Wolfssturmhut

[454] Wolfssturmhut, Aconitum Lycoctonum, L. [Zorn, pl. med. tab. 286] mit ziemlich geraden Honigbehältern und zotthaarigen, handförmigen, vieltheiligen Blättern, deren Lappen kurz und stumpf sind; ein in den tiefsten Thälern der schweitzerischen, schwädischen, tyrolischen, österreichischen und anderer Alpen wohnendes, etwa drei Fuß hohes Kraut mit mehrjähriger Wurzel, welches im July etwas kleine, blaßgelbe Blumen trägt.

Man hat aus dem trocknen Kraute (Hb. Aconiti, lutei, s. Lycoctoni, Napelli lutei) durch Kochen mit Wasser und Eindicken der Brühe ein Extrakt bereitet, und es schwächer als den Dicksaft des Napellsturmhuts gefunden, welches aber zum Erweise der angeblich schwächern Kraft des Wolfssturmhuts so viel nichts sagen will, da die Dicksäfte dieser Kräuter weit stärker wirken. Nach dem, was die Alten uns von ihm berichten, ist er wenigstens eben so stark, als der Napellsturmhut. Die Zufälle, die er erzeugt, sind ihrem Wesen nach nicht sehr von denen des leztern verschieden, wenigstens erzeugt, wie man uns aufgezeichnet hinterlassen hat, die aus vielen schwärzlichten, gewundenen, verwickelten Zasern bestehende, nicht unangenehm riechende, und anfänglich süßlicht, hintennach aber verdächtig schmeckende Wurzel einen sehr eingenommenen, schweren Kopf, Schwindel, Krämpfe der Schlafmuskeln, Wahnsinn, Zittern, unwillkührliche thräuende, entzündete Augen, Schmerzen in der Seite, Brustbeklemmung, Schweräthmigkeit, fressenden Schmerz in der Herzgrube in der Gegend der untern Magenmündung, eingesperrte Blähungen, Geschwulst des ganzen Körpers und dann den Tod bei Menschen und Thieren, und selbst Wölfen.

Man hat sie im Aufgusse zur Vertreibung des Kopfungeziefers (unnöthigerweise) gebraucht. Man sagt, daß durch Aufbewahrung derselben in einer und derselben Büchse zugleich mit der Schwarzchristwurzel zuweilen eine gefährliche Verwechselung der leztern mit der ersten vorgegangen ist.

Unter der Menge von Gegengiften, die die Alten (vermuthlich nur auf gut Glück) anriethen, ist[454] nichts zu brauchen, als der Essig und Wein, wozu ich, wie beim Napellsturmhute, noch den Mohnsaft setzen möchte, durch Erfahrungen bei lezterm berechtiget.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 454-455.
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