Rukuorlean

[79] Rukuorlean, Bixa Orleana, L. [Sonnerat, Voy. a la n. Guin. tab. 13] mit herzförmigen zugespitzten Blättern und Blüthentrauben an den Spitzen, ein mittelmäßiger Baum im südlichen Amerika, auf den moluckischen Inseln, auf Manilla, Cayenne, Martinik, Domingo und Jamaika auf nassem, fruchtbarem Boden, mit bräunlichrothen Blumen.

Die einen bis anderthalb Zoll langen, röthlichen, stachlichten Schuppen enthalten jede etwa sechszig zugespitzte, rosinenkerngroße, weiße Samen, die mit einer feuchten, starkriechenden, schönrothen, stark an den Fingern klebenden Farbensubstanz umgeben sind, welche von den in warmes Wasser geworfenen Samen mit den Händen und einem Rührholze abgewaschen wird, und die sich, wie Einige sagen, zu Boden senkt, und nach Absonderung des Wassers zu Kuchen geformt wird, oder, wie Andre versichern, sich bei Siedung des gefärbten Wassers auf die Oberfläche begiebt und so oben abgenommen wird. Dieß ist die beste Sorte Orlean (Terra Orleana, Urucu, Rocou). Nach andern Berichten wird zur Vermehrung der Masse und zur Bereitung des gewöhnlichen Orleans der Samen in hölzernen Gefäßen gestampft, das damit acht Stunden gestandene und gerührte Wasser durchgeseiht, die Trebern acht Tage mit Wasser mazerirt und ebenfalls durchseiht, beides farbige Wasser aber ins Kochen gebracht, worauf das nach der Oberfläche tretende Pigment abgeschöpft, und nach gehöriger Vertrocknung in Kuchen geformt wird.

Die Orleankuchen sind etwa zwei bis drei Pfund schwer, länglicht platt, mit Blättern belegt,[79] äußerlich etwas glatt, und etwas blässer, innerlich von Karmesinfarbe, zerbrechlich zäh, stark abfärbend und schwer, von stinkendem etwas schimmlichten, lange aufbewahrt aber von Veilchenwurzgeruche, und etwas salzigem, zusammenziehendem Geschmacke. Man hält diese Farbesubstanz fälschlich für eine wachsähnliche Materie, da sie an der Flamme weder schmilzt, noch sich entzündet, sondern bloß glimmt und einen Rauch von sich giebt, von tabakähnlichem Geruche. Sie läßt sich im Speichel zur rothen Farbe auf, aber nicht gänzlich in lauem Wasser.

In Europa bedient man sich des Orleans kaum jemahls zur Arznei. Einige Pillen davon führen gelinde ab, und halten dann den Leib an, so wie der Orlean ebenfalls in Amerika gegen Durchfälle und zur Magenstärkung gebraucht wird. Auch in die Schokolate nimmt man ihn; man färbt bei uns die Butter, das Wachs und einige Gemüse damit. Doch wäre seine Unschädlichkeit noch zu untersuchen, da die Orleanbereiter in Amerika viel an Kopfschmerzen leiden müssen, und überhaupt alle Pflanzenfarben stark wirkende Dinge sind. Unser Orlean dient den Färbern zu einer (unhaltbaren) Pomeranzenfarbe auf Wolle und Seide, derjenige aber, den die Indianer für sich bereiten, soll weit haltbarer, wenigstens auf Leinwand, seyn.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 79-80.
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