III. Die Späteren

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Ricardo reproduziert ziemlich wörtlich A. Smiths Theorie:

»Man muß darüber einverstanden sein, daß alle Produkte eines Landes konsumiert werden, aber es macht den denkbar größten Unterschied, ob sie konsumiert werden[388] durch solche, die einen andern Wert reproduzieren, oder durch solche, die dies nicht tun. Wenn wir sagen, Revenue wird aufgespart und zum Kapital geschlagen, so meinen wir damit, daß der zum Kapital geschlagne Teil der Revenue durch produktive Arbeiter konsumiert wird, statt durch unproduktive.« (»Principles«, p. 163.)

In der Tat hat Ricardo A. Smiths Theorie über die Auflösung des Warenpreises in Arbeitslohn und Mehrwert (oder variables Kapital und Mehrwert) völlig akzeptiert. Worüber er mit ihm streitet ist 1. über die Bestandteile des Mehrwerts: er eliminiert die Grundrente als notwendiges Element desselben; 2. Ricardo zerfällt den Warenpreis in diese Bestandteile. Die Wertgröße ist also das Prius. Die Summe der Bestandteile ist als gegebne Größe vorausgesetzt, von ihr wird ausgegangen, nicht wie A. Smith oft umgekehrt und im Gegensatz zu seiner eignen tiefern Einsicht tut, die Wertgröße der Ware post festum durch Addition der Bestandteile hervorgebracht.

Ramsay bemerkt gegen Ricardo:

»Ricardo vergißt, daß das ganze Produkt nicht nur zwischen Arbeitslohn und Profit sich verteilt, sondern daß auch ein Teil nötig ist zum Ersatz des fixen Kapitals.« (»An Essay on the Distribution of Wealth«, Edinburgh 1836, p. 174.)

Ramsay versteht unter fixem Kapital dasselbe, was ich unter konstantem verstehe:

»Fixes Kapital existiert in einer Form, in der es zwar zur Herstellung der in Arbeit begriffnen Ware beiträgt, aber nicht zum Unterhalt der Arbeiter.« (p. 59.)

A. Smith sträubte sich gegen die notwendige Konsequenz seiner Auflösung des Warenwerts, also auch des Werts des gesellschaftlichen Jahresprodukts, in Arbeitslohn und Mehrwert, also in bloße Revenue: die Konsequenz, daß alsdann das ganze Jahresprodukt verzehrt werden könne. Es sind nie die originellen Denker, welche die absurden Konsequenzen ziehn. Sie überlassen das den Says und MacCullochs.

Say macht sich die Sache in der Tat leicht genug. Was für den einen Kapitalvorschuß, ist für den andern Revenue und Nettoprodukt oder war es; der Unterschied zwischen Brutto- und Nettoprodukt ist rein subjektiv, und

»so hat sich der Gesamtwert aller Produkte in der Gesellschaft als Revenue verteilt«. (Say, »Traité d'Écon. Pol.«, 1817, II, p. 64.) »Der Gesamtwert eines jeden Produkts setzt sich zusammen aus den Profiten der Grundbesitzer, der Kapitalisten und der Gewerbfleißigen« 〈der Arbeitslohn figuriert hier als profits des industrieux!}, »die zu seiner Herstellung beigetragen haben. Dies macht, daß die Revenue der Gesellschaft[389] gleich ist dem produzierten Bruttowert, nicht wie die Sekte der Ökonomisten« 〈die Physiokraten} »meinten, nur gleich dem Nettoprodukt des Bodens.« (p. 63.)

Diese Entdeckung Says hat u.a. auch Proudhon sich angeeignet.

Storch, der ebenfalls A. Smiths Doktrin im Prinzip akzeptiert, findet jedoch, daß Says Nutzanwendung nicht haltbar ist.

»Wenn man zugibt, daß die Revenue einer Nation ihrem Bruttoprodukt gleich ist, d.h. kein Kapital« 〈soll heißen kein konstantes Kapital} »in Abzug zu bringen ist, so muß man auch zugeben, daß diese Nation den ganzen Wert ihres jährlichen Produkts unproduktiv verzehren kann, ohne ihrer künftigen Revenue den geringsten Abbruch zu tun... Die Produkte, die das« 〈konstante} »Kapital einer Nation ausmachen, sind nicht konsumabel.« (Storch, »Considérations sur la nature du revenu national«, Paris 1824, p. 147, 150.)

Wie aber die Existenz dieses konstanten Kapitalteils mit der von ihm angenommenen Smithschen Preisanalyse stimmt, wonach der Warenwert nur Arbeitslohn und Mehrwert, aber keinen konstanten Kapitalteil enthält, hat Storch vergessen zu sagen. Es wird ihm nur vermittelst Say klar, daß diese Preisanalyse zu absurden Resultaten führt, und sein eignes letztes Wort hierüber lautet:

»daß es unmöglich ist, den notwendigen Preis in seine einfachsten Elemente aufzulösen«. (»Cours d'Écon. Pol.«, Pétersbourg 1815, II, p. 141.)

Sismondi, der sich besonders mit dem Verhältnis von Kapital und Revenue zu schaffen und in der Tat die besondre Fassung dieses Verhältnisses zur differentia specifica seiner »Nouveaux Principes« macht, hat nicht ein wissenschaftliches Wort gesagt, nicht ein Atom zur Klärung des Problems beigetragen.

Barton, Ramsay und Cherbuliez machen Versuche, über die Smithsche Fassung hinauszugehn. Sie scheitern, weil sie von vornherein das Problem einseitig stellen, indem sie den Unterschied von konstantem und variablem Kapitalwert nicht klar abschälen von dem Unterschied von fixem und zirkulierendem Kapital.

Auch John Stuart Mill reproduziert mit gewohnter Wichtigtuerei die von A. Smith auf seine Nachfolger vererbte Doktrin.

Resultat: Die Smithsche Gedankenwirre existiert fort bis zur Stunde, und sein Dogma bildet orthodoxen Glaubensartikel der politischen Ökonomie.[390]

Quelle:
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Berlin 1963, Band 24, S. 388-391.
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