Budget.

[169] Mehrmals im Jahr treten die Vertreter eines Landes zusammen, um in feierlicher Session den Haushaltplan, den Etat, zu fixieren. Ist das Jahr herum, sind die Ausgaben gewöhnlich doppelt so hoch als veranschlagt. Kein Mensch weiß, warum. Genau so geht es eigentlich jedem einzelnen von uns, ist's nicht so?

Wenn wir Männer die ominösen braunen Haushaltbüchlein herumliegen sehen, läuft uns ein Schaudern über den Rücken – Sorgen wollen wir nicht noch schwarz auf weiß festgenagelt haben. Aber glaubt mir, Ordnung muß sein – mit der famosen Westentaschen-Kontoführung Zawadils, des »Schimekischen« Faktotums, ist es nicht getan – einmal kommt doch unser Gewissen oder der Gerichtsvollzieher als ungerufener Kassenrevisor.

Früher gab's eine feste Norm, wie man Einnahmen und Ausgaben zu balancieren hat: Ein Fünftel auf Wohnung, zwei Fünftel auf Wirtschaft und leibliches Wohl, die restlichen zwei Fünftel auf kulturelle Notwendigkeiten. Heute müssen wir strecken – auf der einen oder andern Seite, denn die Decke langt meist nicht ganz. Sowie Aufwand getrieben wird, nimmt das Wohnen mindestens ein Viertel der Einkünfte in Anspruch, die Aufrechterhaltung des Haushalts fünf Achtel, und nur höchstens ein Achtel bleibt für nicht unbedingt Lebenswichtiges übrig! Da heißt es aufpassen, wenn die Feiertage und mit ihnen die Versuchung herantreten, sich entweder für Sport oder Theater zu entscheiden, für Sommer- oder Winterreise, für elegante Wohnung oder luxuriöses Leben.

Nehmen wir bescheidenste Verhältnisse bei einem Einkommen von netto 500 Mark nach allen Abzügen an. Dann kosten: die Miete einer Drei- bis Vierzimmerwohnung 100 Mark gleich ein Fünftel, die Verpflegung von drei Personen nebst Hausmädchen 200 Mark gleich zwei Fünftel, Gehälter, Heizung, Licht, Telephon usw. 100 Mark gleich ein Fünftel, nichtlaufende Ausgaben wie Kleidung usw. 100 Mark gleich ein Fünftel, zusammen 500 Mark.


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Wie ersichtlich, sind für nichtlaufende Ausgaben zusammen nur 100 Mark verfügbar, ein winziger Bruchteil davon wiederum für reine Unterhaltungsspesen! Unter solchen Voraussetzungen nicht über das Ziel zu schießen, erfordert schon einen hohen Grad energischer Dispositionsfähigkeit. Wer früh damit beginnt, wird auch in den sieben fetten Jahren maßhalten können.[169]

Quelle:
Reznicek, Paula von / Reznicek, Burghard von: Der vollendete Adam. Stuttgart 1928, S. 169-170.
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