§ 7

[64] Der heilige Mensch richtet sich nach der Mittelstrasse, Rechtschaffenheit, Wohlwollen und Aufrichtigkeit; [64] macht dabei die Ruhe zur Hauptsache ... und stellt des Menschen Prinzip fest. Daher vereinigt der heilige Mensch mit Himmel und Erde seine Tugend, mit Sonne und Mond seine Klarheit, mit den vier Jahreszeiten seine Ordnung, mit Dämonen und Geistern sein Glück und Missgeschick.


Des heiligen Menschen Norm besteht lediglich in Wohlwollen, Aufrichtigkeit; Mittelstrasse und Rechtschaffenheit.

Er ist ohne Gelüste, daher ruhig.

[65] Dies besagt: der heilige Mensch erfüllt die Tugend[66] der Bewegung und Ruhe, aber meist gründet er sie auf die Ruhe. Denn der Mensch hat des Yen und Yang und der fünf Elemente feinen Odem empfangen von seiner Geburt her.

Aber der heilige Mensch empfängt bei seiner Geburt auch das Feinste ihres Feinen; daher ist sein Handeln mittelwegig, sein Verhalten recht, seine Aeusserungen sind wohlwollend, seine Anordnungen billig.

[67] Denn ob er sich bewege, ob er ruhe, immer erfüllt er des Urprinzipes Norm, und in nichts kann er fehlen.

Wenn also vorhin gesagt wurde, Gelüste würden sich regen, Leidenschaften obsiegen, Uebervortheilung und Unterdrückung wetteifern, so wird dies hiermit bestätiget.

Nun aber ist die Ruhe als Wiederherstellung der Wahrheit [68] die Thatsächlichkeit der Natur. Wenn nicht dies Herz in Stille und ohne Gelüste ruhig wäre, wie sollte es dann (auch) dem Wechsel der Ereignisse und Dinge entsprechen und so die Bewegung der Welt vereinigen?

Darum, indem des heiligen Menschen Mässigung, Rechtschaffenheit, Wohlwollen und Billigkeit sich bei Bewegung und Ruhe ringsum verbreiten, ist doch seine Bewegung nothwendig von Ruhe beherrscht.

[69] Indem er nun ganz Stellung in der Mitte nimmt, können Himmel und Erde, Sonne und Mond, die vier Jahreszeiten, Dämonen und Geister ihm nicht widerstehen.

[70] Denn sicherlich, steht das Wesen fest, dann kann die Bethätigung erfolgen.

Wenn Tschheng-tsï, von des Khian und des Khun Bewegung und Ruhe redend, sagt: ›Widmet man sich nicht Einem allein, so kann man nicht zum Ziele kommen, sammelt man sich nicht, so kann man sich nicht entfalten‹: so ist dies auch nur derselbe Gedanke.

Quelle:
Thai-kih-thu, des Tscheu-Tsi Tafel des Urprinzipes. Dresden 1876, S. 64-72.
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