Hausenblase

[400] Hausenblase, (Ichthyocolla, Colla piscium) ist die Schwimmblase aus verschiednen Störarten. Die beste kömmt von der Sewrjuga, Acipenser stellatus, L. mit spatelförmigen, etwas aufwärts gekrümmtem Rüssel, einem Munde, dessen Queerdurchschnitt sechsmahl länger als der Längendurchschnitt ist, unzertheilten Lippen, und Barthaaren dicht am Munde, der kleinsten, etwa 4 bis 5 Fuß langen und fruchtbarsten, im kaspischen Meere und der Donau einheimischen Störart (und nächstdem vom Stör, Acipenser sturio, L. [Bloch Fische. D. 3. Tab. 88.] mit stumpfem Rüssel, einem an Breite und Länge gleichem Munde, zweispaltigen Lippen, und der Rüsselspitze nahen Barthaaren, welcher bis 18 Fuß lang, in Meeren einheimisch ist, und in mehrern Flüssen im April und Mai laicht).

Eine schlechtere Sorte kömmt vom Hausen, Acipenser Huso, L. [Iohnst. pisc. Tab. 25. Fig. 1-3.], dem Sterlet, Acipenser ruthenus, L. [Bloch Fische D. 3. Tab. 89.], dem Silurus Glanis, L. [Bloch Fische D. 1. Tab. 34.] u.a.

Man fängt sie vorzüglich an der nördlichen Küste des kaspischen Meeres, besonders an der Mündung der Wolga mit Tauen, woran Angelhaken mit Stricken befestigt sind. Die aus den Fischen genommene Luftblase, wird gewaschen (die äußere Haut abgezogen?), dergestalt umgekehrt, daß die immer silberfarbne Haut nach außen kömmt und an der Luft getrocknet; man schlägt sie in ein feuchtes Tuch, rollt sie, wenn sie biegsam geworden, zusammen, und klemmt sie in Gestalt einer Schlange hin und her zwischen drei Pflöckchen, deren viele auf ein Bret geschlagen sind. So halbringförmig oder in Gestalt eines Hufeisen abgetrocknet, hängt man sie an Fäden auf, bis zur völligen Trocknung, und dann sind sie Kaufmannsgut. Der Markt ist zu Astrachan, wo die Hausenblase von der Sewrjuga mit 40 Rubeln das Pud (zu 40 Pfund), die andern schlechten Sorten zu 30 bis 12 Rubeln verkauft werden.

Die beste muß weiß, durchscheinend, trocken, ganz ohne Geruch, und aus feinen Häuten zusammengesetzt seyn.

Ihrer Natur nach stellt sie einen trocknen Leim oder Gallerte vor, und löset sich, zerkleint, durch anhaltende Digestion in Wasser und Weingeist auf.

Es ist wahrscheinlich, daß schlechtere Sorten Fischleim auch aus andern Theilen dieser Thiere, und, wie man sagt, durch Kochen bereitet werden, nach Art des Tischlerleims.[400]

Die Alten bedienten sich der Hausenblase innerlich gegen weißen Fluß, Katarrhe, Ruhr u.s.w. ohne daß sie Nachahmung verdienen. Zweckmäßiger ist die Auflösung in Klystiren bei Durchfällen von scharfen Materien. Izt schränkt sich ihr meister Gebrauch auf die Bereitung des berühmten englischen Pflasters und auf die Abhellung des Weins ein.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 400-401.
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