reiz« fehlt auch hier nicht als Band zwischen der Sympathie und dem Prinzip der Selbstliebe, welches die ganze Reihe dieser französischen Moraltheoretiker von Lamettrie an nun einmal für unerläßlich hielt. – Mit kühner Sophistik leitet Lamettrie sogar die Verachtung der Eitelkeit, in welcher er den Gipfel der Tugend erkennt, aus der Eitelkeit ab. Das wahre Glück,[370] lehrt er, muß aus uns selbst, nicht von andern kommen. Es ist groß, wenn man die hundertstimmige Göttin zu Diensten hat, ihr Schweigen zu gebieten und sich selbst sein Ruhm zu sein. Wer gewiß ist, an Wert seine ganze Vaterstadt aufzuwiegen, verliert nichts an Ruhm, wenn er den Beifall seiner Mitbürger ablehnt und sich auf seine Selbstachtung beschränkt.

Es ist, wie man sieht, nicht die lauterste Quelle, aus welcher die Tugenden abgeleitet werden; aber die Tugenden sind doch vorhanden und anerkannt, und man hat keinen Grund anzunehmen, daß Lamettrie es damit nicht ernst gemeint habe. Wie aber sieht es mit seiner berüchtigten Entschuldigung oder gar Empfehlung der Laster aus?

Lamettrie erklärt von seinem Standpunkt ganz richtig, der ganze Unterschied zwischen den Guten und den Schlechten bestehe darin, daß bei jenen das öffentliche Interesse über das private überwiegt, bei diesen umgekehrt. Beide handeln mit Notwendigkeit. Daraus glaubt nun Lamettrie folgern zu müssen, daß die Reue schlechthin verwerflich sei, weil sie nur die Ruhe des Menschen beeinträchtige, ohne auf sein Handeln Einfluß zu üben.

Es ist interessant, wie hier gerade, am schlimmsten Punkt seines Systems, sich offenbar ein Widerspruch mit seinen eignen Grundsätzen eingeschlichen hat, und hier finden dann auch die Vorwürfe gegen seinen persönlichen Charakter am meisten Nahrung. Zeigen wir, um ihn weder zu gut noch zu schlecht erscheinen zu lassen wie er zu seiner Polemik gegen die Gewissensbisse gekommen ist! – Der Ausgangspunkt war offenbar die Beobachtung, daß uns Bedenken und Gewissensbisse infolge unsrer Erziehung oft bei Dingen anwandeln, welche der Philosoph nicht als verwerflich betrachten kann. Man hat dabei natürlich zunächst an das gesamte Verhalten des Individuums gegenüber der Religion und der Kirche zu denken, sodann aber vor allen Dingen an die vermeintlich harmlosen sinnlichen Genüsse, besonders in der geschlechtlichen Liebe. Auf diesem Gebiete ging nun einmal den französischen Schriftstellern dieses Zeitraumes, Lamettrie an der Spitze, das feinere Unterscheidungsvermögen ab, weil in der einzigen Gesellschaft, welche sie kannten, die Segnungen einer strengeren Ordnung des Familienlebens und der davon unzertrennlichen größeren Sittenreinheit ohnehin verloren und fast vergessen waren. Die exzentrischen Gedanken seiner systematischen Belohnung der Tugend und Tapferkeit durch den Genuß der schönsten Frauen, welche Helvetius[371] empfiehlt, finden bei Lamettrie ihr Vorspiel in der Klage, daß die Tugend einen Teil ihres natürlichen Lohnes durch unnütze und unbegründete Bedenklichkeiten einbüße. Die Verallgemeinerung dieses Satzes stützt sich sodann auf die Bezeichnung der Gewissensbisse als Reste eines früheren moralischen Zustandes, der gegenwärtig keine wahre Bedeutung mehr für uns hat.

Hier übersieht aber Lamettrie offenbar, daß er ausdrücklich der Erziehung die höchste Bedeutung für den einzelnen wie für die Gesellschaft beigelegt hat, und zwar in zwei Stufen. Zunächst dient die Erziehung, wie wir schon erwähnten, zur Verbesserung der Organisation des Individuums. Sodann aber schreibt Lamettrie auch der Gesellschaft das Recht zu, um des Gesamtwohls willen durch die Erziehung die Ausbildung derjenigen Vorstellungen zu befördern, welche den einzelnen dazu bringen, der Gesamtheit zu dienen und im Dienste der Gesamtheit, sogar unter persönlichen Opfern, sein Glück zu finden.

Wie nun aber der Gute das volle Recht hat, diejenigen Gewissensbisse in sich auszurotten, welche aus einer schlechten, die sinnlichen Genüsse mit Unrecht verdammenden Erziehung herrühren so wird der Schlechte, welchem Lamettrie immer noch so viel Glück gönnen möchte, als für ihn möglich ist, zur Beseitigung aller und jeder Gewissensbisse aufgefordert, weil er jedoch einmal nicht anders handeln könne und die strafende Gerechtigkeit ihn mit oder ohne seine Gewissensbisse doch früher oder später ereilen werde. Hier ist offenbar nicht nur durch die plumpe Einteilung der Menschen in »gute« und »schlechte« gefehlt, wobei die unendliche Mannigfaltigkeit der psychologischen Kombinationen guter und schlechter Motive übersehen wird, sondern es ist auch die psychologische Kausalität für die Gewissensbisse der Schlechten aufgehoben, während sie bei den Guten angenommen wird. Kann es vorkommen, daß diese sich durch einen Rest der anerzogenen Moral von harmlosen Genüssen abhalten lassen, so muß es offenbar auch möglich sein, daß die Schlechten durch einen gleichen Rest anerzogener Empfindungen sich von schlechten Taten abhalten lassen Auch ist evident, daß die im ersten Falle empfundene Reue zu einem hemmenden Motive im zweiten werden kann. Dies aber muß Lamettrie leugnen oder übersehen, um zu seiner radikalen Verwerfung aller Reue gelangen zu können.

Eine bessere Frucht seines Systemes ist die, daß er humane und möglichst milde Strafe verlangt. Die Gesellschaft muß um ihrer Erhaltung[372] willen die Schlechten verfolgen, aber sie soll ihnen nicht mehr Übles zufügen, als durch diesen Zweck gefordert wird. – Endlich sei noch bemerkt, daß Lamettrie seinem System auch dadurch mehr Rundung zu geben versucht, daß er behauptet, das Vergnügen mache den Menschen heiter, fröhlich und gefällig und sei also schon an sich ein wirksames Band der Gesellschaft, während die Entsagung den Charakter rauh, intolerant und also ungesellig mache. Man mag über dies Moralsystem urteilen wie man will, so kann man doch nicht leugnen, daß es durchdacht und reich an Gedanken ist, die ihre Bedeutung schon dadurch bewähren, daß sie später in breiter systematischer Ausführung bei andern wiederkehren und das Interesse der Zeitgenossen lebhaft in Anspruch nehmen. Inwiefern sich Männer wie Holbach, Helvetius, Volney bewußt waren, aus Lamettrie geschöpft zu haben, können wir nicht untersuchen. Sicher ist wohl, daß sie ihn alle gelesen haben und daß sie alle glaubten, weit über ihm zu stehen. Auch liegen in der Tat viele dieser Gedanken so im Charakter der Zeit, daß man zwar Lamettrie die Priorität, aber nicht die Originalität mit Sicherheit zuschreiben kann. Wie vieles von solchen Dingen zirkuliert mündlich, bevor es jemand wagt niederzuschreiben und drucken zu lassen! Wie vieles verbirgt sich in Werken verschiedenster Art in versteckter Ausdrucksweise, in hypothetischer Form, scheinbar scherzhaft hingeworfen, wo man es niemals gesucht hätte! Vor allen ist Montaigne für die französische Literatur eine fast unerschöpfliche Fundgrube verwegener Ideen, und Lamettrie beweist durch seine Zitate, daß er ihn fleißig gelesen hat. Nimmt man noch Bayle und Voltaire hinzu, von denen der letztere freilich erst nach Lamettries Auftreten seine radikalere Richtung eingeschlagen hat, so wird man leicht einsehen, daß es eines besonderen Studiums bedürfte, um überall festzustellen, was Reminiszenz, was eigner Gedanke Lamettries ist. So viel darf man dagegen mit gutem Gewissen behaupten, daß kaum ein Schriftsteller dieser Zeit weniger als er darauf ausgeht, sich mit fremden Federn zu schmücken. So selten wir genaue Zitate bei ihm finden, so häufig finden wir, daß er wenigstens mit einem Wort, mit einer Andeutung seine Vorgänger nennt; vielleicht eher beflissen, sich Gesinnungsgenossen zu machen, wo er allein steht, als umgekehrt, sich als Original hinzustellen, wo er es nicht ist.

Leicht mußte übrigens ein Schriftsteller wie Lamettrie auf die verwegensten[373] Ideen kommen, da er verwegene, die gewöhnliche Denkweise beleidigende Aussprüche nicht nur nicht scheut, sondern geradezu sucht. Man kann in dieser Beziehung keinen größeren Gegensatz finden, als zwischen der Parrhesie Montaignes und derjenigen Lamettries. Montaigne erscheint uns bei seinen gewagtesten Sätzen fast immer naiv und deshalb liebenswürdig. Er plaudert wie ein Mensch, der nicht die entfernteste Absicht hat, irgend jemanden zu verletzen, und dem plötzlich eine Äußerung entschlüpft, deren Tragweite er selbst gar nicht zu bemerken scheint, während sie den Leser erschreckt oder in Staunen setzt, sobald er sie fixiert und bei ihr verweilt. Lamettrie ist nirgends naiv. Studierte Effekthascherei ist sein schlimmster Fehler, aber auch derjenige Fehler, der sich am meisten gerächt hat, weil er seinen Gegnern die Entstellung des eigentlichen Gedankens sehr leicht macht. Selbst anscheinende Widersprüche in seinen Behauptungen erklären sich (abgesehen von jener verstellten Selbstbekämpfung, die er der Anonymität wegen oft aufführt) sehr häufig aus dem übertriebenen Ausdruck eines Gegensatzes, der gar nicht als Verneinung, sondern nur als teilweise Einschränkung zu verstehen ist.

Die gleiche Eigenschaft macht diejenigen Produkte Lamettries so besonders widerwärtig, in denen er eine gewissermaßen poetische Verherrlichung der Wollust gesucht hat. Schiller sagt von den Freiheiten der Poesie gegenüber den Gesetzen des Anstandes: »nur die Natur kann sie rechtfertigen« und »nur die schöne Natur kann sie rechtfertigen«. In beiden Beziehungen sind durch die bloße Anlegung dieses Maßstabes Lamettries »volupté« und »l'art de jouir« als Literaturprodukte aufs schärfste gerichtet. Ueberweg sagt mit Recht von diesen Werken, daß sie »in einer noch mehr künstlich überspannten als frivolen Weise« den sinnlichen Genuß zu rechtfertigen suchen.307 Ob auch der Mensch in sittlicher Hinsicht schärfer zu beurteilen ist, wenn er dergleichen einem Prinzip zuliebe erkünstelt, als wenn es mit natürlichem Behagen aus seiner Feder strömt, lassen wir dahingestellt.

Auf alle Fälle brauchen wir es Friedrich dem Großen nicht so sehr zu verübeln, daß er sich dieses Mannes annahm und ihn, als ihm selbst in Holland der Aufenthalt verboten wurde, nach Berlin berufen ließ, wo er Vorleser des Königs wurde, eine Stelle an der Akademie erhielt und seine ärztliche Praxis wieder aufnahm. Der »Ruf eines Philosophen und eines Unglücklichen«, sagt der König in seinem éloge, »genügten, um Herrn Lamettrie ein Asyl in Preußen[374] zu verschaffen«. Er ließ also den »Homme machine« und die »Naturgeschichte der Seele« als Philosophie gelten. Wenn er selbst später sich über Lamettries Werke sehr geringschätzig äußerte, so hat er dabei ohne Zweifel hauptsächlich jene eben erwähnten Produkte im Auge; seinen persönlichen Charakter beurteilte der König nicht nur in jener offiziellen Gedächtnisrede, sondern auch in vertraulichen Äußerungen durchaus günstig. Dies fällt um so mehr ins Gewicht, da Lamettrie, wie wir wissen, sich am Hofe viele Freiheiten herausnahm und sich in Gesellschaft des Königs sehr ungezwungen gehen ließ.

Am meisten hat Lamettrie seiner Sache durch seinen Tod geschadet. Hätte der neue Materialismus nur Vertreter gehabt wie Gassendi, Hobbes, Toland, Diderot, Grimm und Holbach, so würde den Fanatikern, die so gern ihre Urteile auf verschwindende Einzelheiten begründen, eine erwünschte Gelegenheit zu Verdammungsurteilen über den Materialismus entgangen sein. Kaum war Lamettrie seines neuen Glückes am Hofe Friedrichs des Großen einige Jahre froh geworden, als der französische Gesandte Tirconnel, den jener von einer schweren Krankheit glücklich geheilt hatte, ein Genesungsfest veranstaltete, welches den leichtsinnigen Arzt ins Grab stürzte. Er soll in prahlerischer Schaustellung seiner Genußfähigkeit und wohl auch im Trotz auf seine Gesundheit eine ganze Trüffelpastete verzehrt haben, worauf er sofort unwohl wurde und im Hause des Gesandten an einem hitzigen Fieber unter heftigem Delirium starb. Dieser Fall machte um so größeres Aufsehen, als damals gerade auch die Euthanasie der Atheisten zu den lebhaft besprochenen Zeitfragen gehörte. Im Jahre 1712 war ein französisches Werk erschienen, als dessen Hauptverfasser man Deslandes angibt, in dem ein Verzeichnis der großen Männer gegeben wird, die unter Scherzen gestorben sind. Das Buch war 1747 in deutscher Übersetzung erschienen und stand in frischem Angedenken. So mangelhaft es war, so erhielt es doch eine gewisse Bedeutung durch seine Opposition gegen die gewöhnliche orthodoxe Lehre, welche nur den Tod in Verzweiflung oder im Frieden mit der Kirche anerkennt. Wie man darüber hin und her disputierte, ob ein Atheist sittlich leben könne und ob also – nach Bayles Hypothese – ein Staat von Atheisten möglich sei, so stritt man auch über die Frage, ob ein Atheist ruhig sterben könne. Ganz entgegen der Logik, welche die einzige negative Instanz, wo es sich um die Bildung eines allgemeinen Satzes handelt, über eine ganze Reihe positiver[375] stellt, pflegt das Vorurteil in solchen Fällen einen einzigen seiner Behauptung günstigen Fall mehr zu beachten, als alle ungünstigen. Lamettries Hinscheiden im Fieberdelirium infolge des Verschlingens einer großen Trüffelpastete ist aber ein Gegenstand, der geeignet ist, den engen Horizont eines Fanatikers so vollständig auszufüllen, daß keine andre Vorstellung mehr Platz hat. Übrigens ist die ganze Geschichte, welche so viel Aufsehen gemacht hat, was die Hauptsache betrifft, nämlich die eigentliche Todesursache, noch nicht einmal über den Zweifel erhaben. Friedrich der Große sagt in der Gedächtnisrede über seinen Tod nur: »Herr Lamettrie starb im Hause des Mylord Tirconnel, des französischen Bevollmächtigten, dem er das Leben wieder gegeben hatte. Es scheint, daß die Krankheit, wohl wissend, mit wem sie es zu tun haue, die Geschicklichkeit besaß, ihn zuerst beim Gehirn anzupacken, um ihn desto sicherer umzubringen. Er zog sich ein hitziges Fieber mit heftigem Delirium zu. Der Kranke war gezwungen, zu der Wissenschaft seiner Kollegen seine Zuflucht zu nehmen, und er fand darin nicht die Hilfe, welche er so oft, sowohl für sich als für das Publikum, in seinen eignen Kenntnissen gefunden hatte.« Ganz anders freilich äußert sich der König in einem vertraulichen Briefe an seine Schwester, die Markgräfin von Bayreuth.308 Hier wird erwähnt, daß sich Lamettrie durch Verzehren einer Fasanpastete eine Indigestion zugezogen habe. Als eigentliche Todesursache scheint jedoch der König einen Aderlaß zu betrachten, den Lamettrie sich selbst verordnete, um den deutschen Ärzten, mit denen er über diesen Punkt im Streite lag, die Zweckmäßigkeit des Aderlasses in diesem Falle zu beweisen.[376]

281

Vgl. Zeller, Gesch. d. deutschen Philos. seit Leibniz, München 1873, S. 304 und S. 396 u. ff. – Ausdrücke wie: »ebensowenig tut Condillac schon den Schritt vom Sensualismus zum Materialismus«, »Weiter ging Helvetius« – – »bei ihm hat der Sensualismus schon eine unverkennbare Neigung zum Materialismus« (S. 397) und sodann: »noch stärker tritt diese Denkweise bei einem Lamettrie, einem Diderot und Holbach hervor« werden vom Leser unwillkürlich im Sinne einer chronologischen Folge verstanden, womit dann, wenigstens in Beziehung auf Lamettrie, eine irrtümliche Auffassung seiner Stellung in der Geschichte der Philosophie unmittelbar gegeben ist. – Übrigens ist die ganze Hegelsche Auffassung dieser Folge auch vom Standpunkt der logischen Konsequenz total falsch. In Frankreich ist der Fortgang von Condillac zu Holbach ganz einfach daraus zu erklären, daß der Materialismus als der populäre Standpunkt eine wirksamere Waffe gegen den religiösen Glauben angab. Nicht weil die Philosophie vom Sensualismus zum Materialismus fortschritt, wurde Frankreich revolutionär, sondern weil Frankreich (durch tiefer liegende Ursachen) revolutionär wurde, griffen die oppositionellen Philosophen zu immer einfacheren (primitiveren) Standpunkten und Naigeon, welcher die Schriften Holbachs und Diderots abkürzt, ist zuletzt der wahre Mann des Tages. Bei ungestörter theoretischer Fortentwicklung führt der Empirismus (z.B. Baco) zunächst zum Materialismus (Hobbes), dieser zum Sensualismus (Locke) und aus diesem entwickeln sich Idealismus (Berkeley) und Skepsis oder Kritizismus (Hume und Kant). Dies wird für die Zukunft noch entschiedener gelten, seit sich selbst die Naturforscher daran gewöhnt haben, daß uns die Sinne nur eine »Welt als Vorstellung« geben. Dessenungeachtet kann diese Folge jeden Augenblick durch den oben erwähnten praktischen Einfluß getrübt werden, und bei den größten Revolutionen, von deren tief im »Unbewußten« verborgenen inneren Gründen wir bis jetzt fast nur die ökonomische Seite kennen, ist zuletzt auch der Materialismus nicht mehr populär und durchschlagend genug, und es tritt Mythus gegen Mythus, Glauben gegen Glauben.

282

Kuno Fischer, Franz Baco von Verulam, Leipz. 1856, S. 426: »Lockes systematischer Fortbildner ist Condillac, dem die Enzyklopädisten folgen... Er läßt nur eine Konsequenz noch übrig: den Materialismus in nackter Gestalt. Die Holbachianer bilden ihn aus in Lamettrie und dem Système de la nature.«

283

Hettner II. S. 388 (statt 1748 steht als Datum des »homme machine« irrtümlich 1746). – Schlossers Weltgesch. f. d. deutsche Volk XVI. (1854), S. 145.

284

Vgl. Rosenkranz, Diderot, I. S. 136.

285

Vgl. Zimmermann, Leben des Herrn von Haller, Zürich 1855, S. 226 u. ff.

286

In den biographischen Angaben folgen wir, hie und da wörtlich, der von Friedrich dem Großen verfaßten Eloge de M. de la Mettrie in Histoire de l'Académie Royale des sciences et belles lettres. Année 1750. Berlin 1752. 4. p. 3-8.

287

In der 1. Aufl. war nach Zimmermann, Leben des Herrn v. Haller, S. 226 das Jahr 1747 (Ende) als Zeit des Erscheinens des h. m. angegeben. Quérard, France littéraire (woselbst die reichhaltigste und genaueste, wiewohl immer noch nicht vollständige Aufzählung der Werke Lamettries) gibt das Jahr 1748 an. Übrigens begab sich Lamettrie nach den éloge Friedrichs des Großen schon im Februar 1748 nach Berlin.

288

In Lamettries phil. Werken unter dem veränderten Titel »traité de l'âme«. Daß dies Werk mit der hist. nat. identisch ist, geht u. a. aus einer Bemerkung des Verf. Kap. XV., hist. VI des traité hervor: »On parlait beaucoup a Paris, quand j'y publiai la première édition de cet ouvrage, d'une fille sauvage« usw. (Bei dieser Gelegenheit sei bemerkt, daß in der Bezeichnung der Kapitel, wie überhaupt in der ganzen Einteilung des Werkes in den Ausgaben eine große Verwirrung herrscht. Von den vier Ausgaben, welche ich vor mir habe, bezeichnet die älteste, Amsterdam 1752, 12° diesen Abschnitt als »histoire VI«, was wahrscheinlich das richtige ist. Es folgt dann auf Kap. XV. ein Anhang von 7 Abschnitten, von denen die 6 ersten als histoire I., II., usw., der siebente, die »Belle conjecture d' Arnobe« enthaltend, als § VII. bezeichnet ist. Ebenso in der Ausg. Amsterdam 1774, 12°. Die Ausgaben dagegen Berlin 1774, 8° und Amsterdam 1774, 12° lassen hier Kap. VI. folgen, während die Reihenfolge der Kapitel die Zahl XVI. fordert.)

289

Hier folgt noch am Schlusse des 7. Kapitels eine Stelle, welche in sehr bezeichnender Weise andeutet, wenn sie nämlich nicht etwa der späteren Bearbeitung der hist. nat. angehört, und also erst nach Abfassung des »homme machine« eingefügt ist. Lamettrie sagt nämlich, bevor er auf die vegetative Seele eingehe, müsse er einen Einwand beantworten. Man habe ihm bemerkt, wie er denn Descartes' Ansicht von den Tieren als Maschinen für absurd erklären könne, während er doch selbst in den Tieren kein von der Materie verschiedenes Prinzip annehme. Lamettrie antwortet mit einem einzigen Worte: weil Descartes seinen Maschinen die Empfindung abspricht. Die Anwendung auf den Menschen ist mit Händen zu greifen. Lamettrie verwirft nicht die Vorstellung des Mechanischen in der Maschine, sondern nur diejenige der Empfindungslosigkeit. – Man siehe hier übrigens auch wieder klar, in wie naher Beziehung Descartes zum Materialismus steht!

290

Man beachte die Behutsamkeit und den Scharfsinn, mit welchem der »unwissende und oberflächliche« Lamettrie hier zu Werke gehe. Er hätte gewiß nicht den in der 1. Aufl. S. 440 besprochenen Fehler Moleschotts bei Beurteilung des Falles von Jobert de Lamballes gemacht. Wenn Kopf und Rückenmark getrennt sind, so mußte man nach Lamettrie das Rückenmark fragen, ob es Empfindung habe, nicht den Kopf. – Auch darauf sei hier verwiesen, daß Lamettrie den Standpunkt Robinets wenigstens als denkbar schon antizipiert.

291

Kap. XV., einschließlich des Anhangs; vgl. Anm. 62.

292

Vgl. die sehr interessante Stelle bei Arnobins, adversus nationes I., c. 20 u. ff. (p. 150 ff. ed. Hildebrand, Halis Sax. 1844), wo in der Tat zur Widerlegung der platonischen Ansicht von der Seele diese Annahme in breitester Ausführung aufgestellt und besprochen wird. Lamettrie gibt die Hypothese des Arnobius schon bedeutend abgekürzt; im Text sind nur die leitenden Gedanken kurz wiedergegeben.

293

Die sehr scharfsinnige Bemerkung Lamettries gegen Locke (indirekt also auch gegen Voltaire) lautet wörtlich: »Les métaphysiciens qui ont insinué que la matière pourroit bien avoir la faculté de penser, n'ont pas déshonoré leur raison. Pourquoi? c'est qu'ils ont un avantage (car ici c'en est un) de s'être mal exprimes. En effet, demander si la matière peut penser, sans la considérer autrement qu'en elle-même c'est demander si la matière peut marquer les heures. On voit d'avance que nous éviterons cet écueil, ou M. Locke a eu le melheur d'échouer.« Homme machine, p. 1 u. 2 ed. Amsterd. 1744. – Lamettrie will ohne Zweifel sagen, wenn man nur die Materie an sich betrachtet, ohne das Verhältnis von Kraft und Stoff mit zu berücksichtigen, so kann man die berühmte Lockesche Frage sowohl bejahen als auch verneinen, ohne daß damit irgend etwas entschieden wird. Die Materie der Uhr kann die Stunden zeigen oder nicht, je nachdem man von einer aktiven oder passiven Fähigkeit redet. So könnte auch das materielle Gehirn in gewissem Sinne denken, indem es von der Seele wie ein Instrument zum Ausdruck der Gedanken bewege wird. Die wahre Frage ist die, ob die Kraft zu denken, welche man auf jeden Fall begrifflich vom Stoff trennen kann, in Wahrheit ein notwendiger Ausfluß desselben ist oder nicht. Die Frage hat Locke umgangen.

294

Le spectacle de la nature, ou entretiens sur l'histoire naturelle ee les sciences, Paris 1732 u. ff., 9 vol., 2. Aufl. La Haye 1743, 8 vol., erschien anonym, der Verfasser ist nach Quérard (übereinstimmend mit Lamettrie, welcher ihn mit Namen nenne) der Abbé Pluche.

295

Bei der Behandlung des Gehirns in seinem Verhältnisse zu den Geisteskräften ist es besonders auffallend, wie gleichartig die ganze Argumentation des heutigen Materialismus noch mit derjenigen Lamettries ist. Dieser behandele den Gegenstand ziemlich ausführlich, während im Text nur die Hauptpunkte kurz notiere sind. Lamettrie (der »unwissende«) hat namentlich das epochemachende Werk von Willis über die Anatomie des Gehirns fleißig studiert und alles daraus entnommen, was seinem Zwecke dienen kann. Er kenne daher schon die Bedeutung der Windungen des Gehirns, den Unterschied in der relativen Entwicklung verschiedener Hirnteile bei höheren und niederen Tieren, usw.

296

Die ausführliche Diskussion dieses Problems findet man S. 22 u. ff. der Ausg. Amsterdam 1774. – Was die Methode Ammanns betrifft, so gibt Lamettrie in der »Naturg. d. Seele« eine bis ins einzelne gehende Auskunft über dieselbe; ein Beweis, wie ernsthaft er sich mit diesem Gegenstande beschäftigt hat.

297

In der 1. Aufl. war hier irrtümlich angenommen, Lamettrie stimme mit Diderot überein, während er ihn als Deisten und Teleologen bekämpft und sein »Universum«, mit dessen Gewicht er den Atheisten »zermalmen« will, verspottet. Dagegen darf allerdings nicht verschwiegen werden, daß Diderot unmittelbar nach jener Stelle, welche auch Rosenkranz I., S. 40 u. f. für den Deismus Diderots anführt, ein Kapitel (21 ) von total entgegengesetzter Tendenz folgen läßt. Diderot bekämpfe hier das (neuerdings von E. v. Hartmann reproduzierte) Argument für die Teleologie aus der mathematischen Unwahrscheinlichkeit des Zweckmäßigen als eines bloßen Spezialfalles zweckfreier Kombinationen von Ursachen. Die Kritik Diderots zerstöre den Schein dieses Arguments gründlich, wenn auch noch nicht mit derjenigen Allseitigkeit und Evidenz, welche sich aus den von Laplace aufgestellten Prinzipien ergibt. Es ergibt sich dabei die sehr interessante Frage, ob nicht Diderot mit diesem Kapitel für den Kundigen den ganzen Eindruck des vorhergehenden absichtlich habe zerstören wollen, während er für die Masse der Leser den Schein eines gläubigen Deismus beibehielt. Man kann freilich auch annehmen, und diese Annahme scheine uns die richtige, daß die Prämissen zu ganz entgegengesetzten Schlußfolgerungen damals in Diderots Seele noch ebenso unvermittelt nebeneinander lagen, wie sie in den beiden Kapiteln seiner Schrift nebeneinander ihren Ausdruck gefunden haben. Wer aber die Ansicht durchführen möchte, daß Diderot schon damals zum Atheismus geneigt habe, wird sich hauptsächlich auf dies Kapitel stützen müssen. Lamettrie übrigens, der für das Mathematische wenig Sinn hatte, scheine die Bedeutung dieses Kapitels (welche auch Rosenkranz entgangen ist) nicht verstanden zu haben. Er nenne die »pensées philosophiques« »sublime ouvrage, qui ne convaincra pas un athée«, allein nirgends betrachtet er die Bekämpfung des Atheismus bei Diderot als eine versteckte Empfehlung desselben. – Hiernach ist auch die Anregung Lamettries durch Diderot auf das gebührende Minimum zurückzuführen. Wir haben gezeigt, daß der »homme machine« prinzipiell schon in der »hist. natur.« (1745) enthalten war. – Vgl. Oeuvres de Denis Diderot, I., p. 110 u. f., Paris 1818; pensées philos. c. 20 u. 21. – Rosenkranz, Diderot, I., S. 40 u. f. – Oéuvres phil. de M. de la Mettrie, Amsterd. 1747, III. p. 54 u. f., Berlin 1747, I., p. 327.

298

Auch hier finden wir, wie Lamettrie die neuesten Forschungen auf dem Gebiete der Naturwissenschaften eifrig verfolge und mit seinen Spekulationen in Verbindung bringt. Trembleys wichtigste Publikationen über die Polypen fallen in die Jahre 1744-47.

299

Über die mechanischen Kunstwerke Vaucansons und die noch kunstvolleren der beiden Droz, Vater und Sohn, vgl. Helmholtz, über die Wechselwirk. der Naturkräfte, Vortrag vom 7. Febr. 1854, wo der Zusammenhang dieser uns als kindliche Spielerei erscheinenden versuche mit der Entwicklung der Mechanik und mit den Erwartungen, welche man von derselben hegte, sehr richtig nachgewiesen ist. – Vaucanson kann in gewissem Sinne ein Vorläufer Lamettries in der Idee des »homme machine« genannt werden. Die beiden Droz mit ihren noch größeren Leistungen (der schreibende Knabe und das Klavier spielende Mädchen) waren Lamettrie noch unbekannt. Vaucansons Flötenbläser wurde zuerst 1738 in Paris gezeigt.

300

Die erste Ausgabe der »Naturgesch. der Seele« führte sich ein als eine Übersetzung aus dem Englischen des Herrn Sharp (so nach Quérard, France littér.) oder Charp (so im »homme machine«, wo »le prétendu M. Charp« bekämpft wird, in den Ausg. der oeuvres phil. von 1764 Amsterd., 1774 Amsterd., u. 1774 Berlin).

301

In der Rezension des »homme machine« in Windheims Götting. phil. Bibliothek 1. Bd., Hannover 1849, S. 197 u. ff. heißt es: »Wir bemerken nur noch, daß diese Schrift bereits zu London unter folgendem Titel bei Owen im Homerskopfe herausgekommen ist: Man a Machine. Translated of the French of the Marquis d'Argens, und daß der Verfasser die im Jahre 1745 herausgekommene Histoire de l'âme ziemlich ausgeschrieben habe, worin gleichfalls der Materialismus verteidiget wird.« – Lamettries Plagiate an sich selbst können, wie wir hier sehen, wohl dazu beigetragen haben, ihm den Ruf zuzuziehen, daß er sich mit fremden Federn schmücke. – Das franz. Original enthielt eine (in der Ausg. Berlin 1774 abgedruckte) Vorrede des Verlegers Elie Luzak (vermutlich auch von Lamettrie verfaßt, der unter dem gleichen Namen später auch die Gegenschrift »l'homme plus que machine« erscheinen ließ), in welcher es heißt, das Manuskript sei ihm von unbekannter Hand aus Berlin geschickt worden, mit der Bitte, 6 Exemplare des Werkes an den Marquis d'Argens zu schicken; er sei aber überzeugt, daß auch diese Adresse nur eine Persiflage sei.

302

Nur wenn man einzelne Stellen bei Lamettrie aus ihrem Zusammenhange reißt, kann der Schein einer Empfehlung des Lasters entstehen; umgekehrt ist es bei Mandeville gerade der Zusammenhang seiner Ideen, der Grundgedanke einer in wenigen Zeilen ausgesprochenen, aber sehr bestimmten und heutzutage ohne alle Ostentation sehr verbreiteten Weltanschauung, welcher das Laster rechtfertigt. Das Stärkste, was Lamettrie in dieser Richtung gesagt hat, ist wohl die Stelle im discours sur le bonheur p. 176 u. f., deren kurzer Sinn ist: »Wenn du von Natur ein Schwein bist, so wälze dich im Kot wie die Schweine, denn du bist keines höheren Glücks fähig und allfällige Gewissensbisse würden das einzige Glück, dessen du fähig bist, nun schmälern, ohne irgend jemandem zu nützen.« Die Bedingung ist aber eben, daß man ein Schwein in Menschengestalt sei, was nicht gerade einladend genannt werden kann. Man vergleiche damit folgende, von Hettner, Literaturg. I., S. 210 mitgeteilte Stelle aus der Nutzanwendung der Bienenfabel: »Nur Narren können sich schmeicheln, die Reize der Erde zu genießen, berühmt im Kriege zu werden; behaglich zu leben und doch zugleich tugendhaft zu sein. Steht ab von diesen leeren Träumereien. Trug, Ausschweifung, Eitelkeit sind nötig, damit wir aus ihnen eine süße Frucht ziehen.... Das Laster ist für die Blüte eines Staates ebenso notwendig wie der Hunger für das Gedeihen der Menschen.« – Ich erinnere mich, in einer seither eingegangenen Zeitschrift (»Internationale Revue«, Wien, Arnold Hilbergs Verlag) einen Versuch gelesen zu haben, mit ausdrücklicher Beziehung auf diese Stelle meiner Gesch. d. Mat., auch Mandeville zu retten. Der Versuch wird so angestellt, daß der Inhalt der Bienenfabel mitgeteilt und darauf verwiesen wird, daß derselbe doch nichts enthalte, was heutzutage so gar unerhört erscheinen könne. Dies habe ich aber auch niemals behauptet. Ich bin im Gegenteil der Ansicht, daß die Theorie der extremen Manchesterschule und die praktische Moral der Gründer und andrer sehr ehrenwerter Kreise der heutigen Gesellschaft nicht etwa nur zufällig mit Mandevilles Bienenfabel übereinstimmen, sondern historisch und prinzipiell aus der gleichen Quelle fließen. Insofern dadurch auch Mandeville als Vertreter eines großen historischen Gedankens wenigstens über die Sphäre eines rein persönlichen und individuellen Behagens am Laster erhoben wird, habe ich nichts dagegen einzuwenden. Ich halte nur daran fest: Mandeville hat das Laster empfohlen; Lamettrie nicht.

303

Kants Kritik d. Urteilskraft, § 54, V., S. 346 ed. Hartenstein. –

304

»Toutes choses égales, n'est-il pas vrai que le savant, avec plus de lumières, sera plus heureux que l'ignorant?« p. 112 u. 113 ed. Amsterd. 1774.

305

Der »discours sur le bonheur« oder »Anti-Senèque« diente ursprünglich als Einleitung zu einer von Lamettrie verfaßten Übersetzung der Schrift Senecas »de vita beata.« – Über das Interesse der Franzosen an Seneca vgl. Rosenkranz, Diderot, II., S. 352 u. ff.

306

Gegen Schluß der Abhandlung, S. 188 ed. Amsterd. 1774, behauptet Lamettrie, weder von Hobbes noch von Milord S.... (Shaftesbury?) etwas entlehnt zu haben; der habe alles aus der Natur geschöpft. Es ist aber klar, daß damit, die bona fides der Behauptung angenommen, der Einfluß dieser Vorgänger auf die Entstehung seiner Denkweise durchaus nicht beseitigt wird.

307

Vgl. Schiller, über naive und sentimentalische Dichtung, X., S. 480 u. ff. der hist.-krit. Ausgabe, XII., S. 219 u. f. der älteren kleinen Ausgabe. – Ueberweg, Grundriß, III. (3. Aufl.) S. 143.

308

Dieser Brief, in welchem sich auch das oben erwähnte ungünstige Urteil über Lamettrie als Schriftsteller findet (»Il était gai, bon diable, bon médecin et très-mauvais auteur; mes en ne lisant pas ses livres, il y avait moyen d'en être tres-content«), ist datiert vom 21. Nov. 1751 – ein Auszug findet sich in der nouv. bibliogr. générale unter »Lamettrie«.

Quelle:
Friedrich Albert Lange: Geschichte des Materialismus und Kritik seiner Bedeutung in der Gegenwart. Frankfurt am Main 1974, S. 344-377.
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