Protesilaus

[391] Protesilaus (Gr. M.), Sohn des Iphiclus und der Astyoche, und mit der Tochter des Acastus, Laodamia, kaum vermählt, als er abreisen musste. Die junge Gattin liebte ihn über Alles, wesshalb sie, als er gleich bei der Landung an der troïschen Küste als erstes Opfer des Krieges gefallen war, sich von den Göttern die Gnade erbat, ihn noch einmal auf wenige Stunden sehen zu dürfen; es geschah, und bald darauf gab sie sich selbst den Tod. P. ward als Heros verehrt und hatte zu Eläus auf dem thracischen Chersonnes einen Tempel. Artayctes, Feldherr des Xerxes, bat diesen, ihm das Haus des Griechen, welcher wider den grossen König Krieg geführt, zu schenken; diess geschah: es war der Tempel, dessen reiche Schätze Artayctes nun in die Festung Sestus bringen liess, welche er dann auch mit aller Macht gegen die anrückenden Griechen vertheidigte; doch musste er fliehen, da zuletzt die Stadt so ausgehungert war, dass seine Leute keine Nahrungsmittel mehr hatten, als die ledernen Gurten ihrer Bettgestelle. Man holte ihn auf[391] der Flucht ein, da gab P's. Geist ein schreckliches Zeichen: die gedörrten Fische, welche die Hellenen sich zum Nachtmahl braten wollten, bewegten und krümmten sich, als ob sie lebten; die erschreckten Griechen wurden durch Artayctes beruhigt, indem er sagte, nicht ihnen, sondern ihm gelte das Zeichen: P., dessen Grabmal und Tempel er entweiht, wolle ihm zeigen, dass er auch todt und dürr von den Göttern Macht habe, seine Beleidiger zu bestrafen. Nun bot er als Lösegeld für sich hundert, für seinen Sohn aber zweihundert Talente, doch umsonst: der Feldherr der Athener, Xanthippus, nahm das Anerbieten nicht an, er liess den Schänder des Heiligthums lebendig an das Kreuz nageln, und seinen Sohn vor dessen Augen steinigen.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 391-392.
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