Das Haus wird verlassen, und wir

ziehen mit dem Vater herum

[26] Im Dezember des Jahres 1772 machte der Vater uns seinen Entschluß bekannt, eine Reise nach Amsterdam zu unternehmen. Ehe wir abzogen, wurde erst alles in Ordnung gebracht: das Hausgeräte einem Freunde in Verwahrung gegeben, die Haushälterin entlassen, auch nicht einmal dem Haushahn Quartier gegeben. Beim Einfang desselben war der Vater in so blindem Eifer, daß er meinem armen Bruder mit der Mistgabel den rechten Fuß durchstach, wodurch unsre Abreise um einige Tage verschoben werden mußte.

Endlich erschien der Tag, an welchem wir unserm bisherigen Paradiese Valet sagten; das Haus wurde verschlossen, und fort ging die Reise.

Die täglich abnehmende Barschaft unsers Vaters nötigte ihn, unsere Anlagen in Anspruch zu nehmen, um uns die nötigen Lebensbedürfnisse zu verschaffen. Wir wanderten daher Neujahr singend durch Paderborn, Münster, Nienborg und durch ganz Westfalen und wurden so reichlich belohnt, daß die Einnahme manchen Tages unsre dreitägigen Ausgaben deckte. Den Leuten gefiel die thüringische Sitte des Neujahrsingens, ob sie gleich wenig von unserm Singsang verstanden.

Quelle:
Sachse, Johann Christoph: Der deutsche Gil Blas oder Leben, Wanderungen und Schicksale Johann Christoph Sachses, eines Thüringers. Von ihm selbst verfasst, Berlin 1977, S. 26.
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Der deutsche Gil Blas
Der deutsche Gil Blas oder Leben, Wanderungen und Schicksale Johann Christoph Sachses, eines Thüringers
Der deutsche Gil Blas. Eingeführt von Goethe. Oder Leben, Wanderungen und Schicksale Johann Christoph Sachses, eines Thüringers