Über die Konstruktion der Elektrizität in der Naturphilosophie.
(Zusatz zum vierten Kapitel.)

[242] Folgende Punkte sind es ohne Zweifel, welche eine Theorie oder Konstruktion der Elektrizität zu berücksichtigen hat: Natur der Elektrizität selbst, Art der Erregung dieser Wirkungsweise, Grund der positiven und negativen Elektrizität und ihres Verhältnisses zur Qualität der Körper, Art der Leitung und Unterschied der Leiter und Nichtleiter. Die beglückenden Phänomene, sowie alle Wirkungen der Elektrizität, ergeben sich aus diesen zuvor ins Reine gebrachten Punkten von selbst. Nach denselben soll nun auch hier die Konstruktion der Elektrizität in der Naturphilosophie kurz dargestellt werden.


* * *


Da in dein Universum die Form der Subjekt-Objek tivierung sich ins Unendliche verzweigt, so kann auch die Materie, obgleich sich hier als an der äußersten Grenze die Realität in die[242] reine Objektivität und Leiblichkeit zu verlieren scheint, doch nicht unbeseelt gedacht werden. Die Beseelung ist ihr durch den ersten Akt der Einbildung des Unendlichen ins Endliche, von dem sie der äußerste Moment ist, mitgeteilt. Durch dieselbe hat sie außerdem, daß sie als Endliches in dem Unendlichen und der allgemeinen Identität unterworfen ist, (in der Schwere) auch noch das Vermögen in sich selbst, sich selbst gleich zu sein und sich in dieser Identität zu erhalten. Aus diesen Grundsätzen sind schlechthin alle dynamischen Erscheinungen zu begreifen, gänzlich ohne Annahme besonderer, feiner, wohl gar imponderabler Materien, welche nicht nur an sich bloß hypothetisch, sondern auch zur Konstruktion dieser Erscheinungen völlig unzureichend sind.

Wir können nun als allgemeinen Grundsatz aufstellen, daß ein jeder Körper ohne Veränderung seiner Verhältnisse zu einem andern außer ihm beständig in demselben Zustande der Identität mit sich selbst verharrte, daß dagegen jede Veränderung jener Verhältnisse in ihm ein Bestreben setze, dieser Veränderung ungeachtet die Gleichheit mit sich selbst zu behaupten. Allgemein wird diese Veränderung eine Veränderung räumlicher Verhältnisse, also der Nähe oder Entfernung sein, und jede Annäherung oder Entfernung eines Körpers von einem andern wird notwendig in beiden dynamische Veränderungen setzen müssen. Annäherung bis zum Zusammenfließen der beiderseitigen Grenze ist Berührung: am vorzüglichsten werden sich also jene Veränderungen bei der Berührung je zwei dem Raume nach verschiedener (außereinander befindlicher) Körper zutragen.

Es können aber hier zwei Fälle stattfinden. Es sind entweder zwei qualitativ indifferente (sich gleiche) Körper, oder aber zwei der Qualität nach verschiedene, differente Körper, die sich berühren. Wir müssen nun bemerken, daß dasjenige, wodurch ein Körper mit sich selbst eins ist, notwendig zugleich auch das sei, wodurch er mit einem andern eins sein kann, vorausgesetzt nämlich, daß dieser ihm zur Ergänzung werden könne; da nämlich jeder für sich bestrebt ist, ein Ganzes, eine Totalität zu sein, und er durch die Berührung eines andern als Nicht-Ganzes gesetzt ist, so strebt er sowohl wie dieser, in der Berührung[243] mit diesem zusammen eine Totalität darzustellen. Dazu wird aber erfordert, daß beide sich zueinander wirklich als die zwei verschiedenen Seiten einer Einheit verhalten, daß also in jedem derselben eine Berührung oder Bestimmbarkeit liege, die in dem andern nicht liegt, denn nur insofern kann einer dem andern Mittel zur Ergänzung werden.

Jenes kann nun der Fall nicht sein, wo indifferente, qualitativ gleiche Körper sich berühren. In diesem Fall wird also das wechselseitige Bestreben eines jeden, in die Individualität des andern einzudringen, nur die Folge haben können, daß jeder sich in sich selbst mehr zusammenzieht und desto mehr strebt, die Identität mit sich selbst zu behaupten. Hier müssen wir nun erwähnen, daß jene relative Gleichheit mit sich selbst sich an dem Körper durch die Starrheit, die Kohäsion ausdrücke, welche, wie man ohne Beweis einsehen kann, eben das In-sich-selbst-sein des Körpers, das individuierende Prinzip, der Akt der Absonderung von der Totalität der Körper ist. Wir werden also das angegebene Gesetz so ausdrücken können: Berührung indifferenter Körper setzt in jedem derselben für sich das Bestreben, in sich selbst, ohne Integration durch den andern, zusammenzuhangen. Nun ist aber die Form der Kohäsion, sofern sie aktiv ist, überhaupt Magnetismus, ein Satz, den wir hier vorläufig nur dadurch begründen wollen, daß eben mit dem Maximum der aktiven Kohäsion auch das des Magnetismus, und umgekehrt, sich einfindet. Magnetismus ist aber nicht ohne ein Differenzieren des Körpers nach entgegengesetzten Richtungen, so daß nach der einen Seite die Identität (das Allgemeine), nach der andern die Differenz (das Besondere) überwiegend wird (welches sich am Magnet durch die zwei Pole ausdrückt) bei übrigens vollkommener Gleichsetzung beider im Ganzen. Diese Indifferenzierung in der Differenzierung findet übrigens ins Unendliche und unter der gleichen Form im einzelnen Teil wie im Ganzen des Körpers statt. Um nun dies auf den vorliegenden Fall anzuwenden, so wird in der Berührung homogener Körper, obgleich jeder für sich Totalität zu sein strebt, doch, weil jeder, indem er dies ist, zugleich mit dem andern im Gleichgewicht sein muß, jeder den andern so[244] weit bestimmen, als es nötig ist, damit sie, der Einheit in sich selbst unbeschadet, zugleich im Gleichgewicht untereinander seien, das heißt, beide werden außerdem, daß sie in sich wechselseitig aktive Kohäsion setzen, sie auch zwischeneinander setzen (wo dann, welchen Pol jeder von beiden für diese Kohäsion mit dem andern annehme, von Bestimmungsgründen abhängt, die wir hier nicht weiter verfolgen können).

Dieser Zustand der Kohäsion zwischen indifferenten Körpern ist das was man Adhäsion zu nennen pflegt, da diese Art des Zusammenhanges durchgängig im Verhältnis der quantitativen Gleichheit beider Körper stattfindet und die homogensten am stärksten aneinander hängen.

Man setze nun an die Stelle der Berührung Reibung, welche nur sukzessive, wiederholte Berührung ist, wobei der Kontakt selbst und der Berührungspunkt beständig verändert wird, so wird, weil bei dieser Berührung kein permanenter Gleichgewichtszustand zwischen beiden entstehen kann, die aktive Kohäsion, die jeder in sich setzt, desto höher gesteigert werden, es wird, wie bei jedem Übergang eines Körpers aus dem Zustand geringer in höhere Kohäsion, fühlbare Wärme entstehen, welche um so mehr zunimmt, da der Leitungsprozeß, wodurch der Körper sich erkältet (und welcher wieder ein Kohäsionsprozeß ist, in den er mit andern Körpern tritt), durch die beständige Veränderung des Berührungspunkts gestört wird, so daß im Fortgang des Prozesses notwendig der Punkt herbeigeführt wird, wo das Maximum der aktiven Kohäsion durch den Übergang zur relativen sich löst und der Körper (nach dem, was im Zusatz zum ersten Kapitel gezeigt wurde) in Verbrennungsprozeß übergeht. Hiermit ist der Ursprung der Wärme durch Reibung zugleich mit dem Gesetz desselben, daß es nämlich eben indifferente Körper sind, welche wechselseitig die größte Hitze erzeugen, konstruiert.

Wir mußten den Folgen des ersten der beiden angenommenen Fälle zuerst nachgehen, um die des zweiten desto reiner zu erhalten. Wir können, wenn wir uns auf den allgemeinsten Ausdruck in Ansehung des ersten Falls beschränken, uns so ausdrücken: Indifferente Körper in der Berührung magnetisieren sich.[245]

Verschieden wird die Folge in dem andern der angenommenen Fälle sein, wo zwei differente Körper sich berühren.

Da nämlich jeder zu dem andern ein solches Verhältnis hat, daß er den andern ergänzen kann, so werden sie sich bestreben, zusammen eine Totalität, eine geschlossene Welt, darzustellen, und da dies bewiesenermaßen überhaupt, also auch hier wiederum nicht anders als unter der Form der Kohäsion möglich ist, und so, daß in den einen die entgegengesetzte Bestimmung von der fällt, die in den andern fällt, so werden sie beide gegenseitig Kohäsionsänderungen ineinander setzen, so daß in dem Verhältnis, in welchem der eine sich in der Kohäsion erhöht (der Faktor des Besonderen in ihm überwiegend wird), der andere in demselben sich vermindert (der Faktor des Allgemeinen in ihm überwiegend wird).

Daß nun diese gegenseitigen Kohäsionsänderungen sich nur entweder im Moment des Kontakts oder in dem der Aufhebung desselben als solche äußern können, ist von selbst klar, da beide Körper im Zustand der ruhigen Berührung, wie gesagt, eine geschlossene Welt sind, und keiner von beiden nach außen zu streben hat, um durch einen andern seinen Zustand wiederherzustellen und mit diesem in einen gleichen Prozeß zu treten. Es kann aber ferner der Unterschied stattfinden, daß die sich berührenden Körper fähig sind, die in ihnen gesetzte Kohäsionsänderung über ihre ganze Oberfläche zu verbreiten oder nicht (auf welche Weise dies nun geschehe); im letzteren Falle wird sich jene Veränderung bloß auf den Berührungspunkt einschränken, und, um sie über das Ganze zu verbreiten, wird sukzessive Berührung beider in allen Punkten, d.h. Reibung erforderlich sein. Es leuchtet ferner von selbst ein, daß, wenn in dem ersten Falle, der Berührung indifferenter Körper, aktive, demnach absolute Kohäsion in ihnen selbst und zwischen ihnen gesetzt war, welche, wie bekannt, eine Funktion der Länge ist, im Fall der Berührung differenter Körper relative Kohäsion gesetzt sein müsse, welche, wie gleichfalls bekannt, reine Funktion der Breite ist. Es folgt also auch, daß, wenn die Form der Wirkungsweise im ersten Fall die reine Länge ist, die der Wirkungsweise im zweiten die Breite sein werde.[246]

Wir brauchen aber ferner auch nichts weiter hinzuzusetzen, um zu beweisen, daß die Wirkungsweise der Körper unter den Bedingungen des zweiten der angenommenen Fälle die Elektrizität sei, da sowohl jene (die Bedingungen), als auch die Bestimmungen der letzteren (der Art der Wirkung) einzig auf die Elektrizität zusammentreffen. Wir führen in dieser Beziehung nur die Beschränkung der Elektrizität auf die Oberfläche der Körper und, was noch mehr ist, ihre Bestimmbarkeit, z.B. in Ansehung der quantitativen Verteilung zwischen verschiedenen Körpern durch die Gleichheit und Ähnlichkeit der Oberflächen an, indem mehrere Beispiele in der Folge weitläufig werden erwähnt werden.

Wir können nun mit wenigen Worten jeden der oben bestimmten Punkte erörtern.

1. Natur der Elektrizität selbst. Es ist klar, daß sie das dynamische oder Identitäts-Bestreben zweier differenter, miteinander in relative Kohäsion tretender Körper sei. Die Zurückführung aller Elektrizität und elektrischen Erscheinungen auf das Prinzip der Kohäsion ist ein der Naturphilosophie ganz eigentümliches Resultat. Da selbst der um Aufstellung des Grundsatzes der Berührung differenter Körper so einzig verdiente Volta doch die letzte Frage: wie denn diese Körper wechselseitig ineinander Elektrizität erregen können, unbeantwortet lassen mußte, auch wohl nicht beantworten konnte, solange auch er den Grund der elektrischen Erscheinungen in den Strömungen eines Fluidums suchte. Was diese Meinung unterstützt hat, ist außer einigen Wirkungen der Elektrizität, von denen später die Rede sein wird, ohne Zweifel die gleiche Meinung in Ansehung des Lichts, welches als begleitendes Phänomen der Elektrizität, der empirischen Art zu schließen zufolge, sogar zu den Bestandteilen der elektrischen Materie gerechnet werden mußte. Wir haben auch hierüber Rechenschaft zu geben, oder vielmehr, wir haben sie schon in dem, was oben (Zusatz zum ersten Kapitel) verhandelt worden ist, gegeben. Im Magnetismus wird die Identität in die Differenz aufgenommen, hier kann Licht nicht erscheinen. Die Erscheinung des Lichts ist die der Resumtion der Differenz in die Identität (man sehe a. a. O.); auch stellt es sich eben[247] in der Elektrizität ein, welche sich dadurch vom Magnetismus unterscheidet, daß in ihr eine Differenz Identität, anstatt daß in jenem die Identität Differenz wird.

Wir sehen hieraus zugleich, daß Magnetismus und Elektrizität in anderer Beziehung wieder eins, nämlich eine und dieselbe dynamische Tätigkeit sind, welche dort nur die Körper unter der Form der ersten, hier unter der der zweiten Dimension affiziert.

2. Art der Erregung der Elektrizität. Wir sehen aus dem Vorhergehenden, daß sie ihren Grund allein in den respektiven Kohäsionsveränderungen hat, welche differente Körper ineinander einzig durch die Berührung und ohne alle Dazwischenkunft eines andern Agens setzen. Die Erregungsart der Elektrizität im ganzen und großen kann, nach der allgemeinen Ansicht derselben, als Breite-Polarität, in dem schon oben (Zusatz zum ersten Kapitel) berührten Verhältnis der Erde zur Sonne nicht mehr zweifelhaft erscheinen.

3. Grund der positiven Elektrizität und ihres Verhältnisses zu der Qualität der Körper. In der Berührung zweier indifferenter Körper wird der Indifferenzpunkt des Magnets, aber allerdings nur in der Differenz hergestellt; die beiden Körper verhalten sich im Zustand der Kontiguität, wie sich die zwei Seiten des Magnets verhalten; so gewiß nun dieser (wie die Erde und das Planetensystem im Großen) nach der einen Seite im Zustand der verminderten, nach der andern im Zustand der erhöhten Kohäsion sein muß, so gewiß auch die beiden sich wechselseitig elektrisierenden Körper. Derjenige, welcher sich expandiert (ein Zustand, der sich selbst durch die ausbrechenden Feuerbüschel darstellt), wird im Zustand der positiven, der, welcher im Fall der Kontraktion ist (welcher auch die Erscheinung des Lichtpunkts anzeigt), wird im Zustand der negativen Elektrizität sein.

Wir können demnach das allgemeine Gesetz des elektrischen Verhältnisses der Körper so aussprechen: derjenige von beiden, der im Gegensatz gegen den andern seine Kohäsion erhöht, wird negativ-, derjenige, der sie vermindert, positiv-elektrisch erscheinen müssen. Es ergibt sich hieraus, wie die Elektrizität jedes Körpers bestimmt[248] sei nicht allein durch seine Qualität, sondern ebenso sehr durch die des andern. Man begreift die Beziehung, welche, wie in dem obigen Kapitel, obgleich sehr unvollständig, gezeigt wird, das elektrische Verhältnis der Körper zu dem ihrer Oxydabilität hat, da eben auch diese (Zusatz zum ersten Kapitel) durch Kohäsionsverhältnisse bestimmt ist. Man braucht nur die über diesen Gegenstand von den Physikern entworfenen Tabellen nachzusehen, um sich von der durchgängigen Gültigkeit dieses Gesetzes zu überzeugen. Das Glas wird in dem Verhältnis positiv-elektrisch, in welchem ihm als Reibungsmittel ein leicht oxydabler Körper dargeboten wird; es ist bekannt, daß das Quecksilber-Amalgam im Prozeß des Elektrisierens zugleich oxydiert wird, das heißt, in seiner relativen Kohäsion sich erhöht. In den galvanischen Versuchen ist die + E beständig auf der Seite des Körpers von der geringeren Kohäsion, z.B. des Zinks im Gegensatz gegen Gold, Silber, Kupfer. Aber selbst die am konstantesten negativ sich verhaltenden Metalle, wie Platina, können im Zustand der Erwärmung mit andern, sonst positiven, ja sogar mit einem, übrigens homogenen, nicht erwärmten Stück desselben Metalls positiv werden. (Man sehe die Schrift des Cavallo, neueste Ausg. im II. Teil.) Man begreift hieraus den großen Einfluß der Oberflächen, der Rauhigkeit (so daß z.B. mattgeschliffenes Glas in demselben Verhältnis, in welchem anderes positiv-, negativ-elektrisch wird), der Farben usw. Inwiefern nun die Fähigkeit sich in der Kohäsion relativ zu erhöhen oder zu vermindern auch alle chemischen und andern Qualitäten des Körpers bestimmt, so kann man von hieraus die Verzweigungen des Einen, nur immer in verschiedenen Formen wiederkehrenden und doch sich gleich bleibenden Verhältnisses leicht weiter verfolgen.

4. Mechanismus der Leitung und Unterschied der Leiter und Nichtleiter. Hier stelle ich zuvörderst den Grundsatz auf, daß der Mechanismus der Leitung ganz auf denselben Gründen beruht, wie der der ersten Erregung. Denn indem ein Körper durch Berührung eines andern in einem Punkt elektrisiert ist, so ist er eben dadurch mit dem zunächstliegenden Punkt in Differenz; es ist also die Bedingung des elektrischen Prozesses gegeben, und zwar, da der erste Punkt das notwendige[249] Bestreben hat, sich zur Identität zu rekonstruieren, wird er in der Kohäsion sich auf Kosten des andern entweder erhöhen oder vermindern, diesen also negativ- oder positiv-elektrisch setzen und seine Elektrizität ihm mitgeteilt zu haben scheinen. Dasselbe findet aber auch zwischen zwei verschiedenen Körpern statt, so daß wir auf keine Weise eine wahre und eigentliche Mitteilung der Elektrizität gleichsam durch Transfusion, sondern allein eine Fortpflanzung durch immer nun geschehende Erregung zugeben.

Betreffend nun den Unterschied der Leiter und Nichtleiter, so wird man gestehen, daß die Physiker bis jetzt über dieses Verhältnis gänzlich in der Dunkelheit gewesen sind und nicht die geringste Auskunft über den Grund jenes Unterschiedes geben konnten.

Nach dem Grundsatz, daß alle Leiter unter der Form der Kohäsion und des Magnetismus geschehen, ist es notwendig, daß alle diejenigen Körper, welche an die Grenzen der allgemeinen Kohäsionsreihe, also entweder am nächsten gegen den kontrahierten oder den expandierten Pol fallen, weil sie in sich den einen Faktor der Kohäsion in großem Übergewicht haben, demnach nur mit andern Körpern zusammen Kohäsion herstellen können, der Leitung in sich selbst unfähig sind. In der Berührung mit einem elektrisierten Körper leiten sie allerdings, in dein Sinn wie jeder andere leitet, das heißt, sie setzen sich mit jenem in Kohäsionsprozeß, aber sie leiten nicht über den Punkt der Berührung hinaus, weil sie nicht Leiter in sich sind. Man wird leicht selbst finden, daß alle möglichen Isolatoren unter die eine oder andere dieser beiden Klassen von Körpern fallen, wie z.B. die metallischen Gläser, die Erden usw., in die Kategorie der Körper mit überwiegender, bloß relativer Kohäsion, andere, wie Schwefel usw., bereits auf die Seite der überwiegenden Expansion fallen. Bloß also in der Sphäre der herrschenden aktiven Kohäsion, der Metalle, wird der Sitz der absoluten Leitungskraft sein, obgleich aus Gründen, welche zu verfolgen hier zu weitläufig wäre, es nicht eben die Körper der höchsten Kohäsionsgrade sind, welche die vollkommenste Leitungskraft haben. Dem Indifferenzpunkt der aktiven Kohäsion[250] entspricht, als Indifferenzpunkt der relativen, das Wasser. Da dieses, welches nach außen völlig gleichgültig, jede Bestimmung von außen annimmt, auch in sich ebenso eins ist, so tritt es in jeden Leitungsprozeß als Ein Faktor ein und transmittiert die Kohäsionsveränderung durch sich, das heißt, es isoliert nicht, ohne deswegen in sich mehr als ein bloß relativer Leiter zu sein, Bekannt ist indes, daß es im Zustand der Ebullition ebenso wie durch einen Zusatz kohärenterer Flüssigkeiten, wie mineralischer Säuren, beträchtlich an Leitungsvermögen zunimmt.

5. Begleitende Phänomene und Wirkungen der Elektrizität. Jene begreifen sich aus dem Vorhergehenden ohne Zweifel von selbst, z.B. die der Anziehung und Abstoßung. Von den Lichterscheinungen war schon bei 1. die Rede. Es verdient, in Beziehung auf das dort Gesagte noch bemerkt zu werden, daß die Elektrizität in dem Grade leuchtend dargestellt werden kann, in welchem der körperliche Inhalt des leitenden Mittels oder elektrisierten Körpers vermindert, die Fläche also relativ vermehrt wird. Daher die elektrischen Erscheinungen der verdünnten Luft.

Die Wirkungen der Elektrizität, sofern sie Auflösung der Kohäsion, Schmelzung oder auch Verwandlung der absoluten in relative durch Oxydation sind, bedürfen keiner weiteren Erläuterung. Von den Wirkungen der elektrischen Polarität der Voltaischen Säule ist zu erinnern, daß eben auch hier die Elektrizität sich als Breitepolarität in Darstellung der beiden chemischen Formen derselben, dem Sauer- und Wasserstoff (Zusatz zum ersten und dritten Kapitel) erweiset, und zwar müßte man entweder den Hergang dieser Potenzierung des Wassers gänzlich nicht verstehen, oder von einer kläglichen Originalitätssucht befallen sein, wenn man aus dem Grunde, daß es die vom positiv-elektrischen Pol ausgehende Bestimmung ist, welche das Wasser als Sauerstoff, die vom negativ-elektrischen, welche es als Wasserstoff darstellt, die + E Sauerstoff-, die – E Wasserstoff-Elektrizität nennen wollte. In dem System der Voltaischen Säule setzt jeder Pol immer und notwendig seinen entgegengesetzten, das Plus des Zinkpols also das Minus oder die negative Form des Wassers, ebenso wie das Minus des entgegengesetzten Pols das[251] Plus oder die positive Form des Wassers. Jene Benennung wäre ebenso nach dem groben Augenschein gewählt, als wenn man den Nordpol eines Magnets aus dem Grunde, weil er im Eisen den Südpol erweckt, Südpol nennen wollte und umgekehrt. Sonst verträgt sich die Ansicht des Wasserstoffs als chemischen Repräsentanten der + E, die des Sauerstoffs als gleichen Repräsentanten der – E einzig mit allen anderen Verhältnissen.

Wegen der Wirkungen der Elektrizität auf Organisation, vorzüglich auf tierische, ist es hinreichend, zu bemerken, daß allgemein auch Nerv und Muskel im Verhältnis der + und – E sind, wie umgekehrt auch Wasser, obgleich auf unerkennbare Weise, in Muskel und Nerv gegliedert ist; daß der Nerv in dem natürlichen Bestreben ist, seine Kohäsion auf Kosten des Muskels zu erhöhen, sowie dieser jede Bestimmung zur Kohäsionsverminderung durch Kontraktion vernichtet. Die äußere Elektrizität findet also in dem Organismus selbst schon die vollkommensten, hier nur zur höheren Potenz entwickelten elektrischen Verhältnisse.

Quelle:
Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling: Werke. Band 1, Leipzig 1907, S. 242-252.
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