Vorbericht.

Die Absicht dieser kleinen Schrift gehet einzig nur dahin, jungen, noch unerfahrnen Menschen in einem Alter von zwölf bis sechzehen Jahren eine kurze Anleitung zu geben, wie sie den Grund zu einer wahren Wohlanständigkeit in Gesellschaften legen sollen, um dadurch die Regeln[3] der Etikette um so leichter in Ausübung bringen zu können. Diese hier gegebenen Vorschriften gehen nur auf das Allgemeine; wer sie für einzelne Classen von Menschen und für einzelne Stände und Fälle berechnet wissen und diese Forderung hier machen wollte, würde dem Verfasser unrecht thun. Daß er auch hier wieder zuvörderst auf die Bildung des Herzens und des Geistes dringt, wird ihm von verständigen und gutgesinnten Lesern nicht verargt werden, denn er hat sich öftrer in seinen Erziehungsschriften erklärt: daß er den Modegrundsatz unsers Zeitalters, mehr zu scheinen, als man wirklich sey, für gefährlich halte, und[4] daß dadurch das schöne Ziel wahrer Aufklärung schlechterdings verrückt werden müsse, trotz daß es uns dünken will, wir hätten es schon erreicht. Hat um der Deutlichkeit willen sich der Verfasser hier und da gewisser Tavtologieen schuldig gemacht, so werden, besonders billige, Erzieher dieses nicht auf eine zu hohe Rechnung setzen, und es aus eigner Erfahrung wissen, wie schwer es sey, dieses in einem der frühern Jugend genügenden Vortrage vermeiden zu können. Manches hingegen wird ihnen hier zu rhapsodisch vorgetragen scheinen; ich bitte sie, das zweyte Bändchen abzuwarten, wo der Verfasser in diese Materien tiefer eindringen,[5] und auch alsdann über den Umgang mit dem zweyten, oder sogenannten schönen Geschlechte, den angehenden Jüngling zu unterrichten suchen wird. Leipzig im September 1799.[6]

Quelle:
Claudius, G[eorg] C[arl]: Kurze Anweisung zur wahren feinen Lebensart. Leipzig 1800.
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