Frost

[319] Frost. Dieser Zustand von verminderter Wärme, wo Wasser zu Eis gerinnt, den man nach dem Reaumürischen Wärmemesser durch 0, nach dem Fahrenheitischen aber durch 32° ausgedrückt sieht, ist bei pharmaceutischen Arbeiten von großem Nutzen, und ein guter Arbeiter muß diese Zeit sorgfältig in Acht nehmen.

Bei dieser und noch größerer Kälte lassen sich die feinsten Geister, und die leichtesten ätherischen Oele, der stärkste Weingeist, die verschiednen Aetherarten, das Thieröl u.s.w. theils unter dem möglichst geringsten Verluste, theils in ihrer größten Reinigkeit destilliren.

Der Essig, vorzüglich der destillirte, wird durch die Frostkälte fast ohne den mindesten Verlust in die Enge gebracht und konzentrirt, indem der wässerige Theil darinn zu blätterigen Eisschollen gefriert, welche man auf hölzerne Siebe legt und abtröpfeln läßt. Die noch übrige Flüssigkeit ist der durch Frost verstärkte Essig (acetum per frigus concentratum).

Die Wurzel der Meerzwibel darf blos in Digestionswärme gut getrocknet worden seyn, um sich in der Frostkälte leicht und bequem pülvern zu lassen.

Die meisten Schleimharze, vorzüglich das Ammoniak-Galbanum-Sagapen-Panaxgummi, stinkender Asant lassen sich nur in starker Frostkälte fein pülvern.

Verschiedne Salze, als das Glaubersalz, der Salpeter u.s.w. schießen bey starkem Froste in größere und reinere Krystallen an, und die Laugen krystallisiren sich reiner aus, so daß ihre Bereitung und Reinigung am vortheilhaftesten bei Winterkälte unternommen wird.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 319.
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