Gerbermyrte

[349] Gerbermyrte, Myrtus communis, L. [Zorn pl. med. Tab. 169.] mit einzelnen Blumen und zweiblätteriger Hülle, ein in Asien, Afrika und dem südlichern Europa einheimischer Baum unsrer Gärten, wovon die kleinere Spielart, die tarentinische (myrtus minor, myrt. comm. tarentina) mit buchsbaumähnlichen Blättern und rundlichen Beeren, und die italienische (myrtus maior,[349] myrtus comm. italica) mit eirund lanzetförmigen, gespitzten Blättern und geraden Zweigen ohne Unterschied offizinell gewesen sind.

Die Blätter (fol. myrti) besitzen frisch einen starken, trocken aber einen schwachen Wohlgeruch, und einen angenehmen, muskatennußähnlichen, aromatischen und frisch noch einen zusammenziehenden, zuletzt bitterlichen Geschmack.

Die Illyrier bedienen sich ihrer zum Garmachen des Leders. Sie geben ein wohlriechendes destillirtes Schönheitswasser (Eau d'ange) und 1/1280 eines grünlichen, wohlriechenden ätherischen Oels. Man bediente sich ehedem der Myrtenblätter zur innern und äußern Stärkung nicht ohne Nutzen gegen Bauchflüsse, weißen Fluß, faulichtes Zahnfleisch und stinkenden Schweiß unter der Achsel und an den Füßen (letzteres nicht ohne Gefahr).

Zu gleichem Behufe, so wie zur Stärkung des Magens und der scharbockigen Mundfäule dienen die blauschwarzen Beeren (baccae myrti, myrta, myrti, myrtilli), welche gleichfalls von gutem Geruche und gewürzhaftem, etwas zusammenziehendem, angenehmem Geschmacke sind. Sie dienten in alten Zeiten als Ragoutgewürz. Man bekömmt sie getrocknet aus Italien.

Dem, vermuthlich vom Stich eines (vermuthlich Gall-) Insekts, erzeugten Auswuchs (myrtidanum) an den ältern Zweigen, schrieb man sonst adstringirende Wirkungen zu.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 349-350.
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