3. Das Fest der Reinigung Mariä, oder Mariä Lichtmeß.

[82] Dieses Fest ist dem Andenken der Darstellung Jesu im Tempel, und der damit verbundenen gesetzlichen Reinigung der Maria gewidmet. Es heißt auch das Fest der Darstellung Christi. [82] Den Ursprung dieses Festes setzten einige ins 6te, andre ins 7te, und noch andre ins 12te Jahrhundert. Die Februalien der alten Römer, welche im Februar mit Todtenopfern, die das Volk mit brennenden Fackeln und Wachskerzen bei den Gräbern der Verstorbenen darbrachte, gefeiert wurden, haben wol zu diesem christlichen Feste die Veranlassung gegeben. Die Menge Wachskerzen und Lichter, die von je her in der christlichen Kirche theils geweihet, theils angezündet worden sind, welches noch jetzt in der römischen Kirche geschiehet, scheint die Meinung zu bestätigen, daß dieses Fest eine Nachahmung der römischen Februalien ist. Der Name Lichtmeß, Candelmesse, la Chandaleure, kommt von der Gewohnheit der Anzündung der Lichter an diesem Tage her.

Eine besondre Gewohnheit, die bis auf den heutigen Tag in unsrer Kirche üblich ist, da nemlich die Kindbetterinnen sich 6 Wochen zu Hause halten, und auch alsdann nicht eher ausgehen, bis sie mit ihrem Kinde die Kirche besucht, und sich [83] daselbst haben einsegnen lassen, kommt offenbar daher, daß die Maria sich 40 Tage nach der Geburt, nach der mosaischen Verordnung, mit ihrem Kinde im Tempel darstellte, und das gebräuchliche Opfer brachte.

Quelle:
[Anonym]: Sitten, Gebräuche und Narrheiten alter und neuer Zeit. Berlin 1806, S. 82-84.
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