Herbstzeitlose

[412] Herbstzeitlose, Colchicum autumnale, L. [Zorn pl. med. Tab. 135.] mit platten, lanzetförmigen, aufrechten Blättern, ein etwa fünf Zoll hohes perennirendes Zwiebelgewächs auf feuchten Wiesen, welches im September (selten auch zeitig im Frühlinge) fleischfarbne Blumen trägt.

Die im August einzusammelnde, und bloß frisch zu verbrauchende Wurzel (rad. colch. rec.) ist von der Größe eines Taubeneies, höckerichtrundlicht, an der Seite der Länge herab ausgekehlt, mit einer braunen Lederhaut überzogen, inwendig weiß, von bockig stinkendem, beißendem Geruche und süßlichbitterm, ekelhaftem, ätzend beißendem, kratzendem Geschmacke. Sie wird zur Bereitung des Herbstzeitlosen Essigs (acet. colchici) angewendet, indem man die welke, vorjährige, kraftlose Zwiebel absondert, eine Unze der enthäuteten, fein zerquetschten saftigen Knollen mit zwölf Unzen Weinessig zwei Tage und zwei Nächte digerirt, und die Flüssigkeit klar durchseihet. Ein Quentchen, und allmählig mehr, ist die Gabe. Durch die (am besten unmittelbar vor dem Gebrauche geschehene) Mischung mit einem zwiefachen Gewichte Honig entsteht das Oxymel colchici, dessen Eindickung zur Sirupsdicke das Mittel unkräftiger macht. Die[412] harntreibende Kraft dieser Arznei ist, wie ich selbst erfahren, nicht gering. Die Alten rühmen die Wurzel in der Pest; doch größtentheils nur als (unnützes) Amulet. Auch im Podagra und Steinbeschwerden hat man sie gerühmt, ohne Angabe genauer Erfahrungen.

In Substanz wirkt sie giftartig durch Erbrechen, Entzündung des Speisekanals, blutige Stuhlgänge u.s.w. Anfänglich ein Brechmittel, und nachgehends recht schleimige Getränke und Milch in Menge sind Gegengifte.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 412-413.
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