2. Das Fest der heiligen drei Könige.

[80] Der 6te Januar ist in der ältesten christlichen Kirche für den Geburtstag des Erlösers gehalten und auch gefeiert worden. An die heiligen Dreikönige dachte man gar nicht. Daher heißt auch dieses Fest das Fest der Erscheinung, weil an demselben erschienen ist nach Tit. 3, 4. Die heilsame Gnade Gottes allen Menschen u.s.w.

Als in der Folge der Zeit der 25ste December zur Feier des Geburtsfestes bestimmt wurde: so behielt man doch den 6ten Januar noch immer als einen feierlichen Tag bei, und die griechische Kirche erinnerte sich an demselben an die feierliche Handlung, da Christus sich im Jordan von Johannes taufen ließ, welche Begebenheit ebenfalls am 6ten Januar geschehen seyn soll. Man gab auch dem Namen Erscheinung eine andre Deutung. Man sagte, dieses Fest heiße darum das Erscheinungsfest, weil sich der Herr am Jordan mit der ganzen Dreieinigkeit offenbart habe. [81] So war es bei den griechischen Christen. In der lateinischen Kirche aber wurde dieser Tag zum Andenken der Ankunft der Magier gefeiert, welche, um das Kind Jesus zu sehen, aus einem fernen Lande herkamen; und das Wort Erscheinung bezog man auf den Stern, welcher diese Magier zum Jesus-Kinde geführt habe. Aber in der ältesten Kirche findet sich keine Spur, daß man am 6ten Januar sich an diese Begebenheit erinnert habe. Das Fest der heiligen Dreikönige heißt es deswegen, weil die christliche Fabel diese Magier zu drei Königen gemacht hat, deren Namen, Alter, Gestalt und Kleidung sie aufs genaueste anzugeben weiß.

Quelle:
[Anonym]: Sitten, Gebräuche und Narrheiten alter und neuer Zeit. Berlin 1806, S. 80-82.
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