4. Die konfuzianischen Grabschänder

[278] Zwei Rechtgläubige hatten mit Gesängen und Riten ein Grab geöffnet. Der Meister rief hinunter: »Schon dämmert's im Osten, wie steht's mit der Arbeit?«

Der Jünger sprach: »Ich hab' die Leichenkleider noch nicht offen, aber er hat eine Perle im Mund. Es ist wirklich, wie es im Buch der Lieder heißt:


Es wächst das Gras so grün, so grün.

Auf Gräberhügeln Blumen blüh'n.

Wenn du im Leben nicht wohl getan,

Was nützen dir Perlen im Grabe dann?«


Mit diesen Worten faßte er den Leichnam mit der einen Hand am Kopfhaar und mit der andern Hand am Kinnbart, und der Meister hämmerte mit einem metallnen Hammer ihm den Mund auf. Ganz sachte und langsam öffneten sie die Kiefer, damit die Perle im Mund nicht beschädigt werde.

Quelle:
Dschuang Dsï: Das wahre Buch vom südlichen Blütenland. Düsseldorf/Köln 1972, S. 278.
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