Präpariren

[240] Präpariren (der Pulver.) Hierunter versteht man im engern Sinne die völlige Feinreibung (laevigatio, porphyrisatio) einiger Pulver von erdigen und mineralischen Substanzen unter Zusatz einer Flüssigkeit. Zu dieser Absicht werden die schon ziemlich fein gestoßenen Pulver dieser Art (von rohem Spießglanz, Spießglanzglas, Schwefel, Galmei, Tutie, Bernstein, Austerschalen, Kreide u.s.w.) auf einem bei den Mahlern gewöhnlichen Reibesteine, das ist, einer ebenen Platte vom härtesten Steine, am besten von Porphyr (lapis laevigatorius, Porphyrites) mit einem Läufer (einer Art unten glatt abgestutzten Kegels) von gleichem Steine, oder auf einer mattgeriebenen Glasplatte mit gläsernem Läufer unter öfterem Zusatze einer kleinen Portion destillirten Wassers, (damit die Masse eine Art dünnen Breies bilde) dergestalt gerieben, daß man den mit beiden Händen gefaßten Läufer den größten Kreisweg auf dem Reibesteine mittelst mehrerer kleiner Kreisläufe umschreiben läßt, und so die Masse mehrentheils in der Mitten bleibt. So lange das Geräusch beim Reiben noch einigermaßen rauschend ist, so lange eine Probe des Geriebenen auf dem Handrücken hingestrichen noch angreifend ist, oder zwischen den Zähnen noch knirscht, so lange ist das Pulver noch nicht fein genug präparirt.

Man verstattet zwar auch marmorne Reibesteine, aber sie sind nicht zu erlauben, außer für weiche, oder gleichartige Substanzen, (z.B. für Bernstein, Austerschalen, Kreide). Die härtern Dinge reiben so viel vom Marmor hinweg, daß sie endlich kaum zur Hälfte das sind, was sie seyn sollen.

Jenes harte Eisenerz, der Blutstein, wird am besten zwischen zwei stählernen Platten lävigirt.

Um große Quantitäten zu präpariren bedarf man einer Präparirmaschine, das ist einer Handmühle, wo mittelst Kurbel, Zahn und Getriebe ein oberer Mühlstein (Läufer) über einem untern, festliegenden (Bodenstein) wagerecht läuft, in einer sehr kleinen Entfernung, die durch eine Stellschraube bestimmet wird. Außenherum sind beide Steine mit einer Einfassung von Böttigerarbeit umgeben, mit einer verschließlichen Oefnung über dem Bodensteine, wodurch man die feingeriebene Masse auslaufen läßt. Durch das Loch im Mittelpunkte des Läufers bringt man von oben die rohe zu präparirende Substanz und die nöthige Flüssigkeit ein. Beide Steine sind von den härtesten Werkstücken gearbeitet, doch ganz glatt, ohne Hauschläge.

Obgleich die genannten, und ähnliche Substanzen die Befeuchtung mit Wasser vertragen, so giebt es doch andre, welche[240] während der Bearbeitung, wenn sie nicht schnell beendigt werden kann, wegen ihrer inwohnenden thierischen Gallerte bald zu faulen an fangen. Von dieser Art sind die Krebssteine, die Thierknochen, die Hechtkiefer, die Mooskoralline u.s.w. Diese werden am besten mit Weingeist oder Branntwein statt des Wassers befeuchtet. Da roher Spießglanz, Schwefel, Zinnober, und Bernstein die Anfeuchtung mit Wasser gewissermaßen verschmähen, so dient auch bei ihnen die Anfeuchtung mit Branntwein als der beste Zusatz.

Eisenfeile wird auf dem Porphyrsteine gewöhnlich ohne Zusatz des Wassers fein gerieben, ganz trocken, um sie vor Roste zu verwahren. Vermuthlich würde starker Weingeist nicht ohne Vortheil zum Anfeuchten genommen werden. Sie muß aber, vor dem Lävigiren, im eisernen Mörser bestens gestoßen, und durchgebeutelt seyn, da die nur grob gepülverte Eisenfeile unter dem Laufer nur zu kleinen Kügelchen, nie fein wird.

Da aber einige Substanzen eine große Feinheit brauchen, um sich ohne Widerwillen einnehmen zu lassen (z.B. Kreide, und Austerschalen), andre um in dem Theile, zu dem sie bestimmt sind, nicht den mindesten Reitz zu verursachen, sondern blos mild und arzneilich zu wirken (z.B. gebrannter Galmei und Tutie für Augenwasser und Augensalben), noch andere hingegen, weil sie in gröberer Gestalt fast unkräftig im menschlichen Körper sind, in größter Zartheit aber ansehnlich arzneikräftig werden (Schwefel, roher Spießglanz), so muß man sich bestreben, diese und ähnliche genannten Substanzen zu der höchstmöglichen Zartheit zu bringen, und sie dann erst präparirt, oder wenn man will, fein präparirt (z.B. Alcohol, Pollen tutiae praeparatae) nennen.

Zu dieser Absicht ist der leichteste und gewisseste Weg, die genannten schon bestens lävigirten Körper (nicht aber die, welche leichter als Wasser sind) zu schlemmen (elutriare, elutriatio).

Man rührt die lävigirte, breiähnliche Substanz in einem großen Zucker- oder Einmachglase unter eine große Menge reines Quellwasser oder destillirtes Wasser wohl durcheinander, daß sich der feinere Theil des Pulvers gleichförmig darin verbreite und schwimmend bleibe, während der gröbere sich zu Boden senkt. Die trübe Flüssigkeit wird vom Bodensatze abgegossen und bei Seite gestellt, bis das zarte Pulver sich allmählich abgesetzt hat.

Der gröbere Theil wird, wo nöthig, nochmals lävigirt, und abermals so geschlemmt, daß nur der feinste Theil davon zu gute gemacht wird.

Man gießt das Wasser von dem zarten Bodensatze behutsam und sachte ab, und trocknet ihn, entweder gleichförmig auf ein Fließpapier verbreitet, welches auf einem ebenen, großen Stücke trockner Kreide liegt, welche die Feuchtigkeit schnell einsaugt, oder man trochiscirt den Brei.

Zu letzterer Absicht muß man den Bodensatz etwas länger stehen[241] lassen, und das Wasser möglichst genau davon herunter gießen, damit der Brei etwas dicklich werde. Hiemit füllt man einen weißblechernen Trichter etwa halb voll an, steckt die Pfeife des Trichters in das abgerundete mit einem Loche (und einem kleinen Fuße nicht weit davon) versehne Ende eines sechs Zoll langen Stückes Holz, dergestalt daß der Fuß einen Zoll vor der Mündung der Pfeife vorrage.

Hebt man so, am Stiele angefaßt, das Werkzeug sammt dem gefüllten Trichter in die Höhe und klopft ganz leise damit auf den Fuß, so fällt jedesmal eine kleine Portion Brei kegelförmig heraus auf ein Fließpapier, auf welchem diese kleinen Breikegel dicht neben einander gesetzt werden. Das damit besetzte Papier wird dann auf den Boden eines Siebes gelegt zum Trocknen.


Präpariren

Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 1. Teil, Leipzig 1798, S. 240-242.
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