Kampherlorber

[463] Kampherlorber, Laurus Camphora, L. [Zorn, pl. med. Tab. 524.] mit dreiaderigen, lanzetförmig eirunden Blättern, ein vorzüglich in den Wäldern von Japan häufiger, sehr hoher und dicker Baum, dessen zerspaltenen und zerkleinten Wurzeln und kleinen Aeste von den Landleuten daselbst in mit Rosten inwendig versehenen, blasenähnlichen Töpfen, mit Wasser am Boden, einem zweitägigen Kochen ausgesetzt worden, da denn der rohe Kampher in die darübergestürzten mit Stroh angefüllten Helme sich anlegt, und von da als kleine grauliche Klümpchen mit verschiednen Unreinigkeiten von Holz, Stroh und Wolle gemischt, in hölzernen, mit Stroh bedeckten Gefäßen, größtentheils über China, nach Europa gebracht, und (ehemals von den Venetianern) jetzt von den Holländern in dünnen Phiolen bei gelinder Sandbadhitze durch Sublimation, gewöhnlich ohne Zusatz, gereinigt und in zwei Pfund schweren Broden verführt wird.

Diese bekannte, eigenartige Substanz, der gereinigte Kampher (Camphora), ist ziemlich durchsichtig weiß, leicht, etwas fett anzufühlen, unter den Zähnen zähe, wie aus krystallinischen Körnern zusammen gesetzt, von besonderm, duftendem Geruche und bitterlichem, erst brennendem, dann kühlendem Geschmacke. Er verfliegt unmerklich, aber geschwind an freier Luft, sublimirt in verschloßnen Gefäßen unverändert, verbrennt, am Lichte angezündet, mit Rauch und Ruß, ist sehr idioelektrisch, und löset sich in zwei Theilen Weingeist, in Aether, in Oelen aller Art, in der konzentrirtesten Essig-, Vitriol- und Salpetersäure, wenig aber in irgend einem Laugensalze oder in[463] Wasser (etwa 1/250 durch Reiben) auf; letzteres schlägt ihn aus seinen Auflösungen in flockichter Gestalt nieder, und löst ihn dann in verschlossenen Gefäßen allmählig wieder auf, am häufigsten aus Säuren, langsamer aus Weingeist niedergeschlagen.

Er läßt sich am bequemsten mit Wasser mischen mittelst Gummischleim, Eidotter, ölichter Emulsionssamen u.s.w. Er macht die Gummiharze durch seine Beimischung weich.

Ohne Vermischung mit einigen Tropfen Weingeist, läßt er sich nicht fein pülvern.

Der Kampher ist im Handel fast nie einer Verfälschung unterworfen.

Er ist seit Jahrhunderten häufig in vielen Krankheiten mit und ohne Nutzen äußerlich und innerlich – oft nur empirisch – gebraucht und gemißbraucht worden, da seine eigentliche Wirkungsart von den alltäglichen Praktikern übersehen ward. Seine allgemeine Wirkung auf den Körper, bei mäßigen Gaben anfänglich die Reizbarkeit der Faser, die Lebenskraft und die Empfindung zu hemmen (daher Kälte, Angst, Betäubung u.s.w.), geht schnell völlig vorüber, und läßt dann den thierischen, natürlichen und Lebens-Verrichtungen nach wenigen Stunden desto freieres, ungehinderteres Spiel (es entsteht desto lebhaftere Wärme, erhobnere Kraft, freiere Besinnung). Durch jene Kraft überstimmt und tilgt er in hinlänglich großen Gaben das bei allen ansteckenden Krankheiten vorwaltende, Empfindung, Lebenskraft und Reizbarkeit hemmende Nervenfieber, und so kehrt bald, nach Zerbrechung dieser Fesseln, Besinnung, Munterkeit, Wärme wieder zurück. Daher seine Wirksamkeit in allen epidemischen Fiebern, in bösartigen Wechselfiebern, im Brande, in der Rose, in zurückgetretenen Hautausschlägen, in Rheumatismen, in kalten Geschwülsten, in einigen Arten von Manie und Melancholie, in Quetschungen, in der Strangurie von Kanthariden, in den Nachwehen vom Mißbrauche des Quecksilbers, der Squille, der Purganzen, des Mohnsaftes; – und seine Zweckwidrigkeit bei widernatürlichen erhöheter Lebenskraft, verstärkter Reizbarkeit und reiner Entzündung, wenn nicht, je nachdem der Fall ist, Blutlassen, Mohnsaft, Quecksilber, Säuren oder Salpeter zu Hülfe kommen.

In Wunden und bei entblößten Nerven wirkt er als ein Entzündungsmittel.

Man steigt von einigen Granen zu zwanzig, selten zu mehrern, auf die Gabe.

Der Rauch vom Kampher tödtet Insekten wirksam.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 463-464.
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