§ 66

[163] Wie nun bei solchen schwachen Naturen ein großer und tiefer Eindruck im Gehirne geschiehet, insonderheit durch vorgestellte Übel, die wir, als die unsrigen erkennen: so tun die Affecten, und die Lebens-Geister, so durch dieselben aufgebracht werden, auch großen Schaden im Leibe, und in allerhand Gefäßen desselben, v.g. im Magen, in der Milz, in der Galle, und in andern mehr. Die Nerven, weil sie schwach sind, können ihren Tonum [Spannung] nicht halten, sondern ziehen sich, wie zum Exempel im Zorn, und in der Furcht, allzustark zusammen, so daß allerhand Spasmi, Krampfe, Convulsiones [Zuckungen] und wohl gar Apoplexie [Schlaganfall], Epilepsie, und andere Krankheiten daraus entstehen. Kränklicher Leute Nerven aber, wenn sie nicht von Natur schwach, bekommen unter andern ihre Schwäche, wenn sie entweder zu wenig, oder zu viel Säfte haben, nach dem bekannten Ausspruch der Medicorum: Nervus contrahitur & quando abundat humoribus, & quando caret humoribus; oder wenn sie auch durch die Schärfe der Säfte zu sehr erodiret und ausgenaget, und also ihres Toni [Spannung] beraubet worden. Ja bei den schwachen und kränklichen Naturen sind die bloßen Flatus und Blähungen genug, kleine Spasmulos und Krampfe[163] zu machen, und dadurch ein fürchterlich [furchtsam], und ängstliches Wesen bei denselben zu verursachen; welche Flatus und Blähungen vornehmlich in engem Geäder sich ereignen, so oft die rohen und unverdaulichen Säfte, die von blähenden Speisen und cibis flatulentis vielfältig mal herkommen, ihren elaterem [Elastizität] exerciren, und sich ausdehnen, und also die Circulation hindern oder schwächen.

Quelle:
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. München 1973, S. 163-164.
Lizenz: