Weißaffodill

[420] Weißaffodill, Asphodelus ramosus, L. [Zorn, pl. med. tab. 549] mit blattlosem Stengel und schwerdförmigen, glatten, kahnförmigen Blättern; ein vier Fuß hohes Kraut mit perennirender Wurzel an hohen, steinichten Gegenden des südlichen Europa, doch auch Kärnthens und Oesterreichs, wo es im Aprill und Mai Aehren weißer Sternblümchen mit sechs purpurrothen Streifen trägt, und nicht selten in unsern Gärten ist.

Die bündelweise stehenden anderthalb Spannen langen, dicken, unkenher sich verdickernden Wurzelfasern oder vielmehr Knollen (Rad. Asphodeli albi, maris, ramosi) sind äusserlich mit einem braunen Oberhäutchen umkleidet, innerlich von schmutzig gelber Substanz, die nach aussen schwammig, nach innen aber derber ist, und von unangenehmem Geschmacke, welcher bei der frischen scharf, bei der trocknen aber weit milder seyn soll. In ältern Zeiten hat man geglaubt, diese Wurzel treibe Harn und Monatzeit, sei in Seitenschmerzen, Husten, Krämpfen, Brüchen und der Gelbsucht dienlich und errege den Geschlechtstrieb; alles so unbestimmte als unglaubliche Aeusserungen. Man hat sie eigentlich nie im Ernste innerlich gebraucht. Mit der saftigen, theils rohen theils am Feuer erweichten Wurzel rieb man sich kahle Stellen des Kopfs und versicherte, Haare und vorzüglich krause Haare dadurch hervorgebracht zu haben, so wie man sich auch schäbige und unreine Stellen der Haut des Gesichts und der Hände damit rieb, um sie rein und glatt zu machen, und so braucht man sie vielfältig äusserlich (vorzüglich in Italien) gegen mancherlei Hautausschläge, selbst der Thiere, bei Ohrengeschwüren, stinkendem Fußschweiße, Frostbeulen und alten Geschwüren. Die Neuern haben keine bestätigende Erfahrung hierüber.

Sie hat, im Backofen gedörret, zuweilen zur Nahrung gedient.

Unrecht ist es, wo sie ja verlangt wird, die ganz anders gestaltete und anders wirkende Wurzel der Türkenbundlilie dafür auszugeben, wie nicht selten geschehen ist.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 420.
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