268.
An Carl Fuchs

[1342] Torino, via Carlo Alberta 6, III,

[18. Dezember 1888]


Lieber Freund, inzwischen steht und geht alles wunderbar. Ich habe nie annähernd eine solche Zeit erlebt, wie von Anfang September bis heute. Die unerhörtesten Aufgaben leicht wie ein Spiel; die Gesundheit, dem Wetter gleich, täglich mit unbändiger Helle und Festigkeit heraufkommend. Ich mag nicht erzählen, was alles fertig wurde: alles ist fertig.

Die nächsten Jahre steht die Welt auf dem Kopf: nachdem der alte Gott abgedankt ist, werde ich von nun an die Welt regieren.

Mein Verleger hat, wie ich nicht zweifle, Ihnen sowohl den Fall als, zuallerletzt, die Götzen-Dämmerung übersandt. Hätten Sie nicht[1342] eine kleine kriegerische Laune? Es wäre mir äußerst erwünscht, wenn jetzt ein – der – geistvoller Musiker öffentlich Partei für mich als Antiwagner nähme und den Bayreuthern die Handschuh hinwürfe? Eine kleine Broschüre, in der über mich lauter Neues und Entscheidendes gesagt würde, mit einer Nutzanwendung im Einzelfall, Musik, – was denken Sie dazu? Nichts Langwieriges, etwas Schlagendes, Schlagfertiges ... Der Augenblick ist günstig. Man kann noch Wahrheiten über mich sagen, die zwei Jahre später beinahe niaiseries sein dürften.

– Und was macht Danzig – oder vielmehr Nicht-Danzig? ... Erzählen Sie mir wieder sich selbst, lieber Freund – ich habe Zeit, ich habe Ohren ...

Es grüßt Sie auf das herzlichste

das Untier

Quelle:
Friedrich Nietzsche: Werke in drei Bänden. München 1954, Band 3, S. 1342-1343.
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Briefwechsel, Kritische Gesamtausgabe, Abt.1, Bd.1, Briefe von Nietzsche, Juni 1850 - September 1864. Briefe an Nietzsche Oktober 1849 - September 1864.
Briefwechsel, Kritische Gesamtausgabe, Abt.2, Bd.2, Briefe an Nietzsche, April 1869 - Mai 1872
Sämtliche Briefe. Kritische Studienausgabe in 8 Bänden.
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