Nardenbaldrian

[124] Nardenbaldrian, Valeriana Celtica, L. [Zorn, pl. med. tab. 591.] mit dreimännigen Blüthen, länglicht eiförmigen, stumpfen, ganz glattrandigen Blättern, eine nur wenige Zoll hohe Pflanze mit mehrjähriger Wurzel auf den italienischen, ligurischen, schweizerischen, käruthischen und steyermärkischen Alpen, deren doldenförmigen Blümchen innerlich grau und äußerlich purpurroth sind, und vor Erscheinung der Blätter im August erscheinen.

Die dünne, äußerlich dunkelbraune, innerlich röthliche, mit vielen häutigen, blätterähnlichen grünlichgelben Schuppen besetzte und einer Menge Zasern behangene Wurzel (Rad. Nardi celticae) nebst dem abgestutzten Reste der Stengel daran, so wie sie zu uns in Bündeln kömmt, (oft noch mit Moos, Blätter und dürren Stengeln untermischt) schien den, mit ihrer Abkunft unbekannten Alten, man weiß nicht welche, Aehnlichkeit mit einer Aehre zu haben, und sie nannten sie daher Spica celtica. Sie hat einen ähnlichen, doch süßlichten, mit etwas lieblichem, cyperwurzähnlichem Gewürz vermischten, und weit stärkern Geruch, als die übrigen Baldrianarten, der sich auch weit dauerhafter beim Aufbewahren erweist; und einen bitterlich beißend gewürzhaften, eben nicht unangenehmen Geschmack. Zuweilen sind ihr die Wurzeln des Stinksteinbrechs (Saxifraga Hirculus. L. Flor. dan. tab. 200) untergeschoben worden; sie unterscheiden[124] sich aber dadurch, daß sie übler riechen, und nicht bitter schmecken.

Die dem Katzenbaldrian gewöhnlichen Wirkungen hat sie zwar nach Erfahrungen nicht in gleichem Grade und sich auch nicht so fäulnißwidrig gezeigt, sie scheint aber noch unbekannte Vorzüge vor ihm zu besitzen, und andre Kräfte zu haben, die, weil die Wurzel größtentheils nur unter die ungeheuren Gemische, den Theriak und Mithridat versteckt, nicht aber einzeln und vor sich gebraucht ward, nie gehörig ins Licht gesetzt worden sind. Sie scheint in Reitzbarkeit der Faser aus Schwäche, in Krämpfen dieser Art und vielleicht im Torpor des Empfindungssystems heilsamer zu seyn, und anhaltender zu wirken.

Ihr größter Verbrauch ist in den Morgenländern und in Afrika zu Räucherwerk, zu wohlriechenden Schönheitswassern und in Bädern; der Marktplatz ist Triest.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 1. Teil, Leipzig 1798, S. 124-125.
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