§. [100] 34.

Die grössere Stärke der durch Arzneien zu bewirkenden Kunst-Krankheiten ist jedoch nicht die einzige Bedingung ihres Vermögens, die natürlichen Krankheiten zu heilen. Es wird eben vor Allem zur Heilung erfordert, dass sie eine der zu heilenden Krankheit möglichst ähnliche Kunst-Krankheit im menschlichen Körper zu erzeugen fähig seyen, um durch diese, mit etwas grösserer Stärke gepaarte Aehnlichkeit sich an die Stelle der natürlichen Krankheits-Affection zu setzen und ihr auf diese Art alle Einwirkung auf die Lebenskraft zu rauben. Diess ist so wahr, dass sogar keine ältere Krankheit durch eine neu hinzutretende unähnliche Krankheit, sey diese auch noch so stark, von der Natur selbst nicht geheilt werden kann, und eben so wenig durch ärztliche Curen mit Arzneien, welche keinen ähnlichen Krankheitzustand im gesunden Körper zu erzeugen vermögend sind.[100]


Quelle:
Samuel Hahnemann: Organon der Heilkunst. Dresden, Leipzig 51833, S. 100-101.
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