4. Der große Kürbis

[32] Hui Dsï redete zu Dschuang Dsï und sprach: »Der König von We schenkte mir Samen von einer großen Kürbisart. Ich säte sie aus, und als sie ausgewachsen waren, da trugen sie Früchte, die wohl fünf Eimer Saft enthielten. Sie waren so plump, daß ich sie nicht allein aufheben konnte. Ich schnitt sie auseinander, um Schöpfgefäße daraus zu machen, aber die Kürbisse fielen in sich zusammen, so daß man nichts mit ihnen schöpfen konnte. Sie hatten nichts als ihre ungeheure Größe. Ich habe sie wegen ihrer Unbrauchbarkeit zerschlagen.«

Dschuang Dsï sprach: »Herr, Ihr seid wirklich ungeschickt, Großes zu verwenden! Es war einmal ein Mann in Sung, der verstand es, eine Salbe zu bereiten, durch die die Hände nicht rissig wurden. Seine Nachkommen betrieben von Geschlecht zu Geschlecht das Handwerk des Seidenwaschens. Ein Fremder hörte davon und bot ihnen hundert Lot Silber für das Mittel an. Da versammelten sie die ganze Familie zur Beratung und sprachen: ›Wir sind nun schon seit vielen Generationen Seidenwäscher und verdienen dabei kaum ein paar Lot Silber. Nun können wir in einem Augenblick hundert Lot verdienen; wir wollen ihm das Mittel doch verkaufen.‹ So erhielt es der Fremde. Er teilte es dem König von Wu mit. Der hatte gerade Krieg mit Yüo. Der König von Wu ernannte ihn nun zum Befehlshaber, und er lieferte den Leuten von Yüo im Winter eine Schiffsschlacht, in der die Leute von Yüo gänzlich geschlagen wurden. Es wurde ihnen ein Stück Land abgenommen, und er wurde damit belehnt. Das Mittel, die Hände vor dem Rissigwerden zu schützen, war das gleiche. Aber die Verschiedenheit der Anwendung bewirkte, daß der eine ein Lebensfürst wurde, während die andern es nicht weiter gebracht hatten als zum Seidenwaschen.

Da Ihr nun so große Kürbisse hattet, warum habt Ihr nicht daran gedacht, große Schwimmtonnen daraus zu machen, um über Flüsse und Seen damit zu fahren, statt daß Ihr Euch nur darüber geärgert habt, daß die Kürbisse zusammenfielen, so daß man nichts mit ihnen schöpfen konnte? Da scheint Ihr wohl Gestrüpp im Kopf gehabt zu haben!«

Quelle:
Dschuang Dsï: Das wahre Buch vom südlichen Blütenland. Düsseldorf/Köln 1972, S. 32-33.
Lizenz: