Kajeputweißast

[457] Kajeputweißast, Melaleuca leucadendron, L. [Zorn pl. med. Tab. 307.] mit wechselweisen, sichelartig lanzetförmigen, scharfspitzigen, vieladerigen Blättern und langer Blumenähre, ein Baum mit schwarzem Stamme und weißen Aesten auf den Moluckischen Inseln in Ostindien, vorzüglich in Amboina, Banda u.s.w. auf bergichten Gegenden.

Das ätherische Oel (ol. caieput), welches zwar in allen Theilen dieses Gewächses vorhanden, gewöhnlich aber aus den dürren,[457] eine Nacht über in Wasser geweichten Blättern (wovon zwei Säcke nur etwa drei Quentchen geben sollen), vorzüglich auf Banda destillirt, und über Batavia und Holland meistens in kupfernen Flaschen zu uns gebracht wird, ist von brennendfeurigem, Kardemomen (und Rosmarinöl?) ähnlichem Geschmacke, und gleichem sehr heftigem, anhaltendem (Kampher, Terbenthin, oder gequetschtem Sadebaum ähnlichem?) in der Entfernung sehr lieblichem Geruche. Es ist sehr leicht, verfliegt, wenn es ächt ist, ohne Rückstand, und hat eine gelbe oder gewöhnlich grüne Farbe, und zwar schon in Ostindien, welche, wenn sie blaugrün, von Kupfer, wenn sie aber sattgrün ist, von einem Gewächsharze (aus Schafgarbe?) herrührt. Durch die Rektifikation geht es farbelos über und der Rückstand löset sich, wenn er Kupfer enthält, in mildem Salmiakgeiste mit himmelblauer Farbe, enthält er aber ein vegetabilisches Harz, in Weingeiste grün auf. Die trügliche Zusammensetzung aus Rosmarinöl und Kampher entdeckt man, wenn etwas davon auf Zucker getröpfelt und dann in Wasser aufgelöst wird, wobei sich der Kampher obenauf flockenartig abscheidet.

Dieses theure, fast blos in Deutschland berühmte ätherische Oel bringt, wenn es ächt, zu einem bis fünf, höchstens zwölf Tropfen das Blut schnell in heftige Wallung, erregt die Nerven, bringt Schweiß zuwege.

Seine schätzbarste Wirkung aber, die Stillung der Krämpfe (Hysterie, Fallsucht, Veitstanz) von krankhafter Reitzbarkeit und Schmerzen von erhöheter Sensibilität (Magenschmerzen vom zurückgetretenen Podagra, Zahnschmerzen von faulenden Zähnen und aus rheumatischer Ursache, Koliken) und die Wiederbelebung paralytischer Glieder (so wie die Hebung der Taubheit und Amaurosis aus ähnlicher Ursache) machen es zu einem vortrefflichen Heilmittel innerlich und äußerlich gebraucht, auf welchen beiden Wegen es auch im Rheumatism und der Gicht schleunige Hülfe geleistet hat. In Hervorbringung der Bärmutterabsonderung hat man es für fast spezifisch angesehn. Bei Neigung zu Entzündungen erfordert es Behutsamkeit.

Etwas von diesem Oele auf die Schläfe gestrichen, soll zum sonderlichen Kennzeichen seiner Aechtheit in dem innern Augenwinkel ein Beißen und Thränen, nach Andern aber eine Pressung des Augapfels gleich als von einer kalten Luft erregen.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 457-458.
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