Rothheiltormentille

[72] Rothheiltormentille, Tormentilla erecta, L. [Zorn, pl. med. tab. 358] auch jezt Potentilla Tormentilla genannt,[72] von welcher letztern Gattung sie sich durch drei- bis siebenfache, lanzetförmige, ungestielte Blätter, einen achttheiligen Kelch, eine viertheilige Blumenkrone und einen aufrechten Stengel unterscheidet. Dieses höchstens einen Fuß hohe perennirende Kraut, wächst auf sandigen Stellen und dürren Weiden und blüht den ganzen Sommer über gelb.

Die etwas zylindrische krumme, oben her schuppige und dickere, oft rundliche und faserichte, einen Finger, bis ein Paar Zoll dicke Wurzel (Rad. Tormentillae sylvestris) ist äußerlich braun, innerlich roth und von festem Gewebe, ohne Geruch und von zusammenziehendem Geschmacke. Zum Rothgerben ist sie kräftiger als die Eichenlohe, welches die Menge adstringirenden Grundstoffs in ihr andeutet. Man hat sie bei einigen Blutflüssen von Erschlaffung der Gefäße bei Menschen und Thieren dienlich gefunden, so wie bei andern Schlaffheiten z.B. des Zäpfchens, des Zahnfleisches, wackelnder Zähne, und alter fließender Geschwüre, äußerlich und innerlich angewendet. Ueberdem hat man sie gegen Durchfälle in den Pocken und Masern, gegen andre Durchfälle und Magenübel von Schwäche, gegen unzeitige Geburten u.s.w. gepriesen. Schädlich ist sie in der wahren Ruhr (wo die krankhaften Ausleerungen ohnehin schon mit Zurückhaltung der Exkremente verbunden sind) und mit gleicher Unbesonnenheit wird sie zur Unterdrückung der Wechselfieber gemisbraucht. Das davon destillirte Wasser hat einen rosenartigen Geruch; der Weingeist zieht das Wirksame der Wurzel kräftiger aus, als das Wasser.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 72-73.
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