Federharzheve

[287] Federharzheve, Caoutchova elastica, Gm. [Aublet pl. guj. Tab. 335.] Dieser bis 60 Schuh hohe Baum, welcher im südlichen Amerika in den Wäldern von Kajenne, der Provinz Quito und am Amazonenflusse wächst, gehört zu der Klasse der Pflanzen mit (fünf) in Ein Rohr zusammengewachsenen Staubfäden, und halbgetrennten Geschlechtern. Man hielt ihn sonst für eine Art Iatropha (elastica); aber fälschlich. Die Eingebornen, die ihn Heve nennen, ritzen ihn unten am Stamme auf, lassen den herausdringenden Milchsaft in untergesetzte Gefäße fließen, überziehn damit thönerne Formen, und setzen sie der Hitze oder dem Rauche aus. Wenn der Ueberzug getrocknet ist, so spühlen sie mit Wasser den Thon aus, und so bekommen wir dieß Federharz gewöhnlich in Gestalt von Flaschen, welche das Ansehn von Leder haben.

Diese sehr dehnbare elastische Substanz (Resina elastica, caiennensis, Gummi elasticum), welche sich weder von Wasser, noch Weingeist, noch Laugensalzen, wohl aber von ätherischen Oelen, unter andern dem Terbenthinöle und vom Vitrioläther mit Beibehaltung ihrer Federkraft auflösen läßt, und am Lichte mit Flamme brennt, ist von ganz eigner, noch unbekannter Natur.

Seine Biegsamkeit, Festigkeit, und Schnellkraft machen es sehr geschickt zu verschiednen chirurgischen, zum Theil unentbehrlichen, Instrumenten, zu Sonden, Bougies, Kathederröhren, Röhren zum Einspritzen und Aussaugen verschiedner Flüssigkeiten und Klystirröhren,[287] zu nachgiebigen Bandagen, zu Mutterkränzen u.s.w. Werkzeugen, welche größtentheils verfertigt werden, indem man die dazu dienlichen Formen mit einer Auflösung des Federharzes in rektifizirtem Vitrioläther öfters bestreicht und indeß jedesmal den Ueberzug trocknen läßt.

Die käuflichen Flaschen dienen außerdem zum Aussaugen der Milch aus den Brüsten, statt den Blasen zu Klystiren, zum Auffangen des Harns bei Lähmung des Blasenhalses u.s.w.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 287-288.
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