Krumbholzkienfichte

[525] Krumbholzkienfichte, Pinus sylvestris mugho, Matth. [Burckman, Specim. prius, Ic.] mit paarweisen Blättern, pyramidalischen Zapfen, mit länglichen stumpfen Schuppen, und krummen Aesten und Stamme, ein vermuthlich der Art nach von der Kienfichte verschiedner niederliegender Baum, welcher auf den karpathischen Gebürgen, in Tyrol, im Wirtembergischen und in der Schweiz wächst, und im Mai und Juny blüht.

Aus den Spitzen der Zweige fließt von selbst, vorzüglich im Frühlinge, ein dünner Balsam (balsamum carpathicum nativum, oleum carpathicum), den man Krumbholzöl, in Ungarn aber Koszodrewinowy oley nennt, wo er in den Gespannschaften Scepus und Liptow vorzüglich von den Einwohnern von Batisfalva und Gerlachfalva dergestalt gewonnen wird, daß man die Spitzen der Zweige in enghalsige Flaschen steckt, und die Mündung vollends verstopft, worein der Balsam allmählig tröpfelt, welcher dünnflüssig, hell, ziemlich goldgelb, von balsamischem, feurigem, lang anhaltendem Geschmacke, und starkem, Wacholderbeeren ähnlichem, doch lieblichem Geruche ist. Man verfertigt einen weniger guten durch Auspressen der Zweigspitzen, und einen noch schlechtern, so wie er gewöhnlich für Krumbholzöl verkauft wird, durch Auskochen dieser Zweige.

Sein Gebrauch war bisher blos empirisch zu einer ungeheuern Menge widersprechender Krankheiten, am wahrscheinlichsten noch bei Krankheiten von trägem Umlaufe der Säfte, bei Gicht, Lähmung, einigen Arten von Wassersucht u.s.w. An einigen Orten giebt man es auch statt Wacholderöls.

Man bereitet auch in jenen Gegenden ein destillirtes Oel aus den Zweigspitzen, von weißlicher Farbe und heftigem Geruche, welches aber nicht zu uns kömmt, auch nicht, wie Einige geglaubt haben, den Namen oleum templinum führt, Kienfichte.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 525.
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