[109] 10. Austausch der Herzen

Gung Hu von Lu und Tsi Ying von Dschau waren beide krank und baten gemeinsam den Biän Tsüo, um Heilung zu erlangen. Biän Tsüo heilte sie. Als sie beide gesund waren, redete er zu Gung Hu und Tsi Ying also: »Die Krankheit, die ihr eben hattet, war von außen in die Eingeweide eingedrungen und konnte daher mit Arzneien geheilt werden. Nun habt ihr aber auch eine Krankheit, die mit euch zusammen geboren ist und mit euch zusammen wächst. Wie wäre es, wenn ich sie euch kurierte?« Die beiden Männer sprachen: »Wir möchten gerne erst das Ergebnis der Untersuchung hören.«

Biän Tsüo sprach zu Gung Hu: »Dein Wille ist stark und deine Kraft ist schwach, darum mangelt es dir nicht an Vorsätzen, wohl aber an der Ausführung. Tsi Yings Wille ist schwach und seine Kraft ist stark, darum denkt er zu wenig und leidet an Eigensinn. Wenn ich eure Herzen austausche, so kommt ihr ins rechte Gleichgewicht.«

Biän Tsüo gab den beiden nun einen giftigen Wein zu trinken, daß sie bewußtlos wurden drei Tage lang. Dann schnitt er ihnen die Brust auf, nahm die Herzen heraus und setzte sie vertauscht wieder ein. Dann gab er ihnen einen Göttertrank. Da kamen sie wieder zu sich wie zuvor. Die beiden verabschiedeten sich und kehrten heim.

Nun aber ging Gung Hu in das Haus des Tsi Ying und nahm dessen Weib und Kinder in Besitz. Weib und Kind aber kannten ihn nicht. Ebenso ging Tsi Ying nach dem Hause des Gung Hu und nahm dessen Weib und Kind. Ebensowenig[109] kannten ihn Weib und Kind. Die beiden Häuser stritten darob miteinander und baten den Biän Tsüo um Entscheidung. Biän Tsüo machte ihnen die Gründe klar. Da hatte der Streit ein Ende.

Quelle:
Liä Dsi: Das wahre Buch vom quellenden Urgrund. Stuttgart 1980, S. 109-110.
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