Sieben

[212] Sieben (Cribratio) ist eine mechanische Absonderung gröberer Theile von den feinern, mittelst durchlöcherter Werkzeuge, die man im Allgemeinen Siebe (cribra) nennt. Kleinere Mengen gröberer Pulver sondert man von den feinern mittelst blecherner Durchschläge (Perforata) ab, deren Löcher, nach der verschiednen Absicht, größer oder kleiner sind, größere Mengen aber durch mehr oder weniger groblöcherige Siebe von Holz oder Eisendrat geflochten. Weil sich aber eine beträchtliche Menge Substanzen auf einmahl nicht fein pülvern läßt, ohne daß man, von Zeit zu Zeit, die gröblichen Theile davon absondere, so hat man auch feinere, vorzüglich von Pferdehaaren mehr oder weniger dicht gewebte Siebe (incernicula, setacea).

Was man aber im Allgemeinen Pulver nennt, ist noch lange nicht von der Feinheit und Zartheit, die zum innern Gebrauche erfordert wird, wenn die Arzneien recht wirksam seyn solle.

Hiezu hat man Siebe von Taffent, und wenn es äußerst zart seyn soll, von doppelter feinen Leinwand (Tamisia). Bei lezterer Verrichtung würden aber durch das Hin- und Herbewegen die feinsten und wirksamsten Staubtheile in Menge verfliegen, wenn das feine Sieb nicht unten, zum Auffangen des Durchfallenden, mit einem abstehenden Boden und oben mit einem Deckel, beide mit Schaffell bezogen, verdeckt und zugeschlossen würde.

Wo Quantitäten solcher ganz feiner Pulver (Alcohol pulveris) zu verfertigen sind, da wird es mit den Leinwandsieben aus freier Hand allzu mühsam. Da auch die Siebe von dem Apotheker nicht bezogen werden können, so dienen die Beutelmaschinen (tympana tamisata), Arten von Trommeln, welche im Kreise herumgedreht die feinsten Theile durch die Leinwand, womit sie bezogen sind, fallen lassen.[212]

Beistehende Zeichnung dient hiezu.

Die beiden hölzernen Scheiben (A, A) der Beuteltrommel haben auf ihrer Stirne eine ringsherum laufende Rinne oder Nuht (e, e, e, e), um den Bindfaden aufzunehmen, womit die Leinwand (d, d) auf die Scheiben festgebunden werden muß. Dann ist der Inhalt eingeschlossen, und wird durchstieben, wenn die Axe (b), womit die beiden Trommelscheiben zusammen verbunden sind, mittelst der Kurbel (f) umgedrehet wird. Damit nun nichts verstiebe, so wird die Kurbel (bei a) von der Axe losgeschraubt, um die Trommel zwischen die zwei offenen Scheiben (B, B) des Gehäuses einschieben zu können, so daß die Zapfen der Trommelaxe in die Löcher (h, h) zu liegen kommen. An den herausragenden Theil des Zapfens schraubt man nun wieder die Kurbel (f), umspannt das Gehäuse mit einem Schaffell, und bindet es eben falls auf den Kanten der Gehäusscheiben fest, so daß der Bindfaden das Fell in die Nuhten (c, c) festdrückt. Das Gehäuse steht auf seinem Gestelle (G, G) fest, und seine beiden Scheiben (B, B) sind des Halts wegen mit Streben oder Riegeln (k, k) verbunden, mit zwei oder mehrern, nur so, daß die eine Seite ganz frei bleibe, um die Beuteltrommel einsetzen zu können. Gebrauch und Nutzen läßt sich leicht einsehn, so wie der Vorzug vor dem gewöhnlichen Sieben aus freier Hand.

Alles muß glatt polirt, und das Holz fein und ohne Aeste seyn, damit, wenn ein andres Pulver durchgebeutelt werden soll, nicht nur das vom Gehäuse losgebundene Schaffell, und die von der Trommel losgebundene Leinwand gesäubert und ausgestiebet, sondern auch das innere Holzwerk mit Federfittigen reingekehrt und ausgewischt werden könne.

Gleiche sorgfältige Reinigung erfordern auch die gewöhnlichen Siebe, damit nicht das künftige Pulver durch die Reste des vorgängigen verunreinigt werde, oft zum Nachtheil der Kranken.

Für sehr starkwirkende und giftige Substanzen müssen eigne Siebe gehalten werden.


Beuteltrommel
Beuteltrommel

Beuteltrommel


Gehäuse darüber
Gehäuse darüber

Gehäuse darüber


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 212-213.
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