Kreterziste

[517] Kreterziste, Cistus creticus, L. [Buxbaum, Cent. 3. Tab. 64. Fig. 1.] mit spatelförmig eirunden, gestielten, aderlosen, rauhen Blättern und lanzetförmigen Blumendeckblättern, ein vier Schuh hoher Strauch, welcher auf den dürren, sandigen Anhöhen auf Kandien, Zypern, Griechenland und Syrien eine dunkelpurpurrothe, rosenartige Blume trägt.

Das aus den Blättern und Aestchen wie Terbenthintropfen ausschwitzende Harz wird in der heißesten Jahrszeit bei windstillem Wetter dergestalt gesammelt, daß man mit einem Feuerwedelähnlichen Werkzeuge, an dem die Zähne aus einer doppelten Reihe ungegerbter lederner Riemchen bestehen, darüber hinfährt, und das angehangene Harz mit einem Messer abschabt.

Man erhält es aus Kandien in kreisförmig gewundener Gestalt (gummi ladanum in tortis), oder als fingerstarke Stängelchen. Es ist schwarz, hart, schwer, äußerlich und auf dem Bruche uneben und voll sandiger Flimmerchen, vor sich von geringem, angezündet aber von balsamischen, doch nicht Jedermann angenehmen Geruche, und ohne Geschmack. Oele und Wasser lösen nichts auf; der stärkste Weingeist löset es völlig auf, mit Zurücklassung einer großen Menge schwärzlichen eisenhaltigen[517] Sandes, der durch Winde darauf geraeht oder mit Fleiß dazu gemischt worden, oft 3/4 bis 5/6 des Ganzen.

Die geistige Tinktur muß goldgelb seyn; wird sie röther, so war das Harz mit andern verfälscht.

Dieß ist das gewöhnliche und theurere. Man erhält welches aus Spanien in der Gestalt der Lakritzstangen; weicher ist das aus der Barbarei. Eine schmierige, wohlfeile Sorte (ladanum liquidum) kömmt aus Kanada.

Die beste Sorte in Blasen oder Häuten in großen Massen (ladan. in massis, en pains) von schwarzrother Farbe, von Konsistenz eines weichen Pflasters, von sehr angenehmem Geruch und bitterlich balsamischem stechendem Geschmacke, ist in Weingeiste fast ganz auflöslich, kömmt aber sehr selten zu uns.

Ungeachtet man seit Jahrhunderten es auf obige Art sammelt und nicht mehr von den Haaren der unter den Sträuchern weidenden Ziegen abschabt, so nennt man doch noch die bessere Sorte davon im Handel Ladanum e barba, und verkauft das Pfund für 50 Stüber in Holland.

Es wird jetzt blos unter Räucherpulver und unter die Ofenmasse zum Räuchern genommen; seltner zu den Fluß- und Kopfpflastern oder Magenpflastern. Die Alten brauchten die Tinktur als eine Nerven ermunternde, antikatarrhalische, stärkende Arznei, deren wir, so wie des ganzen Harzes, entübrigt seyn könnten.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 517-518.
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