Gefäße

[336] Gefäße, pharmaceutische. Was die Gefäße anlangt, welche als thätige Werkzeuge in dem Laboratorium dienen, so werden sie, jedes an seinem Orte, erwähnt. Die Destillirgefäße s. unter Destillation, so auch unter Abdampfschale, Abgießen, Absonderungsgläser, Cirkuliren, – Scheidetrichter, Heber, Mörsel, Schmelztiegel, Sandkapelle, Ballon, Sieb, Durchseihen, Digestion, Digestorium, Digestor, Extrakte, Dicksäfte, Wasserbad, Kochgeschirre.

Hier ist blos von den passiven, den Aufbewahrunsgefäßen die Rede, den Gefäßen im strengsten Verstande.

Es ist bekannt, daß man zur Fassung der Arzneien, zum Verkaufe, und zum Verschicken sich der papiernen Kapseln zu geruchlosen Pulvern, der Schachteln (Scatulae) zu feinen geruchvollen Pulvern und Pillen, der Gläser (Vitra, matrazia) zu Geistern und dünnen Flüssigkeiten, und der Büchsen (Pixides, fictilia) zu dicklichen Materien, Salben, Terbenthin, u.s.w. bedient.

Hierbei ist wenig zu erinnern, außer daß man die Schachteln zu feinen Pulvern mit Papier auszuschlagen pflegt, weil diese sonst durch die Ritzen leicht hindurch fallen.[336]

Die Gläser verstopft man wohl mit Korken, aber zu recht feinen Geistern müssen letztere keine Ritzen und Löcher haben, und wenn mineralische Säuren unter der Arznei sind, müssen die Korkstöpsel vorher in zerlassenes gelbes Wachs getaucht werden. Dann verbindet man sie mit erweichter Kälberblase, und zuletzt mit doppeltem Papier.

Die Büchsen dürfen zu sauern Dingen nicht von Fayence oder englischem Steingute, sondern müssen von grauem Steinzeuge seyn, weil erstere beide mit Bleiglätte glasurt sind. Papier mit Wachs durchzogen, oder, besser, Blase dient zum Verbinden.

Verschickt man feine geruchvolle Pulver und Pillen, deren Kraft in einem leicht verdunstenden Theile liegt, weit über Land, so müssen beide nicht in Papier oder Schachteln, sondern in Gläser gefasset werden, welche (das zerbrechen zu verhüten) mit Papierschnitzeln, Sägespänen, oder Spreu dicht in eine Schachtel gepackt werden, so wie die Gläser mit Flüssigkeiten.

Die Gläser dürfen mit den Flüssigkeiten nie bis zum Stöpsel angefüllet werden, sondern man muß etwas größere wählen, damit noch ein Achtel oder Sechstel Luft darinn bleibe, welche sich zusammenpressen oder ausdehnen läßt, wenn die Flüssigkeit in der Wärme einen größern Raum einnimmt, oder sich in der Kälte zusammenzieht. Füllt man aber das ganze Glas mit der Flüssigkeit bis zum Stöpsel an, so muß bei der geringsten Abwechselung von Kälte oder Wärme entweder der Stöpsel herausgestoßen werden, oder das Glas zerspringen, weil die tropfbaren Flüssigkeiten einen größern Raum in der Wärme als in der Kälte einnehmen und sich nicht zusammenpressen lassen, wie etwa die Luft.

Pulverkapseln, Schachteln, Büchsen, Gläser und jede andre Einfassung der Arzneien müssen mit deutlichen Worten die Signatur (w.s.) aufgeschrieben an sich tragen, damit keine Verwechselung geschehe, und der Kranke wisse, wie er das Mittel einzunehmen habe.

Was aber die Gefäße zur Aufbewahrung der Droquen in der Officin selbst anlangt, so unterscheidet man diejenigen in der Apotheke selbst, worin eine kleine Menge zum täglichen Verkauf vorhanden ist, von den großen Vorraths- oder Standgefäßen.

Die großen Vorrathsbehälter dienen 1) zur Aufbewahrung trockner Substanzen, der Gewächse, der Wurzeln, Rinden, Kräuter u.s.w., welche ihre Kräfte lange behalten. Man bedient sich hiezu entweder der Schubkasten, der Kasten mit wohlpassenden Klappdeckeln, oder leichter Fässer mit ebenfalls gut schließenden Deckeln verwahrt. Man thut wohl, sie äußerlich mit Oelfarbe (mit Signaturschildern) anzustreichen, theils den Luftzutritt, theils die Holzwürmer abzuhalten, und an den Rand, wo die Deckel schließen, eine Striefe weißgaaren Schaafleders zu befestigen, damit der Deckel luftdicht aufliege. Diejenigen Gewächstheile, welche durch eine so leichte Verwahrung viel an ihren Kräften verlieren, die Wurzeln[337] des Fleckenarons, der Nelkenwurzgaraffel, des Katzenbaldrians, der Cyperwurzel, der Jalappe, der Ipekakuanne, des Fencheldills u.s.w.; die zärtlichen Schalen und Rinden, die Rinde vom Zimmtlorber, Storaxamberbaum, des Bitterkosten, die Wintersrinden, Macis u.s.w.; die Schalen der Zitronen und Pomeranzen u.s.w.; die jährigen dünnen, feinen Kräuter, Ackergauchheil, Taubenkropferdrauch, Katzengamander, Fleckenschierling u.s.w.; die meisten wohlriechenden Blumen, die getrockneten Beeren u.s.w. müssen sorgfältiger vor dem Luftzutritte in hölzernen oder nach der Feinheit ihres Gewürzes in zinnernen Büchsen mit Schraubendeckeln aufgehoben werden, so wie viele Samen. Spanische Fliegen, Bibergeil, Moschus u.s.w. werden in gläsernen Flaschen oder reinzinnernen Schraubenbüchsen verwahrt.

2) Zu flüssigen milden Dingen, Honig, Syrup, Oel, Branntwein, Essig u.s.w.; auch zu destillirten Wässern, wo man sie in großer Menge bedarf, dienen hölzerne Fässer, welche vor ihrem Gebrauche mehrmals mit kochendem Wasser angefüllt werden, und Tag und Nacht damit stehen bleiben müssen, um den Holzgeschmack und die Farbe des Holzes auszuziehen; eben dieß geschieht jedesmal, wenn das Faß von der enthaltenen Substanz leer geworden, um allen Moder, Hefen und Unreinigkeit herauszubringen.

Zu Weinessig, destillirten Wässern und Branntwein nimmt man tannene Fässer, weil sie weniger Farbe mittheilen. Man muß aber Sorge tragen, sie in einem ganz trocknen Gewölbe aufzubewahren, damit das Holz nicht stocke oder modere, und sie auf hohe Lager zu bringen, damit man jede Beschädigung leicht wahrnehmen könne. Sie müssen öfters mit feuchter Leinwand über und über abgewischt werden, um alles Schimmlichte davon zu bringen. Die Fässer mit Weingeist, Branntwein und Wein werden am besten mit einem Lack oder Oelfirniß angestrichen, weil sie sonst ungemein viel geistiges durchdünsten lassen, zum offenbaren Verlust; auch wird hiedurch aller Moder vom Innern abgehalten.

Zu kleinern Quantitäten Weingeist, destillirtem Wasser u.s.w. dienen steinzeugne, und wer es haben kann, gläserne große Flaschen, mit tüchtigen Korkstöpseln verwahrt, die man bei geistigen Flüssigkeiten noch mit gelbem Wachse getränkt hat.

Die grünen gläsernen Flaschen sind am haltbarsten und wohlfeilsten.

So müssen auch die arzneilichen Syrupe und eingedickten Fruchtsäfte in gläsernen oder steinzeugnen Flaschen aufbewahret werden, die man in Asche setzt, um die Ameisen abzuhalten.

Die Latwergen und Konserven, so wie das Tamarinden- und Kassienmark, die Obstmuße und Sulzen thut man am besten in gläserne oder steinzeugne Büchsen, deren Oefnung nie größer seyn darf, als daß man mit einer Hand hereinkommen könne, um sie bequem anzufüllen, auszuleeren, und zu reinigen; man stellt sie auch, wie alle andre süßen Säfte, in ganz[338] niedrige (etwa zollhohe) Kasten mit einem Finger hoch Asche angefüllt.

Die mineralischen Säuren werden sämmtlich entweder in steinzeugnen Kruken (mit Schraubenstöpseln von gleicher Materie, in etwas fließendes gelbes Wachs getaucht, verstopft) oder in gläsernen Flaschen mit eingeriebnen gläsernen oder hölzernen in gelbes Wachs getauchten Stöpseln aufbewahrt. Die Glasstöpsel darf man nur an der kleinen Bohrmaschine ( Destillation S. 220) befestigen, sie mit nassem Schmirgelpulver bestreichen, und in der Mündung der daran gehaltenen Flasche einige Zeit herumdrehen.

Die kleinern Gefäße in der Apotheke selbst unterscheiden sich von jenen durch ihre abweichende Bestimmung. Hier ist die allgemeine Regel, alles, was sich nur thun läßt, so viel möglich in Gläsern aufzubewahren (außer erdige, metallische oder andre trockne unverderbliche Substanzen). Sie lassen ihre Mündung am dichtesten verwahren, man kann ihre innere Reinlichkeit am besten erkennen, sie werden von den scharfen, salzigen und sauren Substanzen nicht angegriffen, und theilen ihnen keine schädlichen Eigenschaften mit; sie lassen nichts geistiges durch ihre Wände dunsten, keine Feuchtigkeit eindringen, noch die Wirksamkeit der trocknen Arzneien verfliegen; man sieht mit einem Blicke, welche von ihnen wieder anzufüllen nöthig sind, sie fallen gut in die Augen, und sind leicht zu haben. Mäßige Behutsamkeit bewahrt sie vor dem Zerbrechen. Wenigstens dehne man ihren Gebrauch, auf alle innerlich zu gebrauchende feuchte und fließende Substanzen, flüchtige Salze, leicht verderbliche kostbare rohe und zubereitete Arzneien und theure Gewürze in den Apothekerladen aus.

Will man sie nicht zu gepülverten Vegetabilien nehmen, so dienen zu den Gewächspulvern, Harzen und Gummiharzen, welche riechbare oder sonst kräftige verdunstbare Theile enthalten, hohe, enge, zylindrische Büchsen von reinem Bergzinne, mit dicht aufgeschraubten Deckeln. Das reine Zinn ist hart genug zu diesem Endzwecke, und die Ausflucht der betrüglichen Zinnarbeiter, als müsse der Härte wegen Blei zugesetzt werden, ist Unwahrheit, da jeder Zusatz des Bleies das Zinn weicher macht, als es vor sich ist. Ein Zusatz von 1/10 Kupfer oder Zink zum Zinne giebt ihm noch größere Härte, ohne davon zu diesem Behufe eine Schädlichkeit befürchten zu lassen.

Dickliche Materien, welche blos zum äußern Gebrauche dienen, Salben, Cerate können in ähnlichen Geschirren aufbewahrt werden.

In steinzeugnen oder gläsernen Kruken und Büchsen werden die dicklichen süßen Fruchtsäfte, die Konserven, das Tamarindenmark u.s.w. in dem Apothekerladen hingestellt; so wie alle feuchtende Salze in gläsernen Flaschen. Sonst kann man auch die trocknen, nicht flüchtigen Salze in hölzernen Büchsen mit Schraubendeckeln recht bequem verwahren.[339]

Alle Gefäße von so genanntem englischen Steingute, so wie die von Fayence (Delfter, unächtes Porcellain) sind durchaus zur Aufbewahrung flüssiger, feuchter oder salziger Substanzen in der Officin verwerflich und unzulässig, weil beide mit einem Ueberzuge glasurt sind, der Blei in Menge enthält. So dringen auch die Salze durch ihre blos thonartigen, lockern Wände hindurch, welche dadurch zerfressen und zerblättert werden. Das gewöhnliche Töpfergeschirr ist innerlich gleichfalls mit Bleiglasur überzogen. Die eigentlich steinzeugnen Gefäße hingegen, wie die, welche in Grosalmerode, Holitsch, Waldenburg, Bürgel u.s.w. verfertigt werden, sind eine Art graues wahres Porcellain, aus reinem mit Sande vermischtem Thone bei sehr heftigem Feuer dergestalt gebrannt, daß die Masse zu einer halben Verglasung gebracht worden ist, wodurch keine flüssigen oder salzartigen Substanzen dringen können; ihre Glasur entsteht durch Kochsalz, welches Händevoll in den Ofen gestreut wird, und, in die kleinsten Stäubchen verknistert, die Oberfläche der glühenden Gefäße verglaset. Ihr Nutzen in der Apotheke ist unnennbar, und sie sind blos durch gläserne Geschirre zu ersetzen.

Alle kupfernen und bleiernen Geschirre sind zur Aufbewahrung der Arzneien unzulässig. Die von verzinntem Eisenbleche lassen sich nicht luftdicht verschließen, rosten unter der Verzinnung leicht, und die Verzinnung selbst theilt den Flüssigkeiten und Salzen schädliche Eigenschaften mit.

Alle Extrakte und Dicksäfte lassen sich, selbst wenn sie etwas dicklich sind, auf die unter Dicksäfte (S. 225) angezeigte Weise leicht in gläsernen Flaschen mit eingeriebenen Stöpseln aufheben, und daraus dispensiren. Selbst wenn sie an der Luft oder im Wasserbade bis zur härtesten Konsistenz abzudunsten beliebt würde, kann man sie entweder gepülvert, oder in Stängelchen zur Pillenmasse ausgedehnt in gläsernen Flaschen aufbewahren.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 336-340.
Lizenz:

Buchempfehlung

Hoffmann, E. T. A.

Fantasiestücke in Callots Manier

Fantasiestücke in Callots Manier

Als E.T.A. Hoffmann 1813 in Bamberg Arbeiten des französischen Kupferstechers Jacques Callot sieht, fühlt er sich unmittelbar hingezogen zu diesen »sonderbaren, fantastischen Blättern« und widmet ihrem Schöpfer die einleitende Hommage seiner ersten Buchveröffentlichung, mit der ihm 1814 der Durchbruch als Dichter gelingt. Enthalten sind u.a. diese Erzählungen: Ritter Gluck, Don Juan, Nachricht von den neuesten Schicksalen des Hundes Berganza, Der Magnetiseur, Der goldne Topf, Die Abenteuer der Silvester-Nacht

282 Seiten, 13.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

456 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon