Paraguaythee

[184] Paraguaythee. (Südseethee, Fol. Peraguae, Apalachines). Man hat mehrere Sorten dieser Drogue im Handel, und es ist daher nicht zu verwundern, daß die Mutterpflanze der ächten noch nicht aufs Reine ist. Linne' hält sie für die Blätter der Cassine corymbosa, Mill. [Mill. Ic. Tab. 83. f. 1.] mit gestielten, sägeförmig gezahnten, elliptischen, etwas zugespitzten Blättern und zweischneidigen Zweigen.[184] Miller aber hält die Blätter dieses Strauchs ihrer großen Bitterkeit wegen für die geringere Sorte, hingegen die der Cassine peragua Mill. mit immergrünenden lanzetförmigen, wechselweise stehenden Blättern, aus deren Winkeln die Blumen hervorkommen, für die ächte; eine Behauptung, der die Gestalt der Blätter des ächten Paraguaythees widerspricht. Beide Sträucher sind in Virginien und Karolina einheimisch, letzterer am Meere. Ob sie auch in Paraguay wachsen, ist unbekannt.

Beckmann vermuthet, daß er von Prinos glaber, L. [Mill. Ic. tab. 83. f. 2.] mit blos an der Spitze sägeartig gezahnten Blättern, komme, einem Strauche, von dem nur das nördliche Amerika als Vaterland bekannt ist, wo man sich seiner Blätter als einer Art von Thee, unter dem Namen indianischer Thee, bedient. Daß er in Paraguay wachse, ist unwahrscheinlich.

Von Schreber glaubte ehedem, daß er vom Viburnum cassinoides, L. einem vierzehn Schuh hohen Strauche mit unten eirunden, oben länglicht zugespitzten, am Rande eingekerbten, glatten, dicken, steifen, Blättern, deren Stiele ohne Drüsen, aber mit einem hervorstehenden Rande versehen sind, abstamme, welcher in Südkarolina und im mitternächtlichen Amerika zu Hause ist; er hat aber seine Meinung geändert, und leitet ihn nachher von einer Art Clerodendrum her.

Es kömmt noch eine andre Art unächten Paraguaythees häufig in den Handel ebenfalls unter dem Namen Folia Paraguae (das Pfund kostet 3 Gulden holl.), dessen sich die Floridaner bedienen, nämlich die Blätter von Ilex Cassine, L. [Zorn, pl. med. tab. 550.] einem funfzehn Fuß hohen, ebenfalls blos in Nordamerika einheimischen Strauche, mit ovallanzetförmigen, sägeartig gezahnten, dicken, steifen Blättern, welche keinen Geruch und einen schwachen gewürzhaften Geschmack haben, und dem Aufgusse mit Wasser eine nur grünliche oder blaßrothe Farbe mittheilen.

Die andere Sorte unächten Paraguaythees vermuthlich von Cassine corymbosa, Mill. giebt einen urinhaft riechenden, und bitter und adstringirend schmeckenden Aufguß von dunkelbrauner Farbe.

Die ächte Sorte Paraguaythee (dessen Mutterpflanze noch unbekannt ist) kömmt als länglicht runde Blätter zu uns, welche aber gemeiniglich nicht ganz, sondern zerbrochen, auch wohl zu Staub zerrieben und mit kleinen Stengeln vermischt sind.

Man hat auch hievon zwei Sorten. Die schlechteste ist mit vielen Stengeln vermischt, von den Spaniern yerva de palos genannt.

Die beste, ausgelesenste Sorte aber, yerva de camini genannt, wird in Holland mit 20 Gulden die Unze bezahlt. Hievon hat der Aufguß einen angenehmen Geruch und einen ähnlichen, aber lieblichern Geschmack als der Chineserthee; siedendes Wasser wird davon ganz schwarz gefärbt.

Er erregt den nicht daran Gewöhnten und in gehöriger Menge getrunken, Ausleerungen von oben, oder unten, oder durch Schweiß,[185] und so soll er Dienste in der Diabetes und der Nierensteinkolik gethan haben.

Es sollen jährlich nach Peru allein über 1200000 Pfund davon aus Paraguay in den Handel gebracht werden.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 1. Teil, Leipzig 1798, S. 184-186.
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