Perlen

[192] Perlen (Margaritae, Perlae, Uniones) sind bekannte, runde, silberweiß glänzende, durchscheinende aus konzentrischen Lagen gebildete Konkremente, die man größtentheils in der Perlenmuschel antrifft, dem Mytilus margaritiferus, L. [Chemn. Konch. 8. tab. 8. f. 717-721. a.b.] aus zusammengedrückten, platten, rundlichen, quer abgestutzten, mit gezähnten, schuppig übereinander liegenden, gelbgrauen Rinden bedeckten Schalen zusammengesetzt, welche innerlich ein silberglänzendes perlfarbiges Ansehn haben. Diese oft über acht Zoll breiten, eines Fingers dicken Schalen, worin aber, wie wir sie bekommen, keine wahren Perlen befindlich sind, geben die sogenannte Perlenmutter (Mater perlarum, Nacra perlarum). Die Perlen scheinen von dem inwohnenden austerartigen Thiere zur Verstopfung der von Pholaden in die Schale gebohrten Löcher gebildet zu werden.

Orientalische Perlen (Perlae orientales) nennt man die von vollkommen weißem Silberglanze, oder hellem Wasser, wie man es nennt, sie mögen übrigens in Ost- oder Westindien gefischet worden seyn, bei der Insel Cubagua in Amerika, im Orient zwischen Ormus und Bassora, an der Küste des glücklichen Arabiens bei Carifa, an der Insel Zeylon bei Manaar, an der Insel Sumatra, Borneo, u.s.w. als den berühmtesten Perlenfischereien.

Die von geringerm Glanze unter diesen, so wie der größte Theil derer, die um Schottland und in Norwegen gefischet werden, nennt[192] man okzidentalische (Perlae occidentales). Unter diese rechnet man auch die in der Mya margaritifera, L. [Chemn. Konch. 6. tab. 1. f. 5.] gefundnen, einer eiförmigen, vorne verengten Klappmuschel, deren Hauptzahn am Wirbel kegelförmig und deren Hinterbacken ohne Rinde sind, äußerlich schwarz, innerhalb perlmutterartig, glänzend und etwa drittehalb Zoll lang und über fünf Zoll breit. Fischereien der letzten Art finden sich in Wasserfällen mehrerer Flüsse, bei Ostbotte in Schweden, in der Mulda, in der Queis, in der Watawa in Böhmen und in der Elster im Voigtlande bei Oelsnitz. Doch giebt es auch unter diesen welche von der schönsten Güte.

Die schönsten, rundesten und glänzendsten gehören, wenn sie groß sind (selten zu vierzig Gran Schwere) unter die theuersten Juwelen und heißen Zahlperlen, und nur dann, wenn ihrer hundert und mehr auf die Unze gehen, werden sie Lothperlen genannt. In der Offizin ist der alte Luxus beinahe abgeschaft, sich der Perlen zur Arznei zu bedienen, und wenn es ja geschieht, so nimmt man dazu blos die kleinste Sorte (Staubperlen Perlae textiles) welche nicht mehr gebohrt werden können, und schief und eckig sind, die Unze etwa zu einem Thaler.

Die Perlen sowohl als die Perlenmutter, wovon man das Pfund zu 14 bis 30 Stüber in Holland einkauft, weichen von der Natur der weit wohlfeilern Austerschalen nicht im mindesten ab, und bestehen aus reiner Kalkerde mit etwas wenig Phosphorsäure verhärtet. Man kann hieraus ihre etwanige Kraft, Säure des Magens zu neutralisiren, beurtheilen. Die angerühmten herzstärkenden Eigenschaften besitzen sie gar nicht.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 1. Teil, Leipzig 1798, S. 192-193.
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