§ 158

[386] Gegen Johanne gieng es nicht viel anders her. Ich hatte einen Pfuscher, der mir gewisse Dinge arbeitete, und also kein Meister war. Ich lag und schlief einst nach Mittage in guter Ruhe; aber ehe ich michs versahe, nachdem ich erwache, fällt mir ein, daß ich mich fremder Sünden teilhaftig machte. Ein Pfuscher, dachte ich, hat kein Jus und kein Recht, Arbeit über sich zu nehmen, so den Meistern zukommt. Er begehet eine Injustice gegen die Meister, und schwächet ihr Recht, was ihnen die Obrigkeit concediret: ihr Recht ist auch so groß, daß sie, wie wohl eher geschehen, Action wider die Pfuscher anstellen, und die Obrigkeit zum Beistand wider dieselben anrufen können. Stehet ihnen die Obrigkeit nicht allemal bei, wie sie wünschen, so wird dieselbe sehen, wie sie es verantworte; ich sehe inzwischen nicht, wie ich einen Pfuscher könne mit gutem Gewissen brauchen; denn da bin ich Causa moralis, und die Ursache mit, daß er in seinem unerlaubten Nahrungs-Wesen verharret, und andern ihre Jura und Rechte schwächet. Nun giengs wieder an ein ängstliches, hitziges Sorgen auf etliche Tage, und war mir nicht so sehr zu tun um das wenige Geld, was ich etwan im Macherlohn ersparen konnte, als vielmehr, daß ich den armen Mann betrüben, und seinen Bissen Brod kleiner machen sollte; weil doch bei mir immer in dergleichen Fällen bei vielen Jahren her was zu verdienen gewesen war. Wenn ich zu solcher Zeit wäre noch Prediger gewesen, und hätte im Beicht-Stuhl sitzen sollen, was würde ich vor Not und Angst gehabt haben, wenn ich einen Pfuscher hätte absolviren sollen. Ich wünschte, daß jemand diese hier gemachten Skrupel mir recht auflösen möchte; Denn meine Morale, so groß, oder so klein auch dieselbe ist, langet bis diese Stunde noch nicht zu, hier die Dubia, und die Zweifel aufzuheben. Doch kam ich endlich zum Schlusse, und machte der Sache ein kurzes Ende; indem ich demselben seinen Abschied gab, und sagte, daß ich ihn weiter nicht brauchen würde. Ich wollte ihm selbst aber wegen seiner Lebens-Art keinen Skrupel im Gemüte machen, weil ich meinte, Gott könnte bei solchen armen Leuten große Unerkenntnis mit großer Geduld ertragen, weil sie sonst in höchste Armut geraten würden.

Quelle:
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. München 1973, S. 386.
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