II. Wertsteigerung und Entwertung, Freisetzung und Bindung von Kapital

[120] Die Phänomene, die wir in diesem Kapitel untersuchen, setzen zu ihrer vollen Entwicklung das Kreditwesen und die Konkurrenz auf dem Weltmarkt voraus, der überhaupt die Basis und die Lebensatmosphäre der kapitalistischen Produktionsweise bildet. Diese konkreteren Formen der kapitalistischen Produktion können aber nur umfassend dargestellt wer den, nachdem die allgemeine Natur des Kapitals begriffen ist; zudem liegt ihre Darstellung außer dem Plan unsers Werks und gehört seiner etwaigen Fortsetzung an. Nichtsdestoweniger können die in der Überschrift bezeichneten Erscheinungen hier im allgemeinen behandelt werden. Sie hängen zusammen, erstens untereinander und zweitens sowohl mit der Rate wie mit der Masse des Profits. Sie sind auch schon deswegen kurz darzustellen, weil sie den Schein hervorbringen, als ob nicht nur die Rate, sondern auch die Masse des Profits – die in der Tat identisch ist mit der Masse des Mehrwerts – ab- und zunehmen kann unabhängig von den Bewegungen des Mehrwerts, sei es seiner Masse oder seiner Rate.

Sind Freisetzung und Bindung von Kapital auf der einen Seite, Wertsteigerung und Entwertung auf der andern als verschiedne Phänomene zu betrachten?

Es fragt sich zunächst: Was verstehn wir unter Freisetzung und Bindung von Kapital? Wertsteigerung und Entwertung verstehn sich von selbst. Sie meinen nichts, als daß vorhandnes Kapital infolge irgendwelcher allgemeinen ökonomischen Umstände – denn es handelt sich nicht um besondre Schicksale eines beliebigen Privatkapitals – an Wert zu- oder abnimmt; also daß der Wert des der Produktion vorgeschoßnen Kapitals,[120] abgesehn von seiner Verwertung durch die von ihm angewandte Mehrarbeit, steigt oder fällt.

Unter Bindung von Kapital verstehn wir, daß aus dem Gesamtwert des Produkts bestimmte gegebne Proportionen von neuem in die Elemente des konstanten oder variablen Kapitals rückverwandelt werden müssen, soll die Produktion auf ihrer alten Stufenleiter fortgehn. Unter Freisetzung von Kapital verstehn wir, daß ein Teil vom Gesamtwert des Produkts, der bisher entweder in konstantes oder variables Kapital rückverwandelt werden mußte, disponibel und überschüssig wird, soll die Produktion innerhalb der Schranken der alten Stufenleiter fortdauern. Diese Freisetzung oder Bindung von Kapital ist verschieden von Freisetzung oder Bindung von Revenue. Wenn der jährliche Mehrwert für ein Kapital C z.B. = x ist, so kann infolge der Verwohlfeilerung von Waren, die in den Konsum der Kapitalisten eingehn, x – a hinreichen, um dieselbe Masse Genüsse etc. wie früher zu schaffen. Es wird also ein Teil der Revenue = a freigesetzt, der nun entweder zur Vergrößerung des Konsums oder zur Rückverwandlung in Kapital (zur Akkumulation) dienen kann. Umgekehrt: Ist x + a erheischt, um dieselbe Lebensweise fortzuführen, so muß diese entweder eingeschränkt werden oder ein Einkommenteil = a, der früher akkumuliert wurde, muß nun als Revenue verausgabt werden.

Die Wertsteigerung und Entwertung kann entweder konstantes oder variables Kapital oder beide treffen, und beim konstanten Kapital kann sie wieder auf den fixen oder den zirkulierenden Teil oder auf beide sich beziehn.

Es sind beim konstanten Kapital zu betrachten: Roh- und Hilfsstoffe, wozu auch Halbfabrikate gehören, die wir hier unter dem Namen Rohstoffe zusammenfassen, und Maschinerie und andres fixes Kapital.

Es wurde oben namentlich Variation im Preis resp. Wert des Rohstoffs mit Bezug auf seinen Einfluß auf die Profitrate betrachtet und das allgemeine Gesetz aufgestellt, daß bei sonst gleichen Umständen die Profitrate im umgekehrten Verhältnis zur Werthöhe des Rohstoffs steht. Und dies ist unbedingt richtig für das Kapital, das neu in einem Geschäft engagiert wird, wo also die Kapitalanlage, die Verwandlung von Geld in produktives Kapital, erst stattfindet.

Aber abgesehn von diesem in der Neuanlage begriffnen Kapital, befindet sich ein großer Teil des schon fungierenden Kapitals in der Zirkulationssphäre, während ein andrer Teil sich in der Produktionssphäre befindet. Ein Teil ist als Ware auf dem Markt vorhanden und soll in Geld verwandelt werden; ein andrer Teil ist als Geld, in welcher Form immer,[121] vorhanden und soll in die Produktionsbedingungen rückverwandelt werden; ein dritter Teil endlich befindet sich innerhalb der Produktionssphäre, teils in der ursprünglichen Form der Produktionsmittel, Rohstoff, Hilfsstoff, auf dem Markt gekauftes Halbfabrikat, Maschinerie und andres fixes Kapital, teils als noch in der Anfertigung begriffnes Produkt. Wie Wertsteigerung oder Entwertung hier wirkt, hängt sehr ab von der Proportion, worin diese Bestandteile zueinander stehn. Lassen wir, zur Vereinfachung der Frage, alles fixe Kapital zunächst ganz aus dem Spiel und betrachten wir nur den aus Rohstoffen, Hilfsstoffen, Halbfabrikaten, in der Anfertigung begriffnen und fertigen auf dem Markt befindlichen Waren bestehenden Teil des konstanten Kapitals.

Steigt der Preis des Rohstoffs, z.B. der Baumwolle, so steigt auch der Preis der Baumwollenwaren – der Halbfabrikate, wie Garn, und der fertigen Waren, wie Gewebe etc. –, die mit wohlfeilerer Baumwolle fabriziert wurden; ebenso steigt der Wert der noch nicht verarbeiteten, auf Lager vorhandnen, wie der noch in der Verarbeitung begriffnen Baumwolle. Letztre, weil sie durch Rückwirkung Ausdruck von mehr Arbeitszeit wird, setzt dem Produkt, worin sie als Bestandteil eingeht, höhern Wert zu als sie selbst ursprünglich besaß und als der Kapitalist für sie gezahlt hat.

Ist also eine Erhöhung im Preis des Rohstoffs begleitet von einer bedeutenden Masse auf dem Markt vorhandner fertiger Ware, auf welcher Stufe der Vollendung immer, so steigt der Wert dieser Ware, und es findet damit eine Erhöhung im Wert des vorhandnen Kapitals statt. Dasselbe gilt für die in der Hand der Produzenten befindlichen Vorräte an Rohstoff etc. Diese Wertsteigerung kann den einzelnen Kapitalisten, oder auch eine ganze besondre Produktionssphäre des Kapitals, entschädigen oder mehr als entschädigen für den Fall der Profitrate, der aus der Preissteigerung des Rohstoffs folgt. Ohne hier auf die Details der Konkurrenzwirkungen einzugehn, kann jedoch der Vollständigkeit wegen bemerkt werden, daß 1. wenn die auf Lager befindlichen Vorräte von Rohstoff bedeutend sind, sie der am Produktionsherd des Rohstoffs entstandnen Preissteigerung entgegenwirken; 2. wenn die auf dem Markt befindlichen Halbfabrikate oder fertigen Waren sehr schwer auf dem Markt lasten, sie den Preis der fertigen Waren und des Halbfabrikats hindern, im Verhältnis zum Preis ihres Rohstoffs zu wachsen.

Umgekehrt beim Preisfall des Rohstoffs, der bei sonst gleichen Umständen die Profitrate erhöht. Die auf dem Markt befindlichen Waren, die noch in der Anfertigung begriffnen Artikel, die Vorräte von Rohstoff werden entwertet und damit der gleichzeitigen Steigerung der Profitrate entgegengewirkt.[122]

Je geringer z.B. am Ende des Geschäftsjahrs, zur Zeit wo der Rohstoff massenhaft neu geliefert wird, also bei Ackerbauprodukten nach der Ernte, die in der Produktionssphäre und auf dem Markt befindlichen Vorräte, desto reiner tritt die Wirkung einer Preisveränderung im Rohstoff hervor.

In unsrer ganzen Untersuchung wird ausgegangen von der Voraussetzung, daß Erhöhung oder Erniedrigung der Preise Ausdrücke von wirklichen Wertschwankungen sind. Da es sich hier aber um die Wirkung handelt, die diese Preisschwankungen auf die Profitrate hervorbringen, so ist es in der Tat gleichgültig, worin sie begründet sind; das hier Entwickelte gilt also ebenfalls, wenn die Preise steigen und fallen infolge nicht von Wertschwankungen, sondern von Einwirkungen des Kreditsystems, der Konkurrenz etc.

Da die Profitrate gleich ist dem Verhältnis des Überschusses des Werts des Produkts zum Wert des vorgeschoßnen Gesamtkapitals, so wäre eine Erhöhung der Profitrate, die aus einer Entwertung des vorgeschoßnen Kapitals hervorginge, mit Verlust an Kapitalwert verbunden, ebenso eine Erniedrigung der Profitrate, die aus Wertsteigerung des vorgeschoßnen Kapitals hervorginge, möglicherweise mit Gewinn.

Was den andern Teil des konstanten Kapitals angeht, Maschinerie und überhaupt fixes Kapital, so sind die Wertsteigerungen, die hier stattfinden und sich namentlich auf Baulichkeiten, auf Grund und Boden etc. beziehn, nicht darstellbar ohne die Lehre von der Grundrente und gehören daher nicht hierher. Für die Entwertung aber sind von allgemeiner Wichtigkeit:

1. Die beständigen Verbesserungen, welche vorhandne Maschinerie, Fabrikeinrichtung usw. relativ ihres Gebrauchswerts und damit auch ihres Werts berauben. Dieser Prozeß wirkt gewaltsam namentlich in der ersten Epoche neu eingeführter Maschinerie, bevor diese einen bestimmten Grad der Reife erlangt hat, und wo sie daher beständig antiquiert ist, bevor sie Zeit hatte, ihren Wert zu reproduzieren. Es ist dies einer der Gründe der in solchen Epochen üblichen, maßlosen Verlängerung der Arbeitszeit, des Arbeitens mit wechselnder Schicht bei Tag und bei Nacht, damit in kürzerm Zeitraum, ohne den Verschleiß der Maschinerie zu hoch zu berechnen, ihr Wert sich reproduziert. Wird dagegen kurze Wirkungszeit der Maschinerie (ihre kurze Lebensfrist gegenüber voraussichtlichen Verbesserungen) nicht so ausgeglichen, so gibt sie zu viel Wertteil für moralischen Verschleiß an das Produkt ab, so daß sie selbst mit der Handarbeit nicht konkurrieren kann.15[123]

Wenn Maschinerie, Einrichtung der Baulichkeiten, überhaupt das fixe Kapital, eine gewisse Reife erlangt hat, so daß es für längre Zeit wenigstens in seiner Grundkonstruktion unverändert bleibt, so tritt eine ähnliche Entwertung ein infolge von Verbesserungen in den Methoden der Reproduktion dieses fixen Kapitals. Der Wert der Maschinerie etc. sinkt jetzt, nicht weil sie rasch verdrängt oder in gewissem Grad entwertet wird durch neuere, produktivere Maschinerie etc., sondern weil sie jetzt wohlfeiler reproduziert werden kann. Es ist dies einer der Gründe, warum große Geschäftsanlagen oft erst in zweiter Hand florieren, nachdem der erste Besitzer Bankrott gemacht und der zweite, der sie wohlfeil angekauft, deshalb von vornherein seine Produktion mit geringrer Kapitalauslage beginnt.

Bei der Agrikultur speziell springt in die Augen, daß dieselben Gründe, die den Preis des Produkts erhöhen oder senken, auch den Wert des Kapitals erhöhen oder senken, weil dies selbst zum großen Teil aus jenem Produkt, Korn, Vieh etc. besteht. (Ricardo.)


Es wäre nun noch zu erwähnen das variable Kapital.

Soweit der Wert der Arbeitskraft steigt, weil der Wert der zu ihrer Reproduktion erheischten Lebensmittel steigt, oder umgekehrt fällt, weil der Wert dieser Lebensmittel fällt – und Wertsteigerung und Entwertung des variablen Kapitals drücken weiter nichts aus als diese beiden Fälle –, so entspricht, bei gleichbleibender Länge des Arbeitstags, Fallen des Mehrwerts dieser Wertsteigerung und Wachsen des Mehrwerts dieser Entwertung. Aber es können hiermit zu gleich auch andre Umstände – Freisetzung und Bindung von Kapital – verbunden sein, die vorher nicht untersucht wurden und die jetzt kurz angegeben werden sollen.

Sinkt der Arbeitslohn infolge eines Wertfalls der Arbeitskraft (womit sogar Steigen im realen Preis der Arbeit verbunden sein kann), so wird also ein Teil des Kapitals, der bisher in Arbeitslohn ausgelegt war, freigesetzt. Es findet Freisetzung von variablem Kapital statt. Für neu anzulegendes Kapital hat dies einfach die Wirkung, daß es mit erhöhter Rate des Mehrwerts arbeitet. Es wird mit weniger Geld als früher dasselbe Quantum Arbeit in Bewegung gesetzt, und so erhöht sich der unbezahlte Teil der Arbeit auf Kosten des bezahlten. Aber für bisher beschäftigtes Kapital erhöht sich nicht nur die Rate des Mehrwerts, sondern außerdem wird ein[124] Teil des bisher in Arbeitslohn ausgelegten Kapitals frei. Er war bisher gebunden und bildete einen ständigen Teil, der vom Erlös des Produkts abging, in Arbeitslohn ausgelegt werden, als variables Kapital fungieren mußte, sollte das Geschäft auf der alten Stufenleiter fortgehn. Jetzt wird dieser Teil disponibel und kann also benutzt werden als neue Kapitalanlage, sei es zur Erweiterung desselben Geschäfts, sei es zur Funktion in einer andern Produktionssphäre.

Nehmen wir z.B. an, es seien anfänglich 500 Pfd. St. erheischt gewesen, um 500 Arbeiter wöchentlich in Bewegung zu setzen, und es seien jetzt nur noch 400 Pfd. St. dazu erheischt. Dann war, wenn die Masse des produzierten Werts beidemal = 1000 Pfd. St., die Masse des wöchentlichen Mehrwerts das erstemal = 500 Pfd. St., die Mehrwertsrate 500/500 = 100%; aber nach der Lohnsenkung wird die Masse des Mehrwerts 1000 Pfd. St. – 400 Pfd. St. = 600 Pfd. St. und seine Rate 600/400 = 150%. Und diese Erhöhung der Mehrwertsrate ist die einzige Wirkung für den, der mit einem variablen Kapital von 400 Pfd. St. und entsprechendem konstanten Kapital ein neues Geschäft in derselben Produktionssphäre anlegt. Aber in einem bereits fungierenden Geschäft ist in diesem Fall nicht nur infolge der Entwertung des variablen Kapitals die Mehrwertsmasse von 500 auf 600 Pfd. St. und die Mehrwertsrate von 100 auf 150% gestiegen; es sind außerdem 100 Pfd. St. vom variablen Kapital freigesetzt, mit denen wieder Arbeit exploitiert werden kann. Dieselbe Arbeitsmenge wird also nicht nur vorteilhafter exploitiert, sondern es können auch durch die Freisetzung der 100 Pfd. St. mit demselben variablen Kapital von 500 Pfd. St. mehr Arbeiter als zuvor zu der erhöhten Rate exploitiert werden.

Nun umgekehrt. Gesetzt, das ursprüngliche Verhältnis der Produktverteilung, bei 500 beschäftigten Arbeitern, sei = 400v + 600m = 1000, also die Rate des Mehrwerts = 150%. Der Arbeiter erhält also hier wöchentlich 4/5 Pfd. St. = 16 Schillinge. Wenn infolge der Wertsteigerung des variablen Kapitals 500 Arbeiter nun wöchentlich 500 Pfd. St. kosten, so wird der Wochenlohn eines jeden = 1 Pfd. St., und 400 Pfd. St. können nur 400 Arbeiter in Bewegung setzen. Wird also dieselbe Arbeiteranzahl wie bisher in Bewegung gesetzt, so haben wir 500v + 500m = 1000; die Rate des Mehrwerts wäre gesunken von 150 auf 100%, also um 1/3. Für ein neu anzulegendes Kapital wäre dies die einzige Wirkung, daß die Rate des Mehrwerts geringer wäre. Bei sonst gleichen Umständen wäre die Profitrate entsprechend gesunken, wenn auch nicht im selben Verhältnis. Wenn[125] z.B. c = 2000, so haben wir in einem Fall 2000c + 400v + 600m = 3000. m' = 150%, p' = 600/2400 = 25%. Im zweiten Fall 2000c + 500v + 500m = 3000, m' = 100%; p' = 500/2500 = 20%. Dagegen für das bereits engagierte Kapital wäre die Wirkung doppelt. Mit 400 Pfd. St. variablem Kapital können jetzt nur 400 Arbeiter beschäftigt werden, und zwar zu einer Mehrwertsrate von 100%. Sie geben also nur einen Gesamtmehrwert von 400 Pfd. St. Da ferner ein konstantes Kapital vom Wert von 2000 Pfd. St. 500 Arbeiter erfordert, um es in Bewegung zu setzen, so setzen 400 Arbeiter nur ein konstantes Kapital zum Wert von 1600 Pfd. St. in Bewegung. Soll also die Produktion auf der bis herigen Stufe fortgeführt und nicht 1/5 der Maschinerie stillgesetzt werden, so muß das variable Kapital um 100 Pfd. St. erhöht werden, um nach wie vor 500 Arbeiter zu beschäftigen; und dies ist nur möglich dadurch, daß bisher disponibles Kapital gebunden wird, indem ein Teil der Akkumulation, der zur Ausdehnung dienen sollte, jetzt bloß zur Ausfüllung dient oder ein zur Verausgabung als Revenue bestimmter Teil dem alten Kapital zugeschlagen wird. Mit einer um 100 Pfd. St. vermehrten Auslage an variablem Kapital wird dann 100 Pfd. St. weniger Mehrwert produziert. Um dieselbe Anzahl Arbeiter in Bewegung zu setzen, ist mehr Kapital nötig, und zugleich ist der Mehrwert verringert, den jeder einzelne Arbeiter liefert.

Die Vorteile, die aus der Freisetzung, und die Nachteile, die aus der Bindung von variablem Kapital hervorgehn, existieren beide nur für das schon engagierte und daher sich in gegebnen Verhältnissen reproduzierende Kapital. Für neu anzulegendes Kapital beschränkt sich der Vorteil auf der einen, der Nachteil auf der andern Seite auf Erhöhung resp. Erniedrigung der Rate des Mehrwerts und entsprechenden, wenn auch keineswegs proportionellen Wechsel der Rate des Profits.


Die eben untersuchte Freisetzung und Bindung von variablem Kapital ist die Folge von Entwertung und Wertsteigerung der Elemente des variablen Kapitals, d.h. der Reproduktionskosten der Arbeitskraft. Es könnte aber auch variables Kapital freigesetzt werden, wenn infolge der Entwicklung der Produktivkraft, bei gleichbleibender Rate des Arbeitslohns, weniger Arbeiter erheischt werden, um dieselbe Masse konstantes Kapital in Bewegung zu setzen. Ebenso kann umgekehrt Bindung von zusätzlichem variablen Kapital stattfinden, wenn infolge von Abnahme der Produktivkraft[126] der Arbeit mehr Arbeiter erheischt sind auf dieselbe Masse konstantes Kapital. Wenn dagegen ein Teil des früher als variabel angewandten Kapitals in Form von konstantem angewandt wird, also nur veränderte Verteilung zwischen den Bestandteilen desselben Kapitals stattfindet, so hat dies zwar Einfluß auf die Rate des Mehrwerts wie des Profits, aber gehört nicht in die hier betrachtete Rubrik der Bindung und Freisetzung von Kapital.

Konstantes Kapital kann, wie wir schon sahen, ebenfalls gebunden oder entbunden werden infolge der Wertsteigerung oder Entwertung der Elemente, aus denen es besteht. Hiervon abgesehn, ist nur Bindung desselben möglich (ohne daß etwa ein Teil des variablen in konstantes verwandelt wird), wenn die Produktivkraft der Arbeit zunimmt, also dieselbe Arbeitsmasse größres Produkt erzeugt und daher mehr konstantes Kapital in Bewegung setzt. Dasselbe kann unter gewissen Umständen stattfinden, wenn die Produktivkraft abnimmt, wie z.B. im Ackerbau, so daß dieselbe Arbeitsmenge, um dasselbe Produkt zu erzeugen, mehr Produktionsmittel bedarf, z.B. größere Aussaat oder Düngung, Dränierung etc. Ohne Entwertung kann konstantes Kapital freigesetzt werden, wenn durch Verbesserungen, Anwendung von Naturkräften etc. ein konstantes Kapital von geringerm Wert in den Stand gesetzt wird, technisch denselben Dienst zu leisten, wie früher ein höherwertiges.

Man hat im Buch II gesehn, daß, nachdem die Waren in Geld verwandelt, verkauft sind, ein bestimmter Teil dieses Geldes wieder in die stofflichen Elemente des konstanten Kapitals rückverwandelt werden muß, und zwar in den Verhältnissen, wie sie der bestimmte technische Charakter jeder gegebnen Produktionssphäre erheischt. Hier ist in allen Zweigen – vom Arbeitslohn, also vom variablen Kapital abgesehn – das wichtigste Element der Rohstoff, mit Einschluß der Hilfsstoffe, die namentlich wichtig in Produktionszweigen, wo kein eigentlicher Rohstoff eingeht, wie in Bergwerken und der extraktiven Industrie überhaupt. Der Teil des Preises, der den Verschleiß der Maschinerie ersetzen muß, geht mehr ideell in die Rechnung ein, solange die Maschinerie überhaupt noch werkfähig ist; es kommt nicht sehr darauf an, ob er heute oder morgen, oder in welchem Abschnitt der Umschlagszeit des Kapitals er gezahlt und in Geld ersetzt wird. Anders mit dem Rohstoff. Steigt der Preis des Rohstoffs, so mag es unmöglich sein, ihn nach Abzug des Arbeitslohns aus dem Wert der Ware vollständig zu ersetzen. Heftige Preisschwankungen bringen daher Unterbrechungen, große Kollisionen und selbst Katastrophen im Reproduktionsprozeß hervor. Es sind namentlich eigentliche Agrikulturprodukte, der organischen Natur entstammende Rohstoffe, die solchen Wertschwankungen[127] infolge wechselnder Ernteerträge etc. – hier noch ganz vom Kreditsystem abgesehn – unterworfen sind. Dasselbe Quantum Arbeit kann sich hier infolge unkontrollierbarer Naturverhältnisse, der Gunst oder Ungunst der Jahreszeiten usw., in sehr verschiednen Mengen von Gebrauchswerten darstellen, und ein bestimmtes Maß dieser Gebrauchswerte wird darnach einen sehr verschiednen Preis haben. Stellt sich der Wert x in 100 Pfund der Ware a dar, so ist der Preis von einem Pfund von a = x/100; wenn in 1000 Pfund a, ist der Preis eines Pfundes von a = x/1000 usw. Es ist dies also das eine Element dieser Preisschwankungen des Rohstoffs. Ein zweites, das nur der Vollständigkeit wegen hier erwähnt wird – da die Konkurrenz wie das Kreditsystem hier noch außer dem Kreis unsrer Betrachtung liegt –, ist dies: Es ist in der Natur der Sache begründet, daß pflanzliche und tierische Stoffe, deren Wachstum und Produktion bestimmten organischen, an gewisse natürliche Zeiträume gebundnen Gesetzen unterworfen sind, nicht plötzlich in demselben Maß vermehrt werden können, wie z.B. Maschinen und andres fixes Kapital, Kohlen, Erze etc., deren Vermehrung, die sonstigen Naturbedingungen vorausgesetzt, in einem industriell entwickelten Land in kürzester Frist vor sich gehn kann. Es ist daher möglich und bei entwickelter kapitalistischer Produktion sogar unvermeidlich, daß die Produktion und Vermehrung des Teils des konstanten Kapitals, der aus fixem Kapital, Maschinerie etc. besteht, einen bedeutenden Vorsprung gewinnt vor dem Teil desselben, der aus organischen Rohstoffen besteht, so daß die Nachfrage nach diesen Rohstoffen schneller wächst als ihre Zufuhr und daher ihr Preis steigt. Dies Steigen des Preises führt in der Tat nach sich 1. daß diese Rohstoffe aus größrer Entfernung zugeführt werden, indem der steigende Preis größre Transportkosten deckt; 2. daß die Produktion derselben vermehrt wird, ein Umstand, welcher, der Natur der Sache nach, aber vielleicht erst ein Jahr später die Produktenmasse wirklich vermehren kann; und 3. daß allerlei früher unbenutzte Surrogate vernutzt und ökonomischer mit den Abfällen umgegangen wird. Wenn das Steigen der Preise anfängt, sehr merklich auf die Ausdehnung der Produktion und die Zufuhr zu wirken, ist meist schon der Wendepunkt eingetreten, wo infolge des länger fortgesetzten Steigens des Rohstoffs und aller Waren, in die er als Element eingeht, die Nachfrage fällt und daher auch eine Reaktion im Preis des Rohstoffs eintritt. Abgesehn von den Konvulsionen, die dies durch Entwertung von Kapital in verschiednen Formen bewirkt, treten noch andre gleich zu erwähnende Umstände ein.[128]

Zunächst ist aber schon aus dem bisher Gesagten klar: Je entwickelter die kapitalistische Produktion und je größer daher die Mittel plötzlicher und anhaltender Vermehrung des aus Maschinerie usw. bestehenden Teils des konstanten Kapitals, je rascher die Akkumulation (wie namentlich in Zeiten der Prosperität), desto größer die relative Überproduktion von Maschinerie und andrem fixem Kapital und desto häufiger die relative Unterproduktion der pflanzlichen und tierischen Rohstoffe, desto markierter das vorher beschriebne Steigen ihres Preises und der diesem entsprechende Rückschlag. Desto häufiger sind also die Revulsionen, die in dieser heftigen Preisschwankung eines der Hauptelemente des Reproduktionsprozesses ihren Grund haben.

Tritt nun aber der Zusammenbruch dieser hohen Preise ein, weil ihr Steigen teils eine Verminderung der Nachfrage hervorgerufen, teils aber eine Erweiterung der Produktion hier, eine Zufuhr von entferntern und bisher weniger oder gar nicht benutzten Produktionsgegenden dort verursacht hat und mit beiden eine die Nachfrage überholende Zufuhr der Rohstoffe – sie namentlich überholend bei den alten hohen Preisen –, so ist das Resultat von verschiednen Gesichtspunkten zu betrachten. Der plötzliche Zusammenbruch des Preises der Rohprodukte legt ihrer Reproduktion einen Hemmschuh an, und so wird das Monopol der Ursprungsländer, die unter den günstigsten Bedingungen produzieren, wieder hergestellt; vielleicht unter gewissen Einschränkungen hergestellt, aber doch hergestellt. Die Reproduktion der Rohstoffe geht zwar infolge des gegebnen Anstoßes auf erweiterter Stufenleiter vor sich, namentlich in den Ländern, die mehr oder weniger das Monopol dieser Produktion besitzen. Aber die Basis, auf der infolge der erweiterten Maschinerie etc. die Produktion vor sich geht, und die nun nach einigen Schwankungen als neue normale Basis, als neuer Ausgangspunkt zu gelten hat, ist sehr erweitert durch die Vorgänge während des letzten Umschlagszyklus. Dabei hat aber in einem Teil der sekundären Bezugsquellen die eben erst gesteigerte Reproduktion wieder bedeutende Hemmung erfahren. So kann man z.B. aus den Exporttabellen mit den Fingern herauszeigen, wie während der letzten 30 Jahre (bis 1865) die indische Baumwollproduktion wächst, wenn Ausfall in der amerikanischen eintritt, und dann plötzlich wieder mehr oder minder nachhaltig zurückgeht. Während der Zeit der Rohstoffteurung tun sich die industriellen Kapitalisten zusammen, bilden Assoziationen, um die Produktion zu regulieren. So z.B. nach dem Steigen der Baumwollpreise 1848 in Manchester, ähnlich für die Produktion des Flachses in Irland. Sobald aber der unmittelbare Anstoß vorüber ist und das allgemeine Prinzip der Konkurrenz, »im wohlfeilsten[129] Markt zu kaufen« (statt wie jene Assoziationen bezwecken, die Produktionsfähigkeit in passenden Ursprungsländern zu begünstigen, abgesehn vom unmittelbaren, augenblicklichen Preis, wozu diese das Produkt derzeit liefern können) – sobald also das Prinzip der Konkurrenz wieder souverän herrscht, überläßt man es wieder dem »Preise«, die Zufuhr zu regulieren. Aller Gedanke an gemeinsame, übergreifende und vorsehende Kontrolle der Produktion der Rohstoffe – eine Kontrolle, die im ganzen und großen auch durchaus unvereinbar ist mit den Gesetzen der kapitalistischen Produktion, und daher immer frommer Wunsch bleibt oder sich auf ausnahmsweise gemeinsame Schritte in Augenblicken großer unmittelbarer Gefahr und Ratlosigkeit beschränkt – macht Platz dem Glauben, daß Nachfrage und Zufuhr sich gegenseitig regulieren werden.16 Der Aberglaube der Kapitalisten ist hier so grob, daß selbst die Fabrikinspektoren wieder und wieder in ihren Berichten dar über die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Die Abwechslung guter und schlechter Jahre bringt natürlich auch wieder wohlfeilere Rohstoffe hervor. Abgesehn von der unmittelbaren Wirkung, die dies auf Ausdehnung der Nachfrage hat, kommt hinzu die früher erwähnte Wirkung auf die Profitrate, als Stimulus. Und der obige Prozeß mit dem allmählichen Überholtwerden der Produktion der Rohstoffe durch die Produktion von Maschinerie etc. wiederholt sich dann auf größrer Stufenleiter. Die wirkliche Verbesserung des Rohstoffs, so daß er nicht nur der Quantität, sondern auch der erheischten Qualität nach[130] geliefert würde, z.B. Baumwolle amerikanischer Qualität von Indien aus, würde erheischen lang fortgesetzte, regelmäßig wachsende und stetige europäische Nachfrage (ganz abgesehn von den ökonomischen Bedingungen, worunter der indische Produzent in seiner Heimat gestellt ist). So aber wird die Produktionssphäre der Rohstoffe nur stoßweise, bald plötzlich erweitert, dann wieder gewaltsam kontrahiert. Es ist dies alles, wie auch der Geist der kapitalistischen Produktion überhaupt, sehr gut zu studieren an der Baumwollennot von 1861-1865, wo noch hinzukam, daß ein Rohstoff zeitweis ganz fehlte, der eins der wesentlichsten Elemente der Reproduktion ist. Es kann nämlich auch der Preis steigen, während die Zufuhr voll ist, aber unter schwierigern Bedingungen voll. Oder es kann wirklicher Mangel an Rohstoff vorhanden sein. In der Baumwollkrisis fand ursprünglich das letztre statt.

Je mehr wir daher in der Geschichte der Produktion der unmittelbarsten Gegenwart näherrücken, um so regelmäßiger finden wir, namentlich in den entscheidenden Industriezweigen, den stets sich wiederholenden Wechsel zwischen relativer Teurung und daraus entspringender, spätrer Entwertung der der organischen Natur entlehnten Rohstoffe. Man wird das bisher Entwickelte illustriert finden in den folgenden, den Berichten der Fabrikinspektoren entlehnten Beispielen.

Die Moral von der Geschichte, die man auch durch sonstige Betrachtung der Agrikultur gewinnen kann, ist die, daß das kapitalistische System einer rationellen Agrikultur widerstrebt oder die rationelle Agrikultur unverträglich ist mit dem kapitalistischen System (obgleich dies ihre technische Entwicklung befördert) und entweder der Hand des selbst arbeitenden Kleinbauern oder der Kontrolle der assoziierten Produzenten bedarf.


Wir lassen nun die soeben erwähnten Illustrationen aus den englischen Fabrikberichten folgen.

»Der Stand des Geschäfts ist besser; aber der Zyklus guter und schlechter Zeiten verkürzt sich mit der Vermehrung der Maschinerie, und wie sich damit die Nachfrage nach Rohstoff vermehrt, wiederholen sich auch die Schwankungen in der Geschäftslage häufiger... Augenblicklich ist nicht nur das Vertrauen wiederhergestellt nach der Panik von 1857, sondern die Panik selbst scheint fast ganz vergessen. Ob diese Besserung anhalten wird oder nicht, hängt in sehr großem Maß ab vom Preis der Rohstoffe. Es zeigen sich mir bereits Vorzeichen, daß in einigen Fällen das Maximum schon erreicht ist, worüber hinaus die Fabrikation immer weniger profitlich wird, bis sie endlich ganz aufhört, Profit zu liefern. Nehmen wir z.B. die gewinnreichen Jahre im[131] Worsted-Geschäft 1849 und 1850, so sehn wir, daß der Preis englischer Kammwolle auf 13 d. stand und von australischer 14 bis 17 d. per Pfund, und daß im Durchschnitt der 10 Jahre 1841-1850 der Durchschnittspreis englischer Wolle nie über 14 d. und australischer über 17 d. per Pfund stieg. Aber im Anfang des Unglücksjahrs 1857 stand australische Wolle auf 23 d.; sie fiel im Dezember, in der schlimmsten Zeit der Panik, auf 18 d., ist aber im Lauf des Jahres 1858 wieder auf den gegenwärtigen Preis von 21 d. gestiegen. Englische Wolle fing 1857 ebenfalls mit 20 d. an, stieg im April und September auf 21 d., fiel im Januar 1858 auf 14 d. und ist seitdem auf 17 d. gestiegen, so daß sie 3 d. per Pfund höher steht als der Durchschnitt der angeführten 10 Jahre... Dies zeigt nach meiner Ansicht, daß entweder die Fallimente von 1857, die ähnlichen Preisen geschuldet waren, vergessen sind; oder daß nur knapp so viel Wolle produziert wird, wie die vorhandnen Spindeln verspinnen können; oder aber daß die Preise von Geweben eine dauernde Steigerung erfahren werden... Ich habe aber in meiner bisherigen Erfahrung gesehn, wie in unglaublich kurzer Zeit die Spindeln und Webstühle nicht nur ihre Zahl vervielfältigt haben, sondern auch ihre Betriebsgeschwindigkeit; daß ferner unsre Wollausfuhr nach Frankreich fast in demselben Verhältnis gestiegen ist, während sowohl im In- wie im Ausland das Durchschnittsalter der gehaltnen Schafe immer niedriger wird, da die Bevölkerung sich rasch vermehrt und die Züchter ihren Viehbestand so rasch wie möglich in Geld verwandeln wollen. Es ist mir daher oft ängstlich zumute gewesen, wenn ich Leute sah, die, ohne diese Kenntnis, ihr Geschick und ihr Kapital in Unternehmungen angelegt haben, deren Erfolg von der Zufuhr eines Produkts abhängt, das nur nach gewissen organischen Gesetzen sich vermehren kann... Der Stand von Nachfrage und Zufuhr aller Rohstoffe... scheint viele Schwankungen im Baumwollengeschäft zu erklären und ebenso die Lage des englischen Wollmarkts im Herbst 1857 und die daraus folgende Geschäftskrisis.«17 (R. Baker in »Rep. Fact., Oct. 1858«, p. 56-61.)

Die Blütezeit der Worsted-Industrie des West Riding von Yorkshire war 1849/50. Es wurden dort hierin beschäftigt 1838 29246 Personen, 1843 37060, 1845 48097, 1850 74891. In demselben Distrikt: 1838 2768 mechanische Webstühle, 1841 11458, 1843 16870, 1845 19121 und 1850 29539. (»Rep. Fact., [Oct.] 1850«, p. 60.) Diese Blüte der Kammwollindustrie fing an bereits im Oktober 1850 verdächtig zu werden. Im Bericht vom April 1851 sagt Subinspektor Baker über Leeds und Bradford:

»Der Stand des Geschäfts ist seit einiger Zeit sehr unbefriedigend. Die Kammgarnspinner verlieren rasch die Profite von 1850, und die Mehrzahl der Weber kommt auch nicht besonders voran. Ich glaube, daß augenblicklich mehr Wollenmaschinerie stillsteht als je vorher, und auch die Flachsspinner entlassen Arbeiter und stellen Maschinen[132] still. Die Zyklen der Textilindustrie sind jetzt in der Tat äußerst ungewiß, und wir werden, denke ich, bald zur Einsicht kommen... daß kein Verhältnis eingehalten wird zwischen der Produktionsfähigkeit der Spindeln, der Menge des Rohstoffs und der Vermehrung der Bevölkerung.« (p.52.)

Dasselbe gilt für die Baumwollindustrie. In dem eben zitierten Bericht von Oktober 1858 heißt es:

»Seitdem die Arbeitsstunden in Fabriken festgesetzt worden, sind die Beträge des Rohstoffverbrauchs, der Produktion, der Löhne in allen Textilindustrien auf einfache Regeldetri reduziert worden... Ich zitiere aus einem neulichen Vortrag... des Herrn Baynes, des jetzigen Mayor von Blackburn, über die Baumwollindustrie, worin er die industrielle Statistik seiner eignen Gegend mit möglichster Genauigkeit zusammengestellt:

›Jede wirkliche Pferdekraft bewegt 450 self-actor-Spindeln nebst Vorspinnmaschinerie oder 200 throstle-Spindeln oder 15 Stühle für 40 Zoll breites Tuch, nebst Haspel-, Scherungs- und Schlichtmaschinerie. Jede Pferdekraft beschäftigt beim Spinnen 2 1/2 Arbeiter, beim Weben aber 10; ihr Durchschnittslohn ist reichlich 10 1/2 sh. per Kopf per Woche... Die verarbeiteten Durchschnittsnummern sind Nr. 30-32 für die Kette und Nr. 34-36 für den Einschlag; nehmen wir das wöchentlich produzierte Gespinst auf 13 Unzen per Spindel an, so gibt dies 824700 Pfund Garn per Woche, wofür 970000 Pfund oder 2300 Ballen Baumwolle zum Preis von 28300 Pfd. St. verbraucht werden... In unserm Distrikt (in einem Umkreis um Blackburn mit 5 englischen Meilen Radius) ist der wöchentliche Baumwollverbrauch 1530000 Pfund oder 3650 Ballen zum Kostpreis von 44625 Pfd. St. Es ist dies 1/18 der ganzen Baumwollspinnerei des Vereinigten Königreichs und 1/6 der sämtlichen mechanischen Weberei.‹

Nach den Berechnungen des Herrn Baynes wäre also die Gesamtzahl der Baumwollspindeln des Königreichs 28800000, und um diese in voller Beschäftigung zu halten, würden jährlich 1432080000 Pfund Baumwolle erfordert. Aber die Baumwolleinfuhr, nach Abzug der Ausfuhr, war 1856 und 1857 nur 1022576832 Pfund; es muß also notwendig ein Defizit von 409503168 Pfund stattgefunden haben. Herr Baynes, der die Güte hatte, diesen Punkt mit mir zu besprechen, glaubt, daß eine Berechnung des jährlichen Baumwollverbrauchs, begründet auf den Verbrauch des Distrikts von Blackburn, zu hoch ausfallen würde infolge des Unterschieds, nicht nur der gesponnenen Nummern, sondern auch der Vortrefflichkeit der Maschinerie. Er schätzt den gesamten jährlichen Baumwollverbrauch des Vereinigten Königreichs auf 1000 Mill. Pfund. Aber wenn er recht hat und wirklich ein Überschuß der Zufuhr von 221/2 Mill. stattfindet, so scheint Nachfrage und Zufuhr sich schon jetzt beinahe das Gleichgewicht zu halten, auch ohne daß wir die zusätzlichen Spindeln und Webstühle in Erwägung ziehn, die nach Herrn Baynes in seinem eignen Bezirk in Aufstellung begriffen sind und, darnach zu urteilen, in andren Distrikten wahrscheinlich ebenfalls.« (p.59, 60, 61.)

Quelle:
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Berlin 1964, Band 25, S. 120-133.
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