Anispimpinelle

[46] Anispimpinelle, Pimpinella anisum L. [Zorn pl. med. Tab. 128.] mit dreispaltigen, eingeschnittenen Wurzelblättern, ist ein einjähriges, ursprünglich in Aegypten und Syrien einheimisches Kraut, welches aber hie und da im temperirten Europa häufig gebauet wird; bei uns am[46] häufigsten um Erfurt und Magdeburg.

Die Samen (sem. anisi) sind etwas gestielt, länglichtrund, und weil gemeiniglich ihrer zwei zusammen hängen, auf der einen Seite platt, und auf der andern bauchig und gestreift. Sie sind grünlichgelb, von einem besondern angenehmen Geruche, und einem süßen, gewürzhaften, und hitzigen Geschmack. Oft giebt man den etwas kleinern gewürzhaften Samen aus Alikante (anisum aloniense) vor jedem andern Anise den Vorzug.

Der Kern des Anissamens giebt ein ausgepreßtes, grünliches, angenehm riechendes und süß schmeckendes, leicht gerinnendes Oel, sechs bis neun Quentchen aus dem Pfunde; die Schalen hingegen, vorzüglich aber die Fruchtdecke (Anisspreu) geben ein weißes, nach und nach gilblicher werdendes ätherisches Oel 1/64 bis 1/30 ihres Gewichts, welches von 0,987 eigenthümlicher Schwere, süßmildem Geschmacke, und von eignem, lieblichen, durchdringenden, sehr anhaltendem Geruche ist. Gleich unter 50° Fahr. gerinnt es zu einer eisähnlichen spiesichten Masse. Die häufige Verfälschung desselben mit Baumöl (oft zu gleichen Theilen) gerinnt nicht in dieser geringen Kälte; vier Theile damit geschüttelter Weingeist lösen das Anisöl auf, das Baumöl bleibt unaufgelöst, und wenn man das Gemisch durch ein mit Branntwein genetztes vorher gewogenes Filtrirpapier gießt, so giebt der gewogene Inhalt des Filtrums das Gewicht des zur Verfälschung gebrauchten Baumöls an.

Anis und Anisöl werden (letzteres vorzüglich als Oelzucker) in verschiednen Formen gegen Blähungskoliken von Verkältung und in Engbrüstigkeit von zähem Schleime innerlich gebraucht, ausser ihrer Anwendung als Gewürz in Speisen und Getränken. Das Oel insbesondere dient gegen Kopfungeziefer, und soll, an den nöthigen Stellen eingerieben, Harn und Blähungen treiben, auch Balggeschwülste zertheilen. Vom ausgepreßten Oele wird kein Gebrauch mehr gemacht.

Der Anis gehört unter die vier großen erwärmenden Samen.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 1. Teil, Leipzig 1793, S. 46-47.
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