Sommerlinde

[234] Sommerlinde, Tilia europaea, L. [Zorn, pl. med. tab. 281] mit Blumen ohne Honigdrüsen, und vierfächerigen Fruchtkapseln, ein auf Wiesen an Hainen bei Dörfern einheimischer Baum, welcher im Brach- und Heumonate hellgelb blüht.

Der jezt einzig gebräuchliche Theil sind die ungemein duftenden Blüthen (Flores Tiliae) welche frisch mit Wasser oder Weingeist destillirt, diesen Flüssigkeiten ihren Wohlgeruch sehr dauerhaft mittheilen, aber kein ätherisches Oel übergehen lassen. Getrocknet verlieren sie allen Geruch. Dieses Wasser hat man in Schwäche des Kopfs, Schwindel, und Fallsucht in ältern Zeiten sehr gerühmt; jezt dient es blos zum Wohlgeruch der Arzneien, und man achtet nicht auf seine Eigenschaften. Bei schneller Uebertreibung soll es ganz schleimicht werden.

Die ehedem als Erweichungsmittel gebräuchliche innere Rinde (Cort. medius Tiliae) besitzt viel reinen Schleim, so wie die,[234] ebenfalls zu Umschlägen sonst gebräuchlichen Blätter.

Das Holz schickt sich, am besten unter allen, zu Verfertigung künstlicher Nasen.

Die Kohle (carbo tiliae), die zum Zeichnen vortreflich ist, und zur Bereitung der Räucherkerzen dient, ward in alten Zeiten in Fallsucht dienlich geachtet.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 234-235.
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