Nachwort.

[349] Dieser erste Teil meiner Lebenserinnerungen war eben bis zum letzten Bogen in der Druckerei gesetzt worden, als der Weltkrieg ausbrach. Die Ausgabe des Buches unterblieb auf meinen Wunsch; der Tod war über die Menschheit gekommen, das Leben eines einzelnen alten Stubenhockers bedeutet wenig mehr, noch weniger die Geschichte eines solchen Lebens.

Vertragspflicht zwingt mich jetzt, meine Einwilligung zum Erscheinen dieser Blätter zu geben. Sie sind unzeitgemäß, in jedem Sinne. Selbst in dem Kampfe der österreichischen Parteien gehöre ich zu keinem der politischen Lager, ein Mann ohne Uniform. Höchstens daß mein Eintreten für eine Revolutionierung der Schule, für eine gerechte Auswahl der tüchtigsten Schüler einige Aufmerksamkeit verdienen könnte.

Vor 400 Jahren lebte in einer ganz andern Schicksalszeit ein Mann ohne Uniform, der freilich einige Mängel der Parteilosigkeit in allzu hohem Grade besaß, Erasmus; der erbitterte zugleich die Anhänger Roms und die Anhänger Luthers, da er sich nicht auf Bibelworte berief, sondern den weisesten Griechen zu seinem Heiligen machte: ›Sancte Socrates, ora pro nobis.‹

Sancte Bismarck, magister Germaniae, ora pro nobis.


Meersburg am Bodensee, im September 1917.


F.M.[349]


Quelle:
Mauthner, Fritz: Erinnerungen, Band 1: Prager Jugendjahre, München 1918, S. 349-350.
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