Leinblattseidelbast

[21] Leinblattseidelbast, Daphne Gnidium, L. [Regnault, bot. tab. 328.] mit rispenförmigen Blumen, und gleichbreit lanzettförmigen, zugespitzten Blättern, ein kleiner, zwei Fuß hoher Strauch in Italien, Spanien, Provence und Languedok an niedrigen, steinigen, ungebauten Orten am Meere einheimisch, wo er im July, und oft den Herbst hindurch kleine weiße Blumen trägt.

Der starken zähen Rinde, der langen, holzigen Wurzel (Cort. Radicis Thymelaeae, monspeliacae, verae, foliis lini, Garou) bedienten sich die Alten mit Vortheile, in dünne Fasern gerissen, als eines Haarseils in die Ohrläppchen gezogen, gegen Flüsse am Kopfe und chronische Augenentzündungen; auch äußerlich legte man sie in Stücken auf, Blasen zu ziehen. Die Neuern haben sich vorzüglich der Rinde des Strauchs (Ecorce de Garou, Cort. Thymelaeae, monspeliacae) als eines ableitenden Mittels bedient, die Haut roth zu machen und einen Ausfluß von Feuchtigkeiten zu bewirken, an deren Stelle man in Deutschland die Rinde des Kellerhalsseidelbast, mit gleichem Erfolge auflegt, vorzüglich auf die Oberarme; man nannte dieß Mittel Exutorium.

Aus den Blättern bereiteten die Alten ein Extrakt zu gleichem Behufe als das von der Dreikernolivelle.

Die korallrothen, länglichten Beeren, (Grana Gnidia, Cnidia, Coccum gnidium, Coccognidium) oder vielmehr der einzelne, mit einer schwarzglänzenden Schale umzogne Samen, sind von so fressender, entzündender Natur, daß man ihren Gebrauch als drastisches Purgirmittel längst bey Seite gelegt hat.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 1. Teil, Leipzig 1798, S. 21.
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