Schmelzen

[160] Schmelzen (Fusio) nennt man das Flüssigwerden einiger Körper bei Glühhitze in feurigem Flusse, der Metalle, einiger Metallkalke, zusammen gemischter Erden, und mehrerer feuerbeständiger Salze. Das Schmelzen ist eine wahre dauernde Auflösung der gedachten Körper in Wärmestoffe, und unterscheidet sich von dem Zergehen oder Zerlassen (Liquatio, Liquefactio) dadurch, daß mittelst des leztern einige Salze in ihrem eignen Krystallisationswasser bei einer Wärme sich auflösen, die den Siedepunkt des Wassers wenig übersteigt. Dieß betrifft die Krystallen des Glaubersalzes, des Alauns, des Vitriols, des Silbersalpeters, u.s.w. welche bei mäsig angebrachter Hitze zu fließen scheinen, in der That aber nur zergehen, da bei fortgesetzter Wärme ihr Krystallisationswasser verfliegt, und die so behandelten Substanzen bei gleichem Hitzgrade trocken werden; ein Umstand, der das Zergehen vom feurigen Flusse leicht unterscheidet.

Das Flüssigwerden des Wachses, der Harze, des Schwefels und der harten Fette über dem Feuer wird mit Unrecht Zerlassen und Zergehen genannt, da nichts als der Wärmestoff hier das Auflösungsmittel ist, im Grunde ein wahres Schmelzen.

Zur Schmelzung der Metalle, welches gewöhnlich in Schmelztiegeln (w.s.) geschieht, wird ein sehr verschiedener Hitzgrad erfordert, für das Zinn eine Hitze von 385° Fahr. den Wismuth 462° Fahr. das Blei 563° Fahr. den Zink 667° Fahr. den Spießglanzkönig 777° Fahr. das Silber 968° Fahr. das Gold 1269° Fahr. das Kupfer 1418° Fahr. das Eisen 1569° Fahr. die andern Metalle[160] ungerechnet, die für die Apotheke nicht gehören.

Der Fluß einiger Substanzen wird oft durch Zusätze erleichtert, z.B. der des Silbers durch Blei, einiger Metallkalke durch Borax, einzelner Erdarten durch Zusatz anderer oder des Bleiglases, u.s.w.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 160-161.
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