Stöpsel

[286] Stöpsel, (Epistomia). Ihr Gebrauch ist sehr wichtig für die Pharmazie. Von der Güte der Korke (Suberes) ist unter Korkeiche (w.s.) geredet worden, so wie von ihrer Verdichtung mit Talg oder Wachs. Sind sie sehr fein und ohne Löcher, so verstopfen sie die Mündungen der Gefäße ziemlich luftdicht, vorzüglich wenn man in eine gegebne Oefnung den möglichst dicksten und weichsten Kork einzudrehen sucht. Indessen reicht diese Verwahrung weder für ätzende (z.B. Mineralsäuren), noch für sehr flüchtige Substanzen (die feinsten ätherischen Oele, das schwefelleberlufthaltige Wasser) hin.

Die mit nassem Smirgel eingeriebenen, gläsernen Stöpsel sind zur Verwahrung der ätzenden Substanzen, z.B. der scharfen Spießglanztinktur, der Spießglanzbutter und der mineralischen Säuren zwar in der Rücksicht vorzuziehen, daß sie nicht zerfressen werden, aber sie passen doch fast nie so völlig, daß alle Einwirkung der Atmosphäre abgehalten würde. Man findet mit der Zeit die Mineralsäuren, und die Spießglanzbutter wässeriger, die Spießglanztinktur zum Theil zersetzt. Diese gewöhnlich mangelnde Luftdichtheit der gläsernen Stöpsel hat auf die Verwahrung flüchtiger Substanzen noch größern Einfluß; die ätherischen Oele werden dicker, dunkelfarbiger, unkräftiger, der ätzende Salmiakgeist, die flüchtige Schwefelleber zersetzt sich und verfliegt zum Theil, die Weinprobe verliert in wenig Tagen ihre Kraft. Sind die Stöpsel sehr fein eingerieben, und werden sie beim Verstopfen möglichst eingedreht, so schließen sie zuweilen so fest, daß allerdings fast nichts durch die Fuge dringen kann; aber dann ist es auch oft unmöglich; das Glas wieder zu öfnen, der Hals bricht eher ab, als daß der Stöpsel herausginge. Die Glasstöpsel können also nicht möglichst eingedrehet werden. Es bleibt nichts übrig, als blos dafür zu sorgen, daß die Zwischenräume zwischen Hals und Stöpsel verdichtet werden. Die Chemie lehrt uns solche verdichtende Zwischenmittel, welche von dem Inhalte nicht zerfressen oder aufgelöset werden.

Ein in geschmolzenes weißes Wachs getauchter, oder damit dünn bestrichener, warmer Glasstöpsel dient zur luftdichten Verstopfung derjenigen Standflaschen am besten, welche fressende Säuren,[286] oder ätzend laugenhafte, und sehr flüchtige Substanzen enthalten. Blos die Naphten und die ätherischen Oele könnte man ausnehmen; von leztern wird das weiße Wachs aufgelöset, von erstern aber wenigstens zertheilt, und durch beide wird es von der Mündung der Flaschen hinweggenommen, wenn man einen Theil von ihnen ausfüllt. Dieß wenige, womit die Naphthen und ätherischen Oele verunreinigt werden könnten, ist aber so unbedeutend, daß es füglich gar nicht in Anschlag zu bringen ist. Wollte man bei den ätherischen Oelen eine Ausnahme machen, so dürfte man nur die heißgemachten gläsernen Stöpsel wohl mit demselben Oele überziehen, welches die Flasche enthalten soll. Hält man dann den heißen Stöpsel einige Minuten in der Luft, so bekömmt das, nun seines flüchtigen Theils beraubte, ätherische Oel am Stöpsel mehr Konsistenz, wird harziger und dient nun, wenn man dem Stöpsel in die Flaschenmündung eindreht, zur völlig luftdichten Verwahrung. Bedient man sich aber blos des weißen Wachses zur luftdichten Verwahrung der Stöpsel in allen diesen Fällen, wie wirklich hinreichend ist, so darf man den so dünn bestrichenen, gläsernen, erwärmten Pfropf nicht aufs äusserste, sondern nur mäsig eindrehen, bis die Undurchsichtigkeit zwischen Hals und Stöpsel verschwindet; dann läßt er sich auch ohne Gefahr des Zerbrechens bald wieder herausbringen, wenn man die Flasche eröfnen will. Da das Ausfüllen aus Sandflaschen nur selten geschieht, so kann man sich bei ihrer Eröfnung die Mühe nehmen, und oben an den hervorragenden Theil des Stöpsels eine sehr dünne, angezündete Wachskerze (Wachsstock) so lange halten, bis der Glaspfropf durchaus erwärmt ist, und nun leicht heraus geht. Will man die Flasche wieder verstopfen, so muß die innere Wand des Flaschenhalses wohl ausgewischt werden, ehe man den erwärmten, und wieder mit weißem Wachs dünn bestrichenen Glasstöpsel eindreht.

Daß das weiße Wachs zu diesem Behufe ganz rein und nicht mit Hammeltalg verfälscht seyn darf, versteht sich von selbst; Wachs, weißes, unter Biene.

Die Handflaschen zur täglichen Dispensation verlangen eine solche Verwahrung nicht. Verlust oder Verderbniß des Inhalts ist hier unbedeutend. Hiezu kann man blos trockne reine Glasstöpsel nehmen, wenn das Fläschchen fressende Säuren, oder scharfe Spießglanztinktur, oder ätzendes Amoniaklaugensalz oder scharfe Spießglanztinktur enthält; zu allen übrigen sehr flüchtigen, nicht fressenden Feuchtigkeiten aber nimmt man feine Korkstöpsel.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 286-287.
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