Fünfundfünfzigstes Kapitel

Vorstellung.

[188] Auch zur Vorstellung einer Person gehört guter Ton.

Will man einen Bekannten oder eine Bekannte in irgendeinem Hause vorstellen, so schreitet man nach Eintritt in den Besuchssalon mit dem Betreffenden zum Hausherrn oder zur Hausfrau vor mit den Worten: »Gestatten Sie mir, Ihnen Herrn oder Frau oder Fräulein so und so, vorzustellen.« Kennt man jemand, der einem vorgestellt wird, bereits, so sagt man: »Ich hatte bereits den Vorzug.« Man hat, sowie man von einem Bekannten angesprochen wird, die Personen, in deren Begleitung man gerade ist, vorzustellen. Ein Herr hat sich einer Dame, ehe er sie zum Tanzen auffordert, vorzustellen, falls sie ihm unbekannt ist.

Ein Herr hat sich den Damen eines Salons, deren Bekanntschaft er zu machen wünscht, persönlich[188] vorzustellen, falls dies Wirt und Wirtin nicht tun.

Wird man in ein Haus eingeladen, dessen Wirt oder Wirtin man noch nicht vorgestellt ist, so hat man vor dem Fest seinen Besuch zur Vorstellung zu machen.

Stellt man einen Herrn einer Dame vor, so sagt man: Erlauben Sie, daß ich Ihnen Herrn so und so vorstelle, und nennt dann nicht den Namen der Dame.

Stellt man jüngere Damen älteren Damen vor, so nennt man stets nur den Namen der ersteren. Wird ein Gast in einem Besuchssalon den Wirten vorgestellt, so hat er sich zu verneigen und für die freundliche Aufforderung zu danken.

Ein junges Mädchen hat sich, wenn sie vorgestellt wird, anmutig zu verneigen.

Der Herr macht eine tiefe Verbeugung.

Sind in einem Besuchssalon, in einem Gesellschaftssaal, bereits viele Personen anwesend, so haben die Wirte bei einer Vorstellung die Namen der eintretenden Paare zuerst zu nennen und diesen dann die in der Nähe stehenden Anwesenden vorzustellen.

Im übrigen ist es bei Gesellschaften üblich, die Herren durch den Hausherrn, die Damen durch die Hausfrau vorzustellen.[189]

Die jungen Leute hat die erwachsene Tochter, der erwachsene Sohn oder sonst ein jüngeres Mitglied der Familie miteinander bekannt zu machen.

Einen seiner Besucher einem anderen nicht vorzustellen, wenn es die Gelegenheit erfordert, ist ungezogen. Beim Vorstellen soll man nicht mehrere aufeinanderfolgende Titel einer Person in einem Atem nennen, sondern diese möglichst abkürzen, weil es sonst lächerlich klingt.[190]

Quelle:
Kallmann, Emma: Der gute Ton. Berlin 1926, S. 188-191.
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