Schwalbe

[169] Schwalbe. Der Aberglaube hat zwei Arten Schwalben zu arzneilichen Absichten gemißbraucht, sowohl die Rauchschwalbe, Hirundo rustica, L. [Frisch, Vög. tab. 18.] deren schwarzen Schwanzfedern, die beiden mittelsten ausgenommen, mit einem weißen Flecke gezeichnet sind, welche in Häusern, wo sie Aus- und Eingang haben kann, und in Schornsteinen ihr oben ganz offenes Nest aus Lehm, Stroh und Haaren baut, und vier bis sechs weiße, roth sprenklichte Eier legt – als auch die kleinere Hausschwalbe, Hirundo urbica, L. [Frisch, Vögel III. tab. 17. fig. 2.] welche, unten ganz weiß, einen schwarzen, ins Blaue spielenden Rücken und ungefleckte Schwanzfedern hat, im Frühlinge ein Paar Wochen später als die Rauchschwalbe ankömmt, aussen an Häusern, wo sie vor Regen sicher ist, ihr aus nasser Erde und Heu, auch oben zugewölbtes Nest baut, mit einer Oefnung an der Seite, mehr als einmahl im Jahre zwei bis fünf Eier legt, welche weiß und an dem dicken Ende schwarz sind, und eben so wie die Rauchschwalbe im schnellen Fluge Insekten zur Nahrung fängt.

Man hat grausamer Weise die jungen Schwalben theils lebendig zerschnitten oder zerstoßen, mit andern Zuthaten zur Bereitung eines destillirten Wassers (Schwalbenwasser, Aqua hirundinum), theils sie zu einem Pulver nach vorgängigem Dörren, oder Brennen bereitet, und abergläubiger und schmutziger Weise gegen Fallsucht, Bräune und Schwäche des Gesichts angewendet. Selbst die Schwalbennester hat man zu einem Umschlage gekocht und äußerlich bei bösen Hälsen umgeschlagen. In dem künftigen Jahrhunderte wird es hoffentlich nicht mehr geschehen.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 169.
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