Balsamespe

[85] Balsamespe, Populus balsamifera L. [Zorn pl. med. Tab. 303.] mit eirund länglichen, ungleich gekerbten, auf der obern Fläche dunkelgrünen, auf der untern weißlichen Blättern, ist ein sehr hoher in Nordamerika und Sibirien in feuchten Wiesen einheimischer, und unsre Winter leicht ertragender Baum, welcher sich durch abgeschnittene und im Frühling gesteckte Aeste fortpflanzen läßt.

Die Blattknospen (gemmae, oculi, populi) sind ziemlich groß, länglichrund, zugespitzt, und bestehen aus dachziegelförmig übereinander liegenden harten Schuppen, welche im Frühlinge von einem goldgelben, durchsichtigen, dicklichen, sehr wohlriechenden, bitterlichen, und erwärmend gewürzhaft schmeckenden Balsame strotzen, den sie durch Pressen zwischen den Fingern leicht und häufig von sich geben, welcher aber im Sommer gewonnen, sich an Geschmacke und Geruche mehr der Rhabarber nähert. Bergius erhielt aus vier Unzen Knospen durch Auspressen zwei Quentchen butterähnlichen braunröthlichen Balsam, welcher mit heller Flamme und wohlriechendem Rauche brennte, und sich leicht in Weingeiste auflösete.

Die Pappelknospen müssen im Frühlinge (am besten im März und April) so lange sie sich noch nicht aufgethan haben, gesammelt werden, und zwar am besten, nach Bergius, von dieser, nicht von der Schwarzpappel, deren Blattknospen fast gar kein Harz führen.

Man hat sie mit Weingeist ausgezogen als Tinktur gegen langwierige Bauchflüsse gebraucht, auch zu ähnlichen Behufen das ätherische Oel davon.

Getrocknet sollen sie wenig Kraft besitzen.

Da weder die Blättern noch die Knospen der Balsamespe etwas ähnliches im Geruche mit dem Takamahak, selbst nicht mit der geringern Sorte desselben, haben, und da auch letzteres sich fast gar nicht in Weingeist auflöst, welches doch der Balsam dieser Espe thut, so ist wenig Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß von diesem Baume das Takamahakharz herrühre, selbst die geringere Sorte nicht.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 1. Teil, Leipzig 1793, S. 85.
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